66. Ein Paßquill wider das Haus Oesterreich /welcher seinem Autori schädlich war.

[134] Es ist allezeit sehr gefährlich / und stehet gar übel /von grossen Herren übelzu reden / in Gegenwart derer / welche von vornehmen Herkommen sind / ob sie gleich im Krieg Feind sind. Diese Histori bezeuget solches / und kan zur Lection denen dienen / welche Vexation treiben / entweder aus Feindseligkeit der Partheyen / oder aus Feindschafft wider die Religion /daß man die Fürsten an Ehren nicht antasten solle /noch weniger die Fürstinnen. Es giebet keine Augustos mehr / welche den jenigen etwas verehren / die übel von ihnen reden.

In den vereinigten Niederländischen Provinzen fande sich einsten ein Scribent / der sich unterstunde eine Schmähe-Karten wider das Hauß[134] Oesterreich dem Gubernator derselben Provinz zu überreichen /welcher aus dem uhralten Hause von Nassau war. Dieser Herr kunte nicht verbergen / wie ihme dieses Papier mißfallen / aber er verbarg den Haß / den er darüber gefast hatte / und sagte ihm nur / er habe den Fürsten aus dem Hauß Oesterreich das Haar wohl abgeschnitten. Ja / Gnädiger Herr / rieffe er / ich hab ein anders unter der Preß / welches ihnen die rechte Farben geben wird. Der Herr sagte / ich muß es auch sehen / und kehrte ihm darauf den Rucken / und erwartete seiner Antwort nicht darauf. Dieses Unthier verhoffte eine gute Verehrung zu bekommen / lässet das Werck eilend fertigen / und dedicirte es Ihrer Excellentz / überbrachte es auch selbst zween Tag hernach. Der Gubernator fande Lügen darinn / welche der Vatter der Lügner selbst nicht hätte nachsagen mögen. Er unterstunde sich / die Durchleuchtigste Infantin zu lästern / deren Tugenden von allen grossen Herren in Europa hoch geehret wurden. Die Tugenden[135] selbst haben sie zu ihren Conterfät gebrauchet / welches sie hernach gehuldiget haben. Er kunte kaum verbergen den Zorn über die injurien / die dem Käiser und König von Spanien angethan wurden: Aber er kunte nicht erdulten / daß der Ruhm / dieser grossen Prinzessin durch einen schändlichen Erdwurm beflecket würde. Er sagte derohalben zu ihm mit einem Angesicht / welches ein Ungewitter prophezeyete / dessen er nur gar zu spat gewar wurde / er solte Nachmittag wieder kommen / sein Lohn wäre schon in bereitschafft. Er bildete sich schon bey nahem ein so grosses Recompens ein / als ein General haben kunte /der einen Sieg über besagtes Hauß erhalten / er kame umb zwey Uhr / und traff seine Excellentz zu Hause an / von welcher Er ordre bekam / hinauf zu steigen /allwo er seinen Hofmeister finden würde. Nach dem er eine tieffe Reverentz gemacht / gienge er hinauf /und traffe ihn in der Antikammer an / der seiner erwartete / und ihn fragte / ob er der Paß quilant wäre. Ja / mein[136] Herr / sagte er / ich hab deren zween wider unsere Feinde gemacht. Wohl / versatzte der Hofmeister / ich habe Befehl / euch doppelte Recompens zu geben / gehet in diese Kammer. Ihn griffen daselbst vier Lackeyen an / und zogen ihn biß auf das Hembd aus / und schlugen ihn mit Ochsen-Sennen tapffer ab. Der Kopf / der das Böse eingegeben / und die Hand /die es geschrieben hatte / bekamen keine Schläge. Einer sagte: Siehe / diß ist für dem Käyser: Der andere für dem König von Spanien. Der dritte / der Befehl hatte / die stärckesten Schläge zu geben: Siehe / diß ist für die Durchleuchtigste Infantin. Der vierdte züchtigte ihn im Namen des Marquese Spinola. Dieser arme Teufel kunte vor Schreyen keinen Athem mehr ziehen / und war gezeichnet an seinem Leibe /wie die Orientalischen Zeuge / bate um Gnad mit zusamm geschlagenen Händē / da ihre Excellentz hinein kam / der ihm einen grossen Verweiß gab / und sagte: Er hätte grössere Züchtigung verdienet / weiln Er ein hohes[137] Hause bey Ehren angetastet / und sagte: Diese Herren / ob sie wohl unsere Feind sind / sollen sie doch nicht von den Lumpen-Gesind gelästert werden. Sey ein andermahl klüger / und erinnere dich / daß das Schmähen eine Pest ist des menschlichen Geschlechts. Dieser arme Teuffel gienge nach Hauß trauriger / als eine Nacht-Haube / und bekandte seinen Freunden / daß sein Fall daher kommen sey / woher er sein Aufnehmen zu haben gehoffet.

Quelle:
Parivall, J[ean] N[icolas] d[e]: Sinnreiche / kurtzweilige und Traurige Geschichte [...]. Nürnberg 1671, S. 134-138.
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