Von Schimpff das 411.

[244] Ein Maler satzt eim Heiligen ein Fliegen an die Stirn.


Uf einmal was ein kostlicher Meister in einer Stat, des Namen weit ußgieng. Da was ein anderer Meister weit von im in einer andern Stat, der was auch ein beriempter Meister, der het Lust, den andern Meister zů sehen, wie er doch ein Man von Person wer, auch sein Arbeit zu sehen, und zohe im nach und fand in arbeiten in dem Münster daselbst, und malet den engelischen Grůß kostlich von Olfarben. Der ander Meister grüßt in und ret mit im und gab sich nit zů erkennen. Der Meister gieng heim und wolt zů Imbiß[244] essen. Da steig der ander Meister uff das Gerüst und malt dem Engel Gabriel ein Fliegen an sein Stirnen und gieng hinweg. Und da der Meister widerkam von dem Essen und wolt arbeiten, so sicht er die Fliegen und weiet mit der Hand und wolt sie hinwegtreiben; aber sie wolt nit hinweg. Da sahe er, das sie dar gemalt was; da sprach er: ›Hie ist ein Meister gewesen.‹ Und gedacht, es wer der, der bei im wer gestanden, und ließ in sůchen. Aber er ward nit funden.

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Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 244-245.
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