5.
Uebung in den drei christlichen Tugenden1

[145] Ich glaube, daß die Kirch' allein

Der Seelen hat zu walten,

Daß nur in ihrem lichten Schrein

Der Wahrheit Gut enthalten.

Ich glaube, daß die Priester, die

Sie an den Feind verraten,

Von Gott verworfen dort und hie

Als schnöde Apostaten.

Ich glaube, daß ein Sakrament,

Von solcher Hand bescheret,

Wie Glut des Höllenpfuhles brennt,

In Fluch den Segen kehret.

Ich glaub', daß es ein heil'ger Krieg

In dem wir jetzo streiten,

Und daß uns auf dem Weg zum Sieg

Voran die Engel schreiten.


Ich hoffe, daß der Tag nicht fern,

Der alles Unheil wendet!

Der Tag, an dem die Hand des Herrn

Das große Werk vollendet.

Ich hoffe, daß das Königskind,

Jetzt zu Paris gefangen,

Die Krone bald zurückgewinnt,

Die Frevler ihm entrangen.

Ich hoffe, daß der gute Hirt

Der gläubigen Gemeinde,

Uns nicht zu Schanden machen wird

Vor seinem grimmen Feinde.[146]

Und wenn mein irdisch Teil verdirbt,

Lebendig bleibt mein Hoffen!

Denn, wer in diesem Kampfe stirbt,

Dem steht der Himmel offen!


Ich liebe wie mein eigen Blut

Des heil'gen Ludwig Erben,

Die Prinzen, die mit treuem Mut

Im Ausland für ihn werben!

Ich lieb' die Herr'n, die, heldenhaft

Mitfechtend in den Reihen,

Nicht minder wie des Armes Kraft

Der Einsicht Rat uns leihen!

Ich liebe recht vom Herzensgrund,

Ob ich sie nie gesehen,

All jene, die zu unsrem Bund

Mit ihren Wünschen stehen!

Dies glaube, hoffe, liebe ich

In unsres Heilands Namen!

Herr Jesu Christ! erbarme dich

Des jungen Königs! Amen.

1

Das nachstehende Gedicht ist die sinngetreue Uebersetzung eines zu jener Zeit in der Vendée verbreit ten Volksliedes.

Quelle:
Betty Paoli: Gedichte. Auswahl und Nachlaß, Stuttgart 1895, S. 145-147.
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