[2] Vorbericht.

WAs der Fürst dieser Welt, der grausame Seelen-Hencker, seinen Knechten zuletzt für einen Lohn reiche; hat deß unseligen (infausti) Fausti schreckliches Ende gewiesen: und findet man dergleichen teuflischen Trinckgelds, nicht allein in den Geschichtbüchern, wol mehr; sondern erfähret auch, zu unseren Zeiten, bisweilen noch ein oder anderes Exempel, wie tückisch dieser höllische Leu die jenige, welche mit ihm vertraulich zu spielen sich unterstehen, mit seinen Klauen endlich abfertige. Dennoch kan die übermässige und fürwitzige Begier künfftige, oder verborgene, oder sonst verbotene Dinge zu wissen, oder verdammter Lüste zu pflegen, manchen heillosen Leuten das Auge wahrer Vernunfft und Glaubens so gar aushacken, daß sie dafür im geringsten nicht erschrecken, noch solcher Künste müssig gehen, durch welche sie deß Tausendkünstlers eigen werden, und ihnen so wol den zeitlichen, als ewigen Tod, an den Hals künsteln.

Die grösseste Erndte aber solcher Gottabtrünniger Seelen findet der Bösewigt gemeinlich, in solchen Ländern, wo der Same [3] Göttliches Worts wenig geschlachteten Bodens, zu seinem Wachsthum, antrifft, noch, gewisser Verhinderungen halben, unter den Einwohnern, hurtig lauffen, oder wachsen kan. Denn wo die geistliche Rüstungen, das Schwert deß Geistes, und die Waffen deß Liechts, nicht täglich bey der Hand, und im Hertzen liegen; da nimmt der Geist des Unglaubens einen viel breitern Fuß, und säet daselbst das schädliche Unkraut der Zauberey viel häufiger aus, denn anderswo. Wird er gleich, durch Obrigkeitlichen Amts- und Gewissens-Eifer, bisweilen daraus vertrieben: suchet er doch immer Gelegenheit, wieder einzunisteln; nach der Spinnen Weise: welche, ob man schon unterweilen abstöbert, dennoch gar bald ihr gifftiges Gespinste, und zwar am ehesten in den duncklen Ecken, von neuem anzufangen pflegen.

Unter solchen Ländern, darinn mancherley schwere Un-[653] und Abgelegenheiten der Göttlichen Predigt die Bahn verhügeln, verzäunen, und gleichsam mit wilden Hecken vermachen, ist auch Lappland begriffen. Wit welchem Namen, ich denjenigen gantzen Nord-Strich fasse, der von Jemt- und Ingermannland anhebt, und sich um beydes Bothnien sehr weit herum zeucht, bis ihm die Carelische und Finnländische Grenzen das Ziel-Mal setzen: also, [4] daß alles Land gegen Mitternacht, bis an den Oceanum, an das weisse Meer, und an den grossen See Ladoga, darunter begriffen wird. Gleichwie die natürliche Sonne diß Land nicht stets beleuchtet: also kan auch die Gnaden-Sonne der seligmachenden Erkenntniß daselbst, bey allen Einwohnern, um ihres Hertzens Härtigkeit, und tieffeingewurtzelten Aberglaubens willen, nicht dergestalt durchbrechen, daß der Fürst der Finsterniß, mit seinem Wesen, gantz von ihnen wiche, und nicht noch viel tausend Hertzen, unter diesem mühseligen Volcke, beherrschete. Wobey er sich denn der wilden wüsten Weitläufftigkeit solches Landes, zum Vortheil bedienet.

Vor unserer Zeit, musten die Lappen, über hundert welsche Meilen weit, reisen, bis sie, zu einer Christen-Kirche gelangten. Wiewol nun diese Beschwerlichkeit nachgehends, durch löbliche Verordnung der letzten Schwedischen Könige, Carl deß Neundten, Gustavi Adolphi, und deren Nachfolger, allgemach aufgehoben: so bleibt doch diese Hinderniß annoch übrig, daß die Priester (deren keine sonderliche Menge, sondern, in jeglicher Vogtey, Amt, oder Landschafft, gemeiniglich nur einer vorhanden) solche grosse Wüsteneyen nur selten können durchwallen. Zumal weil die Lappen nicht Hauffenweise, bey gantzen Städt[5]ten, Dorffschafften, und Gemeinen, zusammen hausen; sondern weit von einander verstreuet; nemlich jedwede Famili besonders.

Hernach so sind sie auch (die Lappen meine ich) von Natur, zum Aberglauben sehr geneigt. Welcher desto leichter, bey ihnen, einreisset, weil sie an rauhen furchtsamlichen Örtern, in den Wäldern, Wildnissen, und unter den wilden Thieren leben, von anderer Leute Gemeinschafft abgesondert. Sintemal, wie allererst gemeldet, ein jeglicher mit seiner Famili, für sich selbst lebt, und bisweilen, auf etliche Meilen[654] weit, keinen Nachbarn um sich hat. Nicht wenig thut auch diß dazu, daß sie eine Nahrung und Leben führen, wie die Jäger: welches Volck insgemein, mit mancherley Aberglauben, behafftet ist, und nicht selten, von dem schwartzen Meister, etliche Griffe begriffen. Daher auch diese armselige Leute, weil sie, von andern Menschen, weder Raht, noch Beystand schier haben, gar offt und häufig, in die Tod-Sünden der Abgötterey und Zauberey, dahin sincken, bey den bösen Geistern, Hülffe und Rettung suchen, so sie, von Menschen zu erlangen, nicht hoffen können. Dessen tragen sie auch um so viel geringers Bedencken, weil keine Aufsicht in der Nähe ist, wofür sie sich scheuen, und der Straffe befürchten müsten. Uberdas stecket [6] ihnen noch alleweil der Wahn im Kopffe, es seyen ihre Vor-Eltern gleichwol auch keine Narren gewesen, die dennoch vielen Göttern gedienet, und sich mit der Zauber-Kunst beholffen. Endlich so ist auch die tieffe Wurzel der alten Gewohnheit eine Neben-Ursache, welche ihrer viele, in den Banden der Finsterniß, so fest verstricket hält, daß sie das Liecht deß Glaubens eben so ungern sehen, als wie die Nacht-Eule den klaren Tag; äusserlich zwar, mit den Lippen, heuchlen, und sich für Christen ausgeben, wenn der Priester zu ihnen, oder sie in die Kirche (welches doch nicht übrig offt im Jahr geschicht) kommen; mit ihrem Hertzen, und Wercken aber mit dem heidnischen Götzenthum ihrer Vorfahren unterthänig verbleiben, folgends auch das, gern mit-anklebende, verdammte Laster der Hexerey nicht quittiren.

Es wird aber gleichwol keines Weges hiemit die gantze Nation der Lappländer gemeinet, als ob dieselbe durchgehends, mit der Zauberey, beschmitzt wäre: denn dadurch geschähe manchen frommen Christen, so dennoch auch, unter ihnen, zu finden (wiewol vielleicht nicht in der Menge) viel zu nahe: sondern es betrifft allein einen grossen Hauffen, unter ihnen, und besorglich einen grössern, weder das Häuflein derer, so da glauben.

[7] Was nun, von solcher ihrer Zauberey, allhie soll erzählet werden, das gründet sich hauptsächlich auf den neulichen glaubwürdigen Bericht Herrn Johannis Schefferi, weiland[655] Professorn der Schwedischen Academie zu Upsal, welchen unlängst der Himmel aufgenommen: aus dessen eilfften Hauptstuck der Beschreibung Lapplandes, ich solches zusammen gezogen; doch auch bisweilen, für mich selbst, etlicher Orten, einige wenige Erklärungen mit beygefüget, und solche diesen Zeichen [ ] eingeschlossen. Für schädlichem Ungeziefer hütet man sich am leichtesten, wenn es offenbarlich an der Sonnen ligt: also nutzet die Offenbarung der Sünden und Laster der gantzen Christen-Welt zur Warnung, solches geistlichen Unziefers sich zu entschlagen: und die Wercke der Finsterniß leiden Abbruch, wenn man sie, mit dem Liecht offentlicher Beschreibung, schamrot macht. Mit dieser Hoffnung wird gegenwärtiger Bericht beygefüget, und günstigen Augen fleissig empfohlen.[656]


[8] Uberall, wo der Lappländer Nam in der Welt bekandt ist, hält man dafür, diß Volck sey der Zauberey sehr ergeben: Und ob gleich solches ihr böses Gerücht schon gar alt; ist doch der böse Gestanck desselben noch nicht gäntzlich verschwunden. Dieses zu bescheinigen, wollen wir etliche alte Scribenten zuforderst darüber vernehmen. Jacobus Zieglerus zeuget hievon, schon zu seiner Zeit; indem er die Lappen Incantatores perefficaces, das ist, kräfftige und gewaltige Zauberer nennet. Eben dasselbe thut Damianus von Goes, in der Beschreibung dieses Volcks; wenn er spricht: die Lappen geben, in der Hexerey, solche Meister ab, daß sie neben vielen andren, seltsam lautenden abentheurlichen Händeln, wovon ich jetzt nicht sagen mag, auch Schiffe, mitten im vollen Lauff, aufhalten. Ihre Land-benachbarte Scribenten selbst seynd es auch nicht in Abrede. Olaus Magnus meldet (lib. 3. de Gent. Septentr. c. 16.) daß die, am äussersten Nord-Eck befindliche, Lands-Gegend der Finnen und Lappen, vormals, im Heidenthum, auf die Hexerey und Verzauberung, dermassen abgerichtet gewesen, als ob sie diese verdammte Kunst, von dem Persischen Zoroaster selbsten hätten erlernet. Und von den Norwegischen Lappen, sagt Petrus Claudi: Sie seynd alle grausame und boshaffte Zauberer, also, daß, meines Erachtens, ihres [9] gleichen, auf Erden, weder vorhin gewesen, oder noch seyn: wiewol etliche, unter den Finn-Lappen, noch ärger sind, als unter den Finnen an der See. Also urtheilen besagte Scribenten, von denen Lappen nechst-verwichener Welt-Zeiten, und von derselben ihren Vorgehern, den Biaronen (oder Biarmiern) daß sie, Zweiffels fern, alle einerley Art.

