Zweyhundert acht und neunzigstes Sonett.

[80] Denk' ich an ihn, den jetzt der Himmel ehret,

Den holden Blick, an goldnen Hauptes Beugen,

An Antlitz, an der Engelstimme Neigen,

Die Luft mir gab, nun Gram im Herzen nähret;

Dann wundr' ich mich, wie noch mein Leben währet;

Noch wär's, wenn sie, der Reiz und Tugend eigen,

(Was mehr, nicht weiß ich's) bey Aurorens Steigen

So schnell zu meiner Rettung nicht gekehret.

O freundlicher Empfang! o fromme Pflege!

Wie hört und merkt sie achtsam, voll Verlangen

Die lange Kunde meiner Leidenswege!

Wenn lichter Tag dann plötzlich aufgegangen,

Kehrt sie zum Himmel, kundig aller Stege,

Thränen in Augen und auf beyden Wangen.

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 2, Wien 1827, S. 80-81.
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