Fünf und vierzigstes Sonett.

[135] Der edle Baum, dem treu ich angehangen,

So lang mir Zorn nicht rauscht' in seinen Zweigen,

Ließ blühn mein schwach Gemüth und wachsend steigen

Sein herbes Weh, von Schattennacht umfangen.

Drauf, als ich mich nicht wähnte hintergangen,

Und ihm statt Süße Herbe ward zu eigen,

Da wandte sich nach einem Ziel mein Neigen,

Zu sprechen nur von reinem Leid und Bangen.

Was soll nun sagen, der in Liebeswonne

Erseufzt, wenn Hoffnung meine neuen Lieder

Ihm gaben, die nunmehr ihm dieses raubet? –

»Kein Dichter pflücke je von ihm, nie wieder

Leih Zeus ein Recht ihm, feind ihm sey die Sonne,

Daß er vertrocknet dasteh' und entlaubet!«

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 1, Wien 1827, S. 135.
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