99. Kurtzweilige Rede von zweyen guten Gesellen.

[205] Zween gute Gesellen / die bey der Kirche einen geringern Dienst verrichteten / als die Gräber / kamen auf einen Trunck zusammen / und besonnen sich / daß es in der Kirche etwas zu thun gabe / giengen sie Abends hin mit einer Latern. Einer unter ihnen fiele ungefähr in einen Graben / davon der Deckel weg war/ und darein ein Mensch des andern Tages gelegt werden solte. Man kan dencken / wie Er muß erschrocken seyn / wann man an seinen Gefährten gedencket / der die Laterne trug. Mein guter Freund /sagte Er offtmal / und zitterte wie ein Baumen-Blat /bistu tod? Der andere / deme der Trunck und der Fall neben dem fetten Erdreich / so ihme in das Maul geloffen / die Rede verleget / sagte kein Wort. Dahero dieser / in Meynung Er wäre todt / ihme mehrmal zurieffe / wann Er nicht todt wäre / solte Er einen Arm rühren / und gab ihme die Hand.[206] Auf dieses andere Begehren antwortete ihm der andere trotziglich: Küsse mich im Hintern / so wirstu finden / daß ich noch lebe. Diese Antwort / welche von einem so trutzigen Menschen fiele / machte mehr Lachens / als eine traurige Music.

Quelle:
Parivall, J[ean] N[icolas] d[e]: Sinnreiche / kurtzweilige und Traurige Geschichte [...]. Nürnberg 1671, S. 205-207.
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