Olaus Magnus gedenckt (l. 1. c. 1.) daß die Biarmier meisterlich abgeführt seynd, Leute zu verhexen, und entweder mit den Augen, oder mit Worten, oder sonst mit andrer Schelmerey dergestalt zu verknüpffen, daß sie weder ihres freyen Willens, noch Verstandes, mächtig bleiben. Und Saxo setzet, (l. 1.) unter andren ihren Künsten, ein Exempel, daß[657] sie Platzregen und Ungewitter gemacht. Dergleichen liset man, beym Sturleson, und bey dem alten Authore der Historien von Heraud: also, daß hieran schier gar kein Zweiffel mehr übrig.

Ob nun gleich, zu dieser Zeit, die Lappen solche Künste nicht mehr so offt, noch so offenbarlich treiben; wie denn Andreas Buræus den meisten Hauffen heutiger Lappländer, von solchen Teuffels-Possen, frey spricht; und gleichfalls, schon lange vor ihm, Peucerus, gedacht, man finde unter ihnen nicht mehr so viel Zauberwercks, wie vorhin; nachdemmal der König von Schweden solches gar scharff und ernstlich verboten: beharret doch gleichwol, noch heutiges Tages, die Ubung derselben, bey nicht wenigen. Welches nicht allein, aus dem fast allgemeinen Aberglauben dieses Volcks, sondern überdas aus einer andren sonderbaren Ursach, entstehet: weil einer nemlich den andren fürchtet, und [10] nöthig erachtet, sich, wider dessen Nachstellungen, damit zu verwahren. Gestaltsam sie solches insgemein bekennen, auch vorlängst schon Petrus Claudi bezeuget hat, mit diesen Worten: Die Wissenschafft dieser Kunst thut ihnen gäntzlich vonnöthen: sintemal sie sonst damit durch andre, in Schaden und Verderben gebracht werden.

[Welche Entschuldigung dennoch kein ungefärbter Christ für gültig erkennen kan. Denn dem Teuffel muß man nicht, durch den Teuffel, widerstehen, noch aus der Schule deß Satans lernen, wie man sich, für deß Satans, und seiner Schuppen, Anfeindungen, hüten und verwahren solle. Der Heilige Geist zeiget uns andre Rüstungen, wenn er verwahret: Widerstehet eurem Widersacher, dem Teuffel, fest im Glauben. (1. Petr. 5.) Durch das Schwert eines glaubigen und eifrigen Gebets muß der Bösewicht abgetrieben werden. Die ihn aber, mit seinen eigenen Waffen, bestreiten, oder bändigen wollen; verwunden damit ihre Seele, indem sie den Leib, Leben, und Gesundheit, Habe und Gut, dadurch zu schützen, vermeinen. Man verstehe gleich nur eine blosse Wissenschafft, oder Erlernung, dieser verdammten Künste: so ist es doch eben so wol grosse Sünde. Denn es geschehe, welcher Meinung es wolle: so muß man keine Teuffels-Künste lernen, noch deß[658] Teuffels, oder seiner Jünger, Discipel werden, noch in fürwitzigen Künsten, und Beschwerungs-Büchern, studiren, die keines Christlichen Auges, oder Gedächtnisses, sondern deß Feuers wehrt sind, und nirgends sicherer, denn in der Asche, ligen. Es ist ein Mirackel, wenn [11] solche verbotene Wissenschafft nicht zur Practic und Ubung kommt. Und ob jemand gleich damit nicht Arges zu stifften, ja nicht einmal, zu seinem Schutze solche Mittel anzuwenden, gedächte: so wäre doch der blosse Fürwitz, solche Sachen mit allem Fleiß zu lesen, und noch vielmehr von Hexen-Meistern, zu erforschen und lernen, verdammlich: Gleichwie es schon ein Anfang, und erster Schritt zur Sünde ist, wenn man die Gelegenheit, Anlaß und Reitzungen zur Sünde nicht meidet. Denn das heisst GOtt versuchen: GOtt aber versuchen, ist Sünde. Und wer seinen GOtt also versucht, der gibt dem Versucher Raum, zu einer nähern bösen Kundschafft. Ein anders ists, mit den Richtern, in peinlichen Sachen: denen man nicht verdencken kan, wenn sie, entweder Amts, oder gerichtlicher Erkenntniß, und besserer Verabscheidung halben, von dergleichen Sachen, über Haupt, einen Bericht einnemen: um daraus zu urtheilen, ob die bezüchtigte Person, mit Hexerey, umgehe, oder nicht. Aber mit der Wissenschafft, so gedachter Petrus Claudi den Lappen für eine Nothwendigkeit zuschreibet; hat es viel andre Beschaffenheit; sintemal dieselbe, auf einem Mißtrauen und Zweiffel, an GOttes Beschirmung, beruhet; und demnach nicht nöthig, ja vielmehr gar verwerflich ist. Zumal weil sie auch solche unzimliche Wissenschafft auf die Probe stellen, und durch würckliche Teuffels-Beschwerungen sich derselben versichern.]

Dieser Ursach wegen, haben die Lappländer ihre Unterweiser und Lehrmeister: und die Eltern verschaffen ihren Kindern erblich diejenige böse Gei[12]ster, so bishero in ihren Diensten gewesen. Das erste beglaubt Tornæus, indem er schreibt: Etliche werden, in dieser Kunst, unterrichtet, und durch Ubung drinn gelehrt. Das letzte Petrus Claudi, welcher meldet, daß sie ihre Kinder andren Lappen, zu sothaner Unterweisung, anvertrauen. Also erzehlet Sturleson, die Jungfrau Gunilda sey, von ihrem Vatter Odzor Huide, welcher in[659] Halogaland wohnete, zum Könige Motle, der über Finlappland oder Finmarck (ist ein Theil von Lapponien, so gegen Norwegen reicht) regierte, geschickt worden: auf daß sie daselbst die Finnischen Künste begreiffen möchte, nebenst noch 2 andren Finnen, deren Künste besagter Author, bey dieser Gelegenheit, weitläufftig erzehlt. Nicht selten geben die Eltern selbst den Kindern hievon Unterricht, weisen ihnen ein Stücklein nach dem andren; üben auch und ruffen sie mit dazu herbey, so offt ein solcher Handel vorgehet. Mit der Weise fassen diese die Kunst; bevorab, wenn sie dazu einen gelernigen Kopff, und Geschicklichkeit spüren lassen. Denn es werden nicht alle, für gleichtüchtig dazu, geachtet, etliche auch wol für gantz untauglich; ob man sie gleich noch so fleissig anführete. Welches auch erstbesagter Johannes Tornæus, dieses Lauts, bestetiget: Gleichwie die Lappen nicht alle gleicher Natur seyn können: also vermögen sie, in dieser Kunst, auch nicht alle gleich viel. Und, von der erblichen Kunst-Verschaffung, setzet derselbe Scribent folgendes: Die Geister machen, bey ihnen, einen Theil der Erbschafft: Daher kommts, daß eine Famili oder Haushaltung die andre, in der Zauber-Kunst, übertrifft.

Jetzt angezogene Stelle gibt zugleich hiemit so [13] viel Nachricht, daß gantze Geschlechte oder Stämme ihre gewisse besondre Haus-Geister haben, so, von den Geistern andrer Familien, unterschieden, auch denselben bisweilen widerstreben, und entgegen gesetzet seynd. Nicht aber nur gantze Familien, oder Geschlechter, und Häuser, sondern auch manches mal jedwede Hausgenossen, haben bald einen, bald mehr Geister, so auf ihre Person bestellet sind; darunter etliche ihnen, wider die List und Anfälle der widerwertigen Geister müssen Schutz halten; etliche aber, andren Leuten zu schaden, an die Hand gehen; laut dieser Worte Olai Petri Niurenii: Sie werden von einer gewissen Anzahl Geister, (wie von einer Leib-Hut) begleitet; etliche, von dreyen; andre von zweyen; zum wenigsten, von einem. Dieser dienet dem Lappen nur zur Defension: Jener kan allerley Schaden und Unglück stifften; dem aber mag keiner zu widerstehen.

