22. Artliche Rede an dem Prinzen Moritz.

[40] Ein Walon gienge einsten zu Grafenhag im Hof spatzieren / fragte einen Capitain seinen Landsmann / ob man nicht könte mit dem Prinzen von Uranien reden: Er antwortete ihm / er solte sich nur ein wenig gedulten / er werde unfehlbar bald aus seinem Zimmer kommen. Kaum hatte er ausgeredt / da kam der Prinz / deme der Walon / welcher noch nach der guten alten Welt war / diese Oration thäte: Gnädigster Herr! sagte er / Euer Fürstl. Excellentz solle wissen / daß unser Fahnen Gunckelloß sey / und daß mir der Fahne zustehe / als dem ältesten Feldweibel. Der Printz sahe dieses grosse stuck Fleisch an / in welchem solch ein verirrter Geist sich aufhielte / und vermeynte / er wolte ihme einen sonderlichen Anschlag auf den Feind entdecken / führte ihn derowegen auf die Seiten / und sagte ihm: Redet nur frey heraus / ich will euch gedultig anhören.[41] Der Feldweibel wiederholte sein voriges Lied / der Printz aber kunte das Wort / Gunckelloß nicht verstehen / fragte derohalben den Capitain / was es bedeute: Gnädigster Herr / sagte der Capitain / dieser Soldat begehret den Fahnen / als ältister Feldweibel / und kommet / Euer Excellentz den Tod seines Fähndrichs anzudeuten. Der Prinz war damahl in gutem Humor / und fragte / wie lang er den Herren Staden gedienet hätte. Lasset gücken / sagte er auf seine altväterische Sprach / zehlte dabey an den Fingern / und striche seinen Bart: Ich bin eben in selbigem Jahr in Ihre Dienste kommen / da Ihr vor Groll die Flucht genommen. Diese angebohrne Dumheit gefiel dem Prinzen so wohl / daß Er dem Soldaten sagte: Lasset Euch geschwind einen Brief darüber aufsetzen / so will ich ihn unterschreiben. Wann der Prinz in gutem Humor war / erinnerte Er sich mit Lust dieser Begebenheit.

Quelle:
Parivall, J[ean] N[icolas] d[e]: Sinnreiche / kurtzweilige und Traurige Geschichte [...]. Nürnberg 1671, S. 40-42.
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