Einhundert ein und sechszigstes Sonett.

[8] Tagtäglich wandl' ich mehr so Haar' als Wangen;

Doch nicht von süßer Angel los mich beiße,

Doch nicht von grünen Zweigen los mich reiße

Des Baums, wo Sonn' und Kälte nichts verfangen.

Leer wird das Meer, kein Stern am Himmel prangen,

Eh' ich nicht scheu' und froh willkommen heiße

Sein Schattendach, eh' ich nicht schmäh' und preise

Die tiefe Liebeswunde, schlecht verhangen.

Nicht hoff' ich jemahls Rast von meinen Wehen,

Bevor aus Knochen, Nerv' und Fleisch' ich eile,

Oder in Huld die Feindinn deß gedenket;

Eh' kann wohl das Unmöglichste geschehen,

Eh' was, als Tod und Sie, die Wunde heile,

Die Lieb' in's Herz mit Augen mir gesenket.

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 2, Wien 1827, S. 8.
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