Einige überkommen solche Geister, durch Mühe und inständige[660] Herbeyruffung: bey etlichen, finden sie sich ungeladen ein (wie unverschämte Gäste pflegen) und gleich von erster Jugend an. Denckwürdig ist, was dißfalls Tornæus erzehlet. Etliche (schreibt er) haben die Zauber-Kunst gleichsam von Natur selbsten1: welches schrecklich ist. [14] Denn an welchen der Teuffel bequeme Diener und Werckzeuge vermutet; die greifft er, in ihrer Kindheit selbsten, mit einer Kranckheit, an, ihnen, unter solcher Unkrafft zugleich viel Einbildungen und Gesichte, fürstellend, woraus sie, nach Beschaffenheit der Jahre, und Alters, lernen, was zu der Kunst gehörig. Die jenige, so zum andren mal, mit der Kranckheit, befallen werden, bekommen noch weit mehr Fürstellungen, und Gesichter: Daraus sie mehr Künste fassen, als zum ersten mal. Fallen sie aber, zum dritten mal darinn; welches gewißlich, mit so grausamer Beschwerlichkeit, geschicht, daß sie zugleich darüber in Gefahr des Lebens kommen; so werden ihnen alsdenn alle Teuffels-Gesicht und Erscheinungen gezeiget: woraus sie die vollkommene Wissenschafft der Zauber-Kunst ergreiffen. Und dieselbe seynd dermassen drinn unterrichtet, daß sie, auch ohne die gewöhnliche Lapponische Wahrsager-Pauke, fern-entlegene Dinge sehen können, ja! dieselbe auch wol sehen müssen, es gefalle ihnen, oder nicht: so gar seynd sie, vom Teuffel eingenommen!

Dessen setzt dieser Author gleich ein Exempel dabey: nemlich, daß, vor einiger Zeit, ein Lappländer, so damals, wie er diese Erzehlung schrifftlich aufgesetzt, noch im Leben gewesen, seine Wahrsager-Pauke, worüber Tornäus zuvor offt hatte geklagt, ihm ein geliefert, und traurig bekannt, ob er gleich dieselbe wegthäte, und ihm keine andre machte, würde er dennoch nichts destoweniger alles, was in der Ferne vorginge, sehen, gleichwie [15] vorhin: zum Exempel, habe[661] er ihn, Herrn Tornæum, selbsten angezogen, und demselben gantz eigentlich, mit sonderbaren Umständen erzehlet Alles, was Ihm, auf der Reise nach Lappland, wäre begegnet: mit angehengter Klage, er wisse nicht, was oder wie ers doch machen solle mit seinen Augen; weil ihm alle solche Händel, gantz wider seinen Willen, würden fürgestellet.

Die Künste selbst belangend; lassen sich dieselbe unterscheiden, nach dem Unterscheide deß Werckzeuges, den sie dazu gebrauchen; nemlich in zweyerley Schicht: dergestalt, daß die erste solche Teuffels-Kün ste begreiffe, wozu die Pauke erfordert wird; die andre solche, wozu man Knoden, Pfeile, Verfluchungen (oder Verwünschungen) und dergleichen, gebraucht.

Von der Pauke, weil diese den Lappländern absonderlich, zu dieser finstern Kunst dienen muß, machen wir den Anfang. Die Lappen nennen dieses Instrument Kannus und Quobdas; die Schweden aber, eine Lapponische Pauke, oder die Zauber-Pauke. Solche Pauke hauen sie, aus einem dicken Baum-Stamm, welcher entweder von einer Fichten, oder Tannen, oder Bircken seyn muß, so an sonderbaren Örtern gewachsen, auch sich nach, und nicht wider den Lauf der Sonnen wenden muß. Irret derhalben Peucerus, in dem er meldet, die Pauke sey von Kupffer. Alsdenn kehret sich aber der Baum, ihrer Meinung nach, zu der Sonnen, wenn die Holtz-Striche oder Fäserlein deß Baums (fibræ) von unten bis oben, sich dergestalt herum ziehen, daß sie, von der rechten Seiten, nach der lincken zu lauffen: daraus sie viel[16]leicht urtheilen, solcher Baum sey der Sonnen lieb und angenehme, angemerckt, dieses Gestirn, in dem Bilde Toronis, vermöge ihrer geheimen Religions-Satzung, verehrt und angebetet wird.

Weiter so ist dieses Holtz nur aus einem Stuck, und zwar aus dem halben gehölertem Theil deß gespaltenen Baum-Klotzens, also daß die flache Seite oben kommt, und mit einem Fell überzogen wird, die gewelbte aber, samt dem Handgriffe, unten. Denn diesem untersten Theil pflegen sie zwey länglichte Löcher zu geben, und dieselbe also zu richten, daß das jenige Holtzwerck, so zwischen den beyden Löchern übrig bleibt, zu einer Handhaben dienen könne. Was sonst, an[662] den Seiten umher, noch übrig, daran die aufgespannete Haut hafftet, das ist, wie ein nicht gantz runder, sondern fast eyförmiger Reif oder Zirckel, dessen Mittel-Linie kaum über eine halbe Ele, offt auch wol weniger, macht. J. Tornæus vergleicht dieses Lapponische Zauber-Instrument, welches nur mit einer einigen Haut, so wie Pergamen ist, überzogen, einer Schwedischen Reuter-Paucke; ausbenommen, daß es ein wenig länglicher formirt ist. Wiewol er, an einem andren Orte, recht erinnert, es gebe dennoch zwischen beyden hierinn einen Unterscheid, daß die Zauber-Pauke weder so rund, noch so tieff hohl, sondern ein wenig flacher; auch das Fell nicht, mit eisernen Schrauben, (cochleis ferreis) sondern kleinen höltzernen Nägeln, daran befestiget sey. Herr Scheffer gedenckt, er habe gleichwol gesehen, daß das Fell auch, ohne Nägel, mit den gefädelten Sennen der Reinthiere, dran genehet gewesen. Olaus Magnus nennet sonst lib. 3, c. 27 diese [17] Warsager-Paucke incudem einen Amboß; aber unfüglich, [und, wie es scheinet, aus Mangel einer bessern Gleichniß, so ihm eben nicht hat wollen einfallen] Welches der Mahler, als er, beym Olao, gelesen diese Worte ranam æneam, aut serpentem, malleo super incudem præscriptis ictibus concutit, nicht verstanden und einen rechten Amboß der Schmide gemahlet, darauf eine Schlange gelegt ist, nebst einem Schmid-Hammer, gantz wider die Weise und den Gebrauch dieser aberglaubischen Handlung. Denn die Lappen brauchen hiezu keinen Amboß; sondern ein Paucken-förmiges Holtz: welches, weil mans, mit einem Hammer, schlägt, vom Olao M. den Namen eines Ambosses bekommen.

Ferner so bemahlen sie solches, über die Paucken gespannete, Leder, oder dünnes Fell, mit mancherley Figuren von roter Farbe; welche, aus der zerstossenen und abgesottenen Rinde deß Erlenbaums, bereitet wird: wie mehrgedachter Tornæus, und Samuel Rheen, beglauben. Welcher auch die Gestalt solcher Bilder, auf diese Weise, beschreibt: Fast mitten (spricht er) auf der Paucken ziehen sich ein paar Zwerch-Linien, und mahlen, auf selbige, ihre Götter, die sie, vor andren, am andächtigsten verehren; als den Thor, einen Fürsten der andren Götter, mit seinen Dienern; imgleichen[663] den Stoorjunkar, samt seiner Aufwartung. Und zwar stellet man diese, auf der öbersten Lini. Hernach wird ein andrer Strich darunter gemacht, so von dem obrigen in gerader Weite sich fort, doch nur bis auf die Helffte der Paucken, strecket. Auf dieser steht das Bild deß [18] HErrn Christi, und etlicher seiner Apostel. Was, über diese Linien, gemahlet wird, das soll Vögel, Sterne und den Mond bedeuten. Unter denselben Strichen, wird, recht in der Mitten, die Sonne gebildet, als der mittelste Planet; auf welchen sie ein Bündlein Kupffer-Ringe legen, so offt sie ihre Paucke schlagen müssen. Unter der Sonnen, mahlen sie irdische Dinge, nemlich allerley Thiere, als Bären, Wölffe, Reinthiere, Fisch-Ottern, Füchse, Schlangen; imgleichen Wasser-Pfühle, Seen, Flüsse, und solcherley Sachen mehr. Also ist die Paucke gebildet, wie sie Samuel Rheen beschreibt.

Auf der Paucken Anundi Ehrichs, stehen die drey Personen der hochgelobten Dreyfaltigkeit, durch gewisse Zeichen, fürgebildet; imgleichen S. Johannes, ein schwerer Tod, eine Ziege, ein Eichhorn, der Himmel, die Sonne, ein Wolff, der Fisch Sijk, ein Auerhan; die Freundschafft mit den wilden Reinthieren; Anund Ehrich, der einen Wolff tödtet; ein Fisch-Otter; die Freundschafft mit andren Lappen; ein Schwan; ein Zeichen, zur Erforschung andrer Leute Zustandes, und ob die Kranckheit geneslich oder heilbar sey; überdas ein Bär, Schwein und Fisch; und wie die Seele wird zur Höllen geführt.

