Zweyhundert sieben und dreyßigstes Sonett.

[50] Wenn Vöglein klagen und in grünen Zweigen

Mit lindem Säuseln Sommerlüftchen beben,

Wenn dumpfen Murmelns lichte Wellen steigen

Und um beblümte, frische Ufer weben,

Sitz' ich und schreib', in Liebe hingegeben,

Und, die der Himmel uns geruht zu zeigen

Und Erde barg, seh' ich dann noch am Leben

So fernher meinen Seufzern hold sich neigen.

»Warum ach! vor der Zeit dich so verbluten?«

Spricht sie voll Mitleids? »Warum doch vergießen

Aus trüben Augen nur des Schmerzens Fluthen?

Nicht klage mein; denn meine Tage fließen

Durch Sterben ewig; in den ew'gen Gluthen

Erschloß mein Aug' ich, da ich's schien zu schließen.«

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 2, Wien 1827, S. 50.
Lizenz:
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