32. Anmerckung über die Gesetz-Tafel.

[61] Wenig Tag nach Ausblünderung der Kirchen und Zerstörung der Altär / da ein guter Gesell durch eine Stiffts-Kirchen in Niederland gienge / stunde er still /um die Zehen Gebot zu lesen / welche ein wenig weiter unten lagen / als das grosse abgeworffene Crucifix war. Dieser Mensch kehrte sich wieder zu seinen Gesellen / und sagte ihnen lachend: Ihr Herren / ich siehe da mit güldenen Buchstaben geschrieben: Du solst nicht stehlen. Fürwahr es ist Zeit / daß man diß Verbot angeschlagen hat / weil schon alles weg ist / und weil man nichts mehr stehlen kan. Diß hätte man verbieten sollen / da die Kirch noch reich war / und nicht jetzo / da alles fort ist / daß ein blindes Pferd keinen Schaden darin thun könte.

Quelle:
Parivall, J[ean] N[icolas] d[e]: Sinnreiche / kurtzweilige und Traurige Geschichte [...]. Nürnberg 1671, S. 61-62.
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