Hieraus erkennet man leichtlich, daß nicht alle Paucken einerley Bilder haben: und bekräfftiget solches Schefferus nicht allein, mit dreyen Stücken, so er davon, bey sich, in seiner Studier- und Kunst-Stuben hat; sondern auch mit einem andren Muster, welches Tornæus also beschrieben. Alle Figuren sind abgetheilt, in gewisse Länder, derer [19] fürnemlich drey sind. Das erste bedeutet Norland, und viel Landschafften in Schweden: und solche Lands-Gegend wird, an den mittäglichen Theil der Paucken, gestellet, von den andren durch einen Strich unterschieden; und begreifft, vor andren, die am nechsten gelegene Stadt, da sie jährlich ihre Handlungen zu treiben pflegen. Als, zum Exempel, auf den Paucken,[664] so zu Torna oder Kiem gemacht, stehet die Stadt Torna gemahlt, mit der Kirchen, dem Priester, und dem Land- oder Amts-Vogt der Lappen, und andren Personen, womit sie zu schaffen haben; wie nicht weniger der Weg, so von Torna, zu ihnen, gehet, darauf sie sehen, wenn der Priester, oder Amtmann, oder jemand anders, werde zu ihnen kommen; so wol auch andre Sachen, so allda vorgehen. An dem Nord-Eck, ist Norwegen gebildet, samt denen Haupt-Örtern, die darinn begriffen. Mitten zwischen solchen beyden Theilen, befindet sich Lappland selbst, welches den grössesten Raum der Paucken einnimmt. In demselbigen, sind mancherley Thiere, so bey ihnen werden gefunden. Da stehen, bey gantzen Hauffen, oder Trifften, gemahlt, wilde Reinthiere, Bären, Füchse, Wölffe, und sonst allerley Wild: um dabey anzuzeigen, ob, und wo solche anzutreffen; wo ein zahmes Reinthier, wenn es irgend verloren worden, zu suchen sey; ob die jungen Kälber der Rheinthiere werden aufkommen; ob der Fischfang werde wol gerathen; der Patient genesen, oder sterben; das schwangere Weib ihrer Bürde glücklich und leicht abkommen; der Tod diesen und jenen, auf solche, oder andre Art, von hinnen nehmen: und was sie sonst weiter zu wissen verlangen.

[20] Warum die Figuren so unterschiedlich fallen, ist dem Authorn, Scheffero, nicht eigentlich bewust: ohn allein, daß er von andren vernommen, eine Paucke sey schädlicher, und zur Zauberey dienlicher, denn die andre. Daher er mutmasset, man gebe oder nehme den Gemählten etwas, nachdem die Händel unterschiedlich seynd beschaffen. Gestaltsam er solcher seiner Mutmassung ziemlichen Beyfall erwirbt, durch Fürstellung etlicher Paucken, so er aus dem Schau-Zimmer deß Schwedischen Herrn Reichs-Cantzlers empfangen; darunter eine von ungemeiner Grösse befindlich, Wie ihm denn auch der Baron Heinrich Flemming eine geschenckt.

Zum Gebrauch solcher Paucken, werden zweyerley erfordert; der Zeiger, und Hammer: jener, daß er die begehrte Sache zeige; dieser, daß man die Paucke damit schlage. Den Zeiger nennet Samuel Rheen ein Bündlein mit Messings-Ringen. Denn sie pflegen hiezu einen grossen Ring von Messing oder[665] Kupffer gebrauchen, und demselben andre kleinere beyfügen, die dem grossen anhangen, und gleichsam ein Bündlein formiren. Wiewol solche Zeiger eben so wol nicht allemal gleiche Form haben. Denn Herr Scheffer hat einen, von dickem Kupffer, in Grösse eines Reichsthalers, darinn ein vierecktes Loch in der Mitten; und, an Statt der Ringe, hangen daran kleine küpfferne Kettlein, so einen Kreiß schliessen. Daneben hat er noch einen andren Paucken-Zeiger, nemlich einen Ring von Messing, dem ein rundes küpffernes Blech-oder Plättlein, mit kleinen Ketten angehenckt ist. Man macht die Zeiger auch bisweilen von Bein, in Gestalt deß grossen Griechischen Buchstabens Δ, mit [21] angehenckten Ringen; und sonst noch wol, auf andre Art, mehr. Offtmals werden auch nur schlechte Ringe gebraucht: wie man auf denen Paucken sihet, so in deß Reichs-Cantzlers Kunstkammer vorhanden. Olaus Magnus nennet es Schlangen, oder küpfferne Kröten: weil sie die Ringe also heissen: nicht zwar der Meinung, als ob sie die rechte wahre Gestalt derselben ausbildeten: sondern weil sie, mit diesen Ringen, Kröten und Schlangen, als einem solchen Ungeziefer, welchem der Teuffel hold ist, und dessen Bilder er vielmals, zu Verrichtung seiner Händel gebrauchen pflegt, fürstellen. Peucerus nennet es sonst (l. de Divin.) Frösche; und zwar nicht unfüglich; weil der Frosch, und die Kröte, in der Gestalt einander ziemlich gleich kommen. Sie, die Lappen, nennens Arpa; wie solches diese, deß Tornæi, Worte geben: Der Zeiger, welchen sie Arpa heissen, ist, aus mancherley Ketten-Ringen, als küpffernen, messingen, silbernen, zusammen gerichtet. Daraus abzunehmen steht, daß nicht allein Kupffer, sondern auch andres Metall, dazu genommen werde.

Der Hammer, oder Klöpffel, ist das jenige, womit die Paucke geschlagen wird: wie solches nicht allein Olaus M. sondern auch viel angezogener Tornæus, andeutet, wenn er sagt, daß sie, mit einem kleinen Hammer, auf das Fell, oder Pergament schlagen, wenn sie die Geheim oder Haus-Geister (Spiritus familiares) herbey fordern. Es ist aber kein Schmide-Hammer (auch nicht wie die Trummel-Stöcke) sondern ein besonderes Instrument, von dem Horn eines Rheinthiers also[666] gemacht, daß die zween letzten Zweige, so am Ende [22] eine kleine Gabel formiren, die Gestalt deß Eisens geben, und der übrige Stumpff deß Horns sich, zum Handgriffe, bequemet: um welcher Ursach willen, es die Lappen selbst einen Hammer nennen.

Mit diesem Hammer spielen sie die Paucke: nicht eben deßwegen, daß es einen sonderlichen Schall gebe; sondern, daß sie, durch solches Spielen, den Ring bewegen mögen, der dem Fell ist angemacht: damit er sich herum wenden könne, zu dieser oder jener Figur, so auf der Paucken gemahlt stehet, und weisen, was man verlangt zu wissen. Diese Beschaffenheit hat es, mit der Lapponischen Paucken, und aller derselben Zubehör; nemlich bey denen Lappen, so der Kron Schweden zinsbar.

Sonst gebrauchen die Finnlappen, welche den Norwegern benachbart, und den Dennemärckern unterworffen sind, eine Art von Zauber-Paucken: Aber die kommt ein wenig anders, in der Form: wie aus der Beschreibung Olai Wormii, zu schliessen. Wiewol solcher Unterscheid vermutlich nicht daher rühret, als wenn sie andre Paucken hätten, denn die Schwedische Lappen: sondern weil die Paucke, so besagter Wormius schrifftlich fürstellet, einer besondern Gattung, und zu gewissen Händeln gebraucht wird. Also lautet aber die Wormianische Beschreibung: Die Lapponische Paucke, welche sie, auf gewisse Masse, spielen, und mancherley Sachen damit erforschen, auch ihre Zauberey mit derselben treiben, bestehet aus einem Ey-förmigem ausgehöletem Holtze; ist eines Schuhes lang, zehen Daumen breit: darinnen sechs Löcher gegraben, und ein Handgriff daran, wobey man sie, mit der lincken [23] Hand bequemlich halten könne, indem sie, mit der rechten, gerühret, oder gespielt wird. Es ist, mit etlichen Sennen, ein Pergament, (oder dünne Haut) darauf gehefftet, so mit mancherley ungeschickten Bildnissen, hin und wieder, entweder von Blut, oder einer roten Farbe, gemahlet ist. Hiebey findet sich ein rundes küpfferiges Corpo (oder Instrument) so in etwas gewelbt, und ungefähr zween Daumen am Durchschnitt hat, und so wol in jeder Ecken, als in der Mitte, mit küpffernen Kettlein belegt ist. Der Schlägel, oder das beinerne Instrument,[667] womit die Paucke gerührt wird, ist sechs Daumen lang, in der Dicke wie der kleinste Finger, und wie ein Lateinisches T geformirt.

Dieser Paucken nun bedienen sich die Lappen, zu mancherley Sachen, und richten, vermittelst derselben, ihrer Meinung nach, gar viel Dinges aus. Darum halten sie dieselbe auch in Ehren, wickeln sie in ein Lammes-Fell, samt dem Zeig-Ring, und Schlägel, und stellen also alles miteinander in fleissige Verwahrung. Schefferus gedenckt gleichwol, er habe, in einem gewissen Buche, ein solches Wort gefunden, welches kein Lamms-Fell, sondern die Haut deß Wasser-Vogels Loom, bedeutet. Weil sie denn die Paucke, für ein heiliges hochehrwürdiges Werck, achten; geben sie nicht zu, daß ein mannbares Weibes-Bild dieselbe anrühre. Ja? wenn sie soll, an einen andren Ort, gebracht werden; trägt sie ein Mann, entweder zu allerletzt, allem andren Geräthe nach, und hinter allen voranziehenden Männern; oder er reiset damit wol gar einen [24] besondern Weg, so von dem gemeinen ab-und durch lauter Umwege gehet: Weil sie besorgen, wenn irgend ein andrer Mensch, vorab ein mannbares Weib, desselbigen Weges, der Paucken nachfolgete, so dörffte eines solchen Menschen Gesundheit, oder wol gar das Leben, in Gefahr kommen: Massen sie hievon vielerley Exempel zu erzehlen wissen. Und solche Gefahr soll, wie sie dafür halten, gantzer drey Tage währen. Will also der stoltze Geist, mit grossem Ernst, bedient, und seine teufflische Satzungen, gehalten wissen, bey schwerer Straffe; so weit nemlich Gott der Allmächtige ihms verhenget: wie denn, an solchen Exempeln, gar nicht zu zweiffeln. Weil es aber dennoch geschehen kan, daß ein Weib, dieselbige Strasse, nothwendig reisen muß; so erweiset er sich, in solchem Fall, gelinder: jedoch daß sie zuvorderst ihren Gehorsam erweise, vermittelst Opfferung eines kupfernen oder messingen Ringes zu der Paucken, welche durch selbigen Weg ist geführt worden.

Hiernechst wollen wir besehen, was es denn doch sey, so sie, mit der Paucken, aus-zurichten getrauen, und mit was für Gebräuchen sie solches ins Werck stellen. Olaus Petri, macht dreyerley namkündig, so entweder zur Jagt,[668] oder zum Götzendienst, oder zur Erforschung abgelegener Sachen, gehörig. Samuel Rheen sagt von viererley: Erstlich; daß sie erkündigen, was in andren Ländern, passirt. Zweytens; daß sie erfahren, ob die Geschäffte, so man fürgenommen, gelingen werden, oder nicht; imgleichen ob ihre Kranckheit, zum Leben, oder Tode, hinausschlage. Drittens; daß sie Kranckheiten mögen heilen. Vierdtens; [25] daß sie daraus lernen und erforschen mögen, was für Opffer ihre Götter gelüste, und was für ein Thier man ihnen opffern solle. Die Weise und Ceremonien, solches zu erfahren, ist nicht durchgehends gleich. Doch pflegen sie, bey allen dergleichen Händeln, dieses zuvörderst beobachten, daß sie vor allen Dingen, durch Beifügung einiger Feuers-Glut, das dünne Paucken-Leder sehr wol ausdehnen; hernach, daß sie die Paucke nicht an einem Orte nur, sondern neben dem Zeiger in die Runde spielen: und denn drittens, daß sie dieselbe nur anfangs gelinde rühren, bald darauf allgemach stärcker schlagen, bis sie wissen, was sie gewollt. Der Lappländer (spricht Tornæus) hebt die Paucke ein wenig empor, bespielt dieselbe bald hierauf neben dem Zeiger, Kreys-weise ringsherum, und zwar vor erst nur sänfftlich, bis der Zeiger sich anhebt zu bewegen, und zu hupffen: und nachdem er nun, von der Stelle, da er vor hin ruhete, ziemlich weit hinweg gefahren, nach der einen oder andren Seiten; hebt der Paucker immer stärcker anzuschlagen; bis der Zeiger, zu einem Zeichen, kommt, daraus sie etwas errathen und warsagen wollen. Man pflegt auch diß dabey in Acht zu nehmen, daß der, so sie schlägt, nicht stehend, sondern kniend, darauf spiele: massen auch die andre, so bey der Wahrsagerey zugegen sind, knien.

Betreffend die Ursachen, warum die Pauke wird geschlagen, ist, obberührter massen, diese die erste, daß ihnen möge offenbaret werden, was an weit-entsessenen Örtern vorläufft. Wie solches Olaus Magnus (l. 3. c. 16.) auf folgende Weise, andeutet. Die jenige, so da verlangen zu wissen [26] den Zustand der Freunde, oder Feinde, die sich in sehr fernen Landen, auf fünffhundert, ja! auf tausend Meilwegs von dannen, befinden, verehren dem Lappen Etwas, als etwan ein leinen Hemd, oder ein wenig Geldes: und bitten, er solle[669] ihnen erforschen, wo ihre Freunde oder Feinde, sich aufhalten, und was sie machen. Diesem stimmet gleichfalls bey Petrus Claudi, und beglaubt, daß diese Lapponische Warsager anzeigen können, was, an trefflich-weit abligenden Örtern, geschehe. Derselbige Claudi setzet auch die Art und Weise hinzu (in seiner Norwegischen Beschreibung, da er, von den Norwegischen Finn-Lappen redet) nebst einem angehencktem Exempel, so in der berühmten Norwegischen Handel-Stadt, Bergen, sich begeben, und allda offentlich aufgezeichnet zu finden, in dem Buche, darinn man die Verrichtungen der Teutschen Kauffleute anschreibt. Er spricht, es habe in besagter Stadt, damals sich aufgehalten eines Teutschen Kauffmanns Diener, Namens Johann Delling, zu welchem ein Norwegischer Finnlapp, in Begleitung eines andren, der Jacob Smaosuend geheissen, eingekehrt: diesen Finnlappen habe der Johann ersucht, ihn, wofern er könnte, zu berichten, was sein Herr, in Teutschland, gutes machte? Der Lapp habe ihm versprochen, solches zu thun; hierauf auch angefangen zu schreyen, wie ein voller Mensch, zu hupffen und zu springen, und sey, nach dem er etliche mal, in einen Kreiß, herum geloffen, endlich nidergefallen zur Erden, auch daselbst eine Weil ligen blieben, wie ein Todter; nachmals, gleich als wäre er wiederum lebendig worden, wiederaufgestanden, und habe [27] dem Delling angezeigt, was sein Herr machte: Diß sey also fort, in das offentliche Buch der Kauffleute aufgezeichnet, und hernach, mit der Zeit, befunden worden, daß es sich also verhielte, wie der Finnlapp ausgesagt hätte. Diß ist ein merckwürdiges Exempel, und desto weniger in Zweiffel zu ziehen, weil es, aus offentlichem Befehl, angezeichnet worden.

Dergleichen Händel erzehlet man, noch heutiges Tages, nicht wenige: unter welchen dieses nicht zu verschweigen, was Johannes Tornæus einführet, von einem Lappen, der damals, als der Author solches in Druck gegeben, noch am Leben war, und ihm alles gesagt, was ihm, Tornæo, unterwegens wäre begegnet, da er, zum ersten mal, in Lappland gereiset: welches der Lappländer gewust, ehe denn er jemals besagten Herrn Tornæum gesehen. Wiewol dieser, mit Fleiß, solches alles nicht gestehen wollen, sondern gesprochen, es[670] wäre alles falsch und Lügenwerck: damit nemlich der Lapp solcher teufflischen Offenbarungen sich nicht möchte rühmen, oder dem Teuffel desto mehr glauben, als welcher ihm gleichwol hätte die Warheit gesagt. Gewißlich man hat wenig Ursach, dieses Exempel für verdächtig zu halten, noch einem solchen Mann, der im geringsten nicht aberglaubisch, mißzutrauen, in einer Sachen, so ihm selbsten widerfahren.

Wie aber solche Teuffels-Befragung dabey angestellet werde, davon findet man nicht, bey allen, einerley Umstände. Olaus Magnus setzet, an besagtem Ort, diese: Er (der Lapp) geht ins Gemach, und begehrt niemanden mit sich hinein, als einen Gefährten, und sein Weib; bewegt [28] und erschüttelt, mit gewiß-benannten Streichen deß Hammers, den ehrenen Frosch, oder die Schlange, wendet und lencket dieselbe, durch zaubrische Beschwerungen, hin und wieder; fällt darauf gähling zu Boden, und in Verzuckung; ligt also, eine kleine Zeit, gleich als wäre er gestorben. Inzwischen hüten Seiner gedachter sein Gefährte, und Weib, aufs allerfleissigste, daß ihn ja nichts Lebendiges, keine Mucke, oder Fliege, noch einiges Andres Thier, (Läuse und Flöhe werden ohne Zweiffel doch hiebey privilegirt, und ausgenommen seyn) berühre. Da bringet alsdenn, Krafft der Beschwerung, sein Geist, welchen der Teuffel führet, [Hieran irret entweder Olaus Magnus, oder redet es vielleicht, nach dem gemeinen Wahn der Lappen selbst. Denn den Geist deß Menschen kan der Satan, vor dem Tode, nicht wegführen, noch dem Leibe wieder einführen: sondern er bildet den Entzuckten nur ein, als wären sie ausser dem Leibe gewesen. Aber mit Leib und Seele kann er dennoch die Zauberer gar wol wegführen, durch die Lufft, auf einen Hexen-Sabbath.] aus der Ferne, einige Zeichen mit sich zurück, als etwan einen Ring, oder kleines Messer, zum Warzeichen, daß er sein Gewerbe und anbefohlene Commission, ausgerichtet. Hiemit richtet er sich stracks wieder auf, weiset dem, welcher ihn gedungen, die Zeichen, und offenbaret ihm zugleich die übrigen Umstände.

Petri Claudi Bericht lautet also: Er wirfft sich nider zur Erden, verliert seinen Lebens-[29]Geist (oder Athem)2[671] und wird gleich einem Gestorbenen, sonst aber im Gesicht schwartz und dunckel. Solcher Gestalt ligt er eine Stunde, oder auch wol etliche; nachdem der Ort, von dannen er einige Kundschafft bringen soll, näher oder weiter entlegen ist. Wenn er hernach aufgewacht; so kan er alles erzehlen, was, an selbigem Ort, vorgehe, was dieser oder jener mache, wovon man Wissenschafft zu haben begehrte.

Hie zwar wird nichts gedacht, von der Paucken, noch vom Gesange, noch von einiger Gesellschafft, oder Zeichen, und Anzeigungen verrichteter Reise, und Commission: aber einer erzehlet diß, der andre das, was einem jedweden am merckwürdigsten daugt: doch also, daß keiner damit die übrigen Umstände will ausgeschlossen oder vernichtiget wissen. Und zwar, was die Paucke betrifft, kan man, aus dem, so vorhin gemeldet, gnugsam erkennen, daß daran kein Zweiffel. Dieses ist aber insonderheit mercklich, was Olaus Petri, an theils Paucken, in acht genommen, daß sie, zu diesem Handel, etwas anders formirt gewesen, weder die gewöhnliche; nemlich mit einem Handgriffe in Gestalt eines Creutzes. Welcher massen auch die Handheb, an der jenigen Paucken, gewesen, so Herr Scheffer, von dem Herrn Baron Heinrich Fläming, Obersten über ein Finnisches Regiment zu Fuß, empfan[30]gen. Erst-gesetzter Olaus Petri gedenckt ferner, daß man der Paucken die Beine und Nägel mancherley, von ihnen auf der Jagt gefangener, Thiere anbinde.

So viel aber die Gesellschafft belangt; wird solche, vom Samuel Rheen, bestetiget, vermittelst dieser Erzehlung: "Wenn sie zu wissen begehren den Zustand fremder Örter; so schlägt ein Lapp die Paucke, auf diese Weise. Er legt ziemlich viel Messings-Ringe, so an einer Messings-Kette aufgereihet, auf die Paucke, wo das Bild der Sonnen gemahlt ist; spielt hernach mit einem beinernen, zwo-spitzigen Hammer, die Pauken also, daß die Ringe, auf der Paucken, sich regen. Unterdessen singet der Paucken-Schläger, mit hoher und lauter[672] Stimme, dazu ein Lied, welches sie Joyke nennen. Hiezu fügen auch andre Lapponier, so wol männ- als weibliches Geschlechts, so viel ihrer daselbst zugegen, ihre Gesänge bey; die Männer zwar mit lauter; die Weiber aber mit gelinderer Stimme: und solche Gesänge heisste man duura. In denselben brauchen sie gewisse Worte, fürnemlich solche, wodurch der Ort bedeutet wird, von dannen sie, etwas zu erfahren, verlangen.

In diesem Rheenischen Bericht, finden wir die, zu solcher Warsagerey gebräuliche, Pauke; imgleichen den Paucker, und dessen Gesellen3: und zwar nicht nur einen Beystand, samt dem Weibe; wie Olaus setzt: sondern viele bey einander. so wol Weibs- als Manns-Personen: wie auch die [31] Gesänge, so von allen gesungen werden; wiewol unterschiedlicher Art. [Wobey aber leicht zu mercken, daß Olaus darum eben nicht geirret, wenn er geschrieben, der Lapp begehre mehr nicht um sich, ohn einen Gefährten, und sein Weib. Denn es hat die Meinung, daß er sich damit begnüge, wenn ihm, oder dem jenigen, welcher ihn, um den Warsager-Lohn, bedungen hat, die Menge der Leute nicht lieb, oder vielleicht nicht zu haben, oder auch, aus Furcht, für der Obrigkeit, bedencklich ist: Aber zwo Personen müsse er doch, aufs wenigste, um sich haben. Welches vermuthlich, theils deß Rathfragers oder Bedingers, theils auch seiner selbst halben, geschicht: Jenes, weil dem Bedinger leichtlich Forcht und Grausen anstossen möchte, so er, um den verzuckt-ligenden Warsager, allein bliebe: Dieses; weil eine Person allein seiner nicht treulich oder fleissig gnug hüten dörffte, damit keine Mucke auf ihn fiele.]

Die Entzückung nennet ein ungenanter Scribent animi deliquium eine Ohnmacht. Peucerus schreibt, er werde dermassen exanimirt (lige in solcher Unkrafft) als ob die Seele gar wäre von ihm gewichen: sintemal man, weder Sinn, noch Bewegung, weder Geist, noch Leben mehr an ihm spühre. Petrus Claudi sagt, er lasse seine Seele oder Geist von sich weg. Denn Ihrer Etliche haben geglaubt, die Seele führe[673] warhafftig aus, von einem solchen Menschen, und kehrte hernach wieder, in den Leib: Daher auch, wie wir vorhin vernommen, Olaus schreibt, der Geist daß Lappen werde, vom bösen Feinde, hingeführt, und bringe etliche Zeichen wiederum mit zurück. Wiewol [32] solches gar nicht sein, noch der Teuffel, durch einigerley Kunst, den Körper, welcher einmal entseelet ist, wiederum beselen kan. Ligt derwegen der Paucker nicht gantz lebloß: sondern seine Seele wird durch den Teuffel gehemmet, daß sie ihre gewöhnliche Wirckung nicht verrichten kan: derhalben ist er nur, als wie in einem tieffen Schlaffe, oder in tieffer Ohnmacht; und inzwischen sein Angesicht häßlich verstellt. Wovon so wol Petrus Claudi, als ein andrer ungenannter Author beglaubt, daß ihm am gantzen Leibe, und im Gesichte, der Schweiß ausbreche, und er in schwerer Kranckheit lige. In solche Enzuckung oder Ohnmacht, fällt der Paucker, nach dem er eine Weil gespielt, mit samt der Paucken, nider, und legt diese gemeiniglich auf den Kopff.

Offt erwehnter Samuel Rheen füget ferner dabey, daß in zwischen die übrige Manns- und Weibs-Bilder nicht aufhören zu singen; sondern ihr Lied so lang, als der Paucker an der Erden liegt, widerholen: damit ihm unterdessen, aus der Gedächtniß nicht entfallen möge das jenige, warum man ihn gefragt, und in die Fremde abgefertigt. Der ungenannte Author thut hinzu: wenn sie solches unterlassen, so sterbe der Paucker, auf gut Vertrauen, fein dahin, und wache nimmer wieder auf. Welches ihm eben so wol würde widerfahren, wenn ihn unterdessen jemand, mit der Hand, oder Fuß, rühren, und aufwecken wolte. Worauf vielleicht auch dieses sein Absehen hat, was, aus dem Olao, angezeigt worden, daß man allerdings die Mucken, und dergleichen, ihm fleissig abwehret, noch ihn, einiger massen, anzurühren, gestattet. Peucerus meldet: [33] Wofern nicht stets etliche Leute vorhanden, die den ohnmächtigen Leib bewahren, so holen die Teuffel den Leib weg: Welches aber irrig: denn der Leib wird nicht weggeführt; sondern bleibt nur unerwacht ligen, und fährt der Satan mit der Seele davon.

Nachdem er also, eine nicht übrig lange Zeit stille gelegen;[674] bekommt er, äusserlichem Schein nach, Leben und Geist wieder, richtet sich auf, und beantwortet das jenige, warum man ihn gefragt. Peucerus setzt, es geschehe, nach vier und zwantzig Stunden: aber es hat keine gewisse Zeit. Denn bald wachen sie eher, bald langsamer auf; nachdem sie weiter oder näher zu reisen haben. Besagte vier und zwantzig Stunden aber seynd nur die allerlängste Weile, deren sie bedörffen, auch das jenige zu erfahren, wie es, an den allerfernesten Örtern, stehe, und was allda passire. Solches bezeugen die Worte Olai Petri: Sie wissen, auf alle gefragte Sachen, zu antworten: ob sie gleich etliche hundert Meilwegs weit abgelegen: und solches können sie, innerhalb vier und zwantzig Stunden, thun.

Endlich, damit nicht etwan jemand zweiffle, ob deß Warsagers Aussage auch der Warheit gemäß sey; so bringt er, zur Versicherung dessen, einige Wahrzeichen mit, welche man von ihm gefordert; als ein Messer, einen Schuh, Ring, oder ein andres Gemerck, so der jenige, welcher ihn bestellet hat, begehrt.

Das ist also der erste und schier fürnehmste Gebrauch dieser Lapponischen Paucke. Folget nun der andre: Wenn sie den Ausgang der Geschäffte [34] erkundigen wollen; ob sie werden eine glückliche Jagt, und guten Wildfang haben? Ob das, was sie ihnen fürgenommen, glücklich werde von statten gehen? Denn auch dieses hoffen sie, durch die Paucke, zu erfahren. Demnach so legen sie die Ringe darauf, heben an zu singen, und zu schlagen. Gehen nun die Ringe herum, nach der rechten Seiten zu, mit dem Lauffe der Sonnen; so schliessen sie alles Gutes daraus: wo aber linckwerts; so besorgen sie lauter Unstern. Dieser Meinung, schreibt Samuel Rheen: Wofern die Ringe rechts herumgehen nach der Sonnen Lauff; urtheilen sie daraus, es bedeute gutes Glück, Gesundheit, und glückseliges Aufnehmen beydes der Menschen, und deß Viehes. Wenden aber sich die Ringe lincks, und dem Lauff der Sonnen zuwidern; weissagen sie daraus alles Unglück, Kranckheit, und dergleichen böse Fälle. Die Ursach solches ihres Schlusses ist unverborgen. Sie glauben nemlich, die Sonne sey die Ursach alles Aufnehmens, und Zuwachses: darum[675] wenn die Zeiger-Ringe ihrem Lauffe nachfolgen, scheinet, daß sie Glück bedeuten, indem sie den Fußstapffen dieses Gestirns nachsetzen, von welchem alles Glück, ihrem Wahn nach, herkommt. Sie nehmen aber diese Erforschungs-Weise für, in allen ihrer Geschäfften, die nur von einiger Angelegenheit sind: als wenn man reisen muß, auf die Jagt ziehen, den Sitz, Aufenthalt, und Bleibens verändern; oder sonst etwas dergleichen fürhat: wie unten, aus folgendem, weiter erhellen wird.

Wenn sie die Paucke um Anstellung der Jagt befragen; geben sie überdas auch Achtung; ob der Ring-Weiser, gegen Auf- oder Nidergang der [35] Sonnen, stehe: und glauben, daß sie dahin ihren Jagt-Zug thun müssen, wofern er sonst solle gelingen. Sie bewegen nemlich, nach Olai Petri Erzehlung, den, in dem Mittel-Punct befindlichen, Frosch (oder Ring) durch vielfältäges Klopffen mit dem Hammer, so lang, bis er, über einem der gemahlten Thiere stehet, und gegen Morgen oder Abend, Mitternacht oder Mittage, oder auf die zwischenlauffende Linien zu, schauet; daraus der Warsager und Jäger erlernet, wohin er, deß Tages, ziehen, was für ein Thier, Fisch, Gevögel, oder andres Wild er, an dem Tage, verfolgen müsse.

Jetzt schreiten wir zu dem dritten Gebrauch der Paucken; so auf Kranckheiten gerichtet, und zweyerley ist. Erstlich suchen sie, auf derselben, die Ursach, woher die Leibes-Schwachheit entstanden; ob sie, aus natürlichen Zufällen, oder durch Hexerey, von den Hassern und Feinden, jemanden angezaubert sey? Hernach nehmen sie die Paucke auch zu Rath, wegen deß Artzney-Mittels, vermittelst Erforschung eines gewissen Opffers, womit dieser oder jener Abgott, bevorab der Stoorjunker, müssen versöhnet werden; als ohn dessen Winck und Willen, ihrer Einbildung nach, die Genesung nicht zu erlangen steht. Denn der Patient, muß ein Opffer geloben, entweder eines Thiers, als, zum Exempel, eines Rheinthiers, oder Ochsens, Bocks, Widders, oder eines andren Dinges; und solches Gelübde an ein gewisses Stoorjunker-Bild thun, so auf diesem oder jenem Felsen aufgerichtet ist. Diese aber geschicht nicht, nach deß Krancken eigenem Gutdüncken und Gefallen;[676] sondern nach der Verordnung und Anweisung dessen, der die Paucke [36] schlägt. Was derselbe für thunlich erkennt, das muß der Patient entweder gleich alsobald opffern, oder in gewisser Zeit zu opffern versprechen. Denn der Paucken-Spieler erforschet, auf seiner Paucken, welchem Abgott das Versöhn-Opffer geschehen, und was es für ein Opffer seyn müsse: angemerckt nicht ein jeder Götze, zu jedwedem Opffer, Lust hat; auch das gefällige, nicht ohn Unterschied der Zeit, beliebt. Muß also der Patient deß Pauckers seinem Raht und Geheiß hierinn nachgehen. Samuel Rheen kommt uns hierinn, mit weiterem Bericht, zu statten: nemlich, daß der Patient dem Paucker zuvorderst einen Messings-Ring, und einen silbernen, geben, beyde aber demselben, um den rechten Arm, binden müsse: welche Ringe hernach dem Paucken-Rührer zu eigen werden, für seine Mühe. Nachmals thut der Paukenier selbige ihm geschenckte Ringe zu den übrigen, so in dem Bündlein der Zeiger-Ringe beysammen sind, dessen er sich gebraucht, so offt er die Paucke spielen muß. Hiemit fängt alsdenn der Wahrsager an, die Paucke zu schlagen, und singet seinen gewöhnlichen Gesang dazu: mercket also, aus deß Zeigers Bewegung und Stande, was er dem Krancken solle rathen. Und zu bisher erzehlten Sachen, wird die Paucke am allermeisten gebraucht.

Nun ist noch ein Gebrauch übrig, und besteht darinn, daß sie damit Böses thun, und andren Leuten, an der Gesundheit, und am Leben, schaden. Welches doch gleichwol nicht überall alle im Gebrauch haben. Daher sie auch fast insgemein diesen Gebrauch für unrecht halten; und nicht die vorigen: weil, durch selbige, niemanden Schade ge[37]schicht. Die jenige, so, durch die Paucke, nur allein etwas erforschen, wollen sich nicht in die Zahl derer gerechnet wissen, die andren hiedurch was Leides zufügen: weil diese Böses, sie aber das Widerspiel thun. Ob nun gleich nicht alle, solches Absehens, hiemit umgehen: findet man doch einige, die es nur gar offt thun. Johannes Tornæus berichtet, man habe, im Jahr 1671. in der Kiemensischen Gegend von Lappland ihrer gar viel ertappt, mit solchen ihren Paucken; die von so ungeheurer Grösse gewesen, daß man sie von dannen nicht[677] wegführen können, sondern verbrennen müssen.

Unter diesen Lappen befand sich einer von achtzig Jahren: welcher bekannte, sein Vatter hätte ihn, in dieser Kunst, unterrichtet, da er noch ein Kind gewesen: und hätte er, im Jahr 1670. um ein einiges paar Ärmel (oder Handschuh) willen, durch seine Hexerey, so viel gewirckt, daß ein Kimensischer Bauer, in einem Wasserfall, ersoffen. Diesen hat man zwar zum Tode verurtheilet, und in Fesseln, aus Lappland, nach der nechsten Stadt in Bothnia geführt; er aber unterwegens, durch seine Kunst, sich selbst so plötzlich umgebracht, daß er, frisch und gesund auf dem Schlitten sitzend, im Augenblick verreckte: wie er denn solches zuvor angedeutet hatte, daß er eher und lieber sich selbst. tödten, als den Händen deß Henckers überlassen würde.

Was, bey diesem Gebrauch der Paucken, nemlich bey Verhexung und Beschädigung andrer Menschen, für Anstalt und Ceremonien gemacht werden; mit was für Worten, Geberden, und Zeichen sie solches verrichten; davon findet man, bey [38] bisher angeführten Scribenten, keine Nachricht: vermutlich darum, weil mans gar geheim hält, und es jemand kaum, ohne schweren Verdacht der Theilhafftigkeit dieser abscheulichen Sünde, erforschen oder erlernen kan. Diß sey gesagt, von der Lapponischen Warsager- und Zauber-Paucke.

Wir gelangen hiemit, zu der zweyten Schicht derer Teuffels-Künste, so, von den Lappen, durch besondere Werck-Mittel, verübt werden. Da kommt nur anfangs uns zu betrachten vor ein kleiner Strick, mit etlichen Knoten: womit sie Wind verschaffen. Hievon redet Zieglerus also: Sie schlagen drey Zauberknoten, die an einem Seil oder Riemen hangen. Wenn derselben einer wird aufgelöset; erhebt sich ein erträglicher Wind; nach Eröffnung deß andren, ein hefftiger und ungestümer; nach Entbindung deß dritten, ein offenbarer Sturm, und Ungewitter: gleichwie auch die Alten ein Donnerwetter machen kunten.

Was Zieglerus nun, von den Lappen, schreibt; das eignet Olaus Magnus den Finnen zu, im 16. Hauptstück seines dritten Buchs; da man Beygefügtes liset: Unter andren heidnischen Irrthümern, (oder Mißhandlungen) pflegen die Finnen den[678] Handelsleuten, so an ihren Ufern, widrigen Windes halben, nicht fort kommen kunten, den Wind feil zu bieten, und, gegen ein gewisses Trinckgeld, drey zaubrische (non cassioticos nodos) Knoten zu stellen; mit dieser Warnung, daß, wenn sie den ersten aufthäten, der Wind ihnen gelinde und freundlich spielen: wofern sie aber den andren auseinan[39]der machten, gewaltig starck brausen; und, im Fall sie den dritten löseten, dergestalt stürmen, wüten und toben würde, daß sie weder ein paar Schritte vom Schiffe vor sich sehen könnten, um sich für Klippen zu hüten; noch ihre Füsse, auf dem Schiffs-Uberlauffe, fest setzen, um die Segel einzunehmen; noch so viel Kräffte besitzen, daß sie das Steuer recht regieren möchten.

Die gantz neue Scribenten, Samuel Rheen, und Johannes Tornæus, schreiben, von den Lappen, dergleichen nichts. Es scheint auch, daß solches die jenige, von welchen sie handeln, nicht thun können (oder vielmehr, zu thun, keine Gelegenheit haben) weil es mittelländische Leute sind, und ans Meer nicht kommen: Weßwegen, in solcher Wind- und Wettermacherey, nur die Norwegische Finnlappen berühmt seyn. Gestaltsam diesen Petrus Claudi das unlöbliche Lob gibt, daß sie, die Finnlappen, erregen können, was für Winde sie wollen. Er thut aber gleichwol mercksamlich hinzu; ein jeglicher habe fürnemlich solche Winde in seiner Gewalt, der damals, als er geboren worden, gewehet; dieser den, jener einen andren Wind: gleich, als ob diese teufflische Gewalt mit der Geburts-Gelegenheit, einige Verwandniß hätte, und von denselben ihren Nachdruck erlangte.

Gleichwie aber dieses ehrbare Kunststück mehrentheils den Finnen und Norwegischen Finnlappen zukommt: also auch dasselbe was demselben verwandt ist, nemlich den Lauff der Schiffe zu hemmen, und dieselbe, mitten auf der See, so unbeweglich zu verarrestiren, als ob sie angenagelt, oder fest [40] beanckert wären. Doch schreibt Damianus à Goes solches auch den Lappen zu; wenn er sagt: Sie halten die Schiffe, in vollem Lauffe, so starck an, daß keine Gewalt deß Windes sie kan von der Stelle bewegen. So bestetiget gleichfalls Zieglerus, daß sie, mit solcher ihrer Kunst, den Seefahrenden[679] entweder ihre Gunst, oder Haß erweisen, und so wol die Ströme, als Seen, nach Belieben, entweder stillen, oder verunruhigen. Es vermögen aber die Finnen hierinn so viel, daß dafür nichts helffen kan, als das Excrement einer Jungfrauen: Massen Damianus berichtet, er habe, von den lappländischen Einwohnern, vernommen, dieses Unheil sey einig allein damit zu vermitteln, daß man die Gänge und Ruder-Bäncke deß Schiffs, mit solchem Excrement, bestreiche; als, für welchem, selbige Geister, von Natur einen Abscheu trügen. Mancher dörffte vielleicht zweiffeln, was, durch sothanes Excrement, zu verstehen. Herr Schefferus hält für gewiß, Damianus meine damit das Monat-Geblüt: Denn daß solches, wider die Verzauberungen, kräfftig sey, und die Zauberey auflöse, haben vorlängst schon auch andre geglaubt: Wie man, aus dem Plinio, ersihet: welcher (im 28 B., C. 7) gedenckt, wenn man die Thürpfosten, mit solchem Monat-Purpur, färbe, so werden die Künste der Zauberer dadurch vernichtet.

Der dritte Werckzeug, in dieser zweiten Schicht sind die Pfeile (jacula) wie es Zieglerus nennet: womit sie andren Schmertz und Kranckheiten zufügen; ob sie gleich gar weit von ihnen entsessen sind. Hierüber führet er diese Worte: Sie machen auch zauberische Pfeile, von Bley, die [41] nur klein und gantz kurtz sind, nach der Masse eines Fingers. Dieselbe verschiessen sie, obgleich durch fern-abgelegene Örter, wider die jenige, an welchen sie sich rächen wollen. Diese bekommen alsdenn, entweder am Bein, oder Arm, den Krebs, und müssen, für übermachtem Schmertzen, innerhalb dreyen Tagen, den Geist aufgeben. Welches auch Olaus Magnus, fast mit gleichen Worten, bekräfftiget. Herr Scheffer aber besorget, es sey sowohl einer, als der andre betrogen, in dem er solche bleyerne Pfeile geglaubt, und der Nachkommenschafft schrifftlich angedeutet: sintemal, heutiges Tages, Niemand dieselbe kennet, noch davon weiß. Beym Samuel Rheen, und Andren, geschicht ihrer gantz keine Meldung: so sagt auch das gemeine Gerücht nichts davon; da es doch sonst in dergleichen Sachen, seine Zunge nicht ungerührt läst. Und warum müsten sie denn endlich auch von Bley seyn? Hält demnach ruhm-gedachter Schefferus dafür, Zieglerus habe sich, an[680] dem Wort Skott, geirret, welches sie, noch auf den heutigen Tag, bey Erklärung oder Anzeigung solches bösen Wercks, brauchen. Denn wenn entweder ein Mensch, oder Vieh, dem vorhin gantz nichts gefehlt, von einer schnellen Kranckheit dergestalt danider geworffen wird daß ihm alle Kräffte, oder auch wol gar das Leben entweicht; so glaubt das gemeine Volck, es sey, durch Hexerey, geschehn, und nennets Skott, das ist, einen Pfeil, womit der Erkrankte, ihrer Rede nach, getroffen worden. Weil nun Zieglerus, von solchem Skott, [so ohnzweiffel, aus dem alten Nieder-Teutschen Skott, oder Schuß, seinen Ur[42]sprung hat] etwas gehört; hat er zaubrische Pfeile daraus gemacht, und zwar von Bley. Wo von aber den Schwedischen Scribenten nichts bewust: die dafür halten, dieses geschehe, durch eine andre Hexen-Künstlerey.

Petrus Claudi nennet das jenige, was die Zauberer auslassen, Gani, schreibt, es habe die Gestalt einer Mucken, oder Fliegen, und sey der böse Geist selbst: Ingleichen, daß unter den Norwegischen Finnen, die, welche diese Kunst können, derselben Mucken viel, in einem ledernen Sack, beyeinander halten, und täglich etliche davon auslassen: Zeucht auch dißfalls eine Geschicht an, so, zu seiner Zeit, vorgegangen. Vor wenig Jahren, spricht er, hat sichs begeben, dass einer, der noch heutiges Tages, auf Helieland, lebt, eine Reise, nach den Norwegischen Bergen fürgenommen, auf die Bären-Jagt, und ungefähr, zu einer Hölen, unter einem Felsen, gekommen. In selbiger Speluncken, fand er ein, grob und schlecht formirtes Bild, welches ein Götzen-Bild war eines Finnen: wobey deß Finnen Ganeska, oder Zauber-Tasche, stund. Als er dieselbe auf that; sahe er, daß sie voll blauer Fliegen kroch, welche deß Finnen Gan, das ist, Geister waren, so ihm zur Zauberey dienen, und die er täglich ausschickt.

Daß nun Claudi, durch Gan, nichts anders verstehe, ohn das jenige, womit die Zauberer den Leuten, an der Gesundheit und am Leben, Schaden thun: giebt er, gleich hernach, zu mercken, wenn er sagt: der Finn kan nicht ruhig leben, wofern er nicht täglich einen Gan, verstehe eine Mucken, oder einen Geist, herfürläst, aus seiner Ganeske [43] oder Ganhyd, das ist, aus seiner ledernen Tasche, darinn er sie in Verwahrung[681] zu halten pflegt. Hat er keinen Menschen, den er damit verderben, und seinen Gan wider ihn ausschicken könnte (welches er denn, ohne gegebene Ursach, niemals pflegt zu thun) so läst er denselben aus auf die Winde, daß sie wüten mügen, wider Menschen, Vieh, oder wilde Thiere, oder was sie sonst für Schaden thun können. Bisweilen fertigt er ihn auch wol ab, zu den nechstgelegenen Bergen, und spaltet daselbst, durch seinen Dienst, großmächtige Felsen. Er pflegt aber, um leichter Ursach willen, seinen Gan, wider die Menschen, loß zu schiessen, und sie umzubringen. Aus diesen Worten Petri Claudi erscheinet, daß solcher Gan Menschen und Vieh Schaden und Verderben zufüge: und weil er das Wort Skinta (welches mit dem Nider Teutschen Geskütt, scheten nahe verwandt ist) setzt, anzudeuten, es werde solcher Geist, wie ein Pfeil, ausgeschickt: als steht hieran leichtlich zu mercken, was das eigentlich sey, welches Zieglerus Pfeile genannt. Und diß wäre also das dritte Zauber-Stück, womit sie nicht allein Andre, sondern auch sich untereinander selbst, auch allerdings die jenige, welche, ihres Wissens, sich auf gleiche Kunst verstehen, anfeinden.

Einen denckwürdigen Fall erzehlet, über diesem Handel, derselbige Claudi, von einem Finnen, welchen man, wegen seiner grossen Erfahrenheit, und übertrefflichen Meisterschafft in der Hexerey, Asbioern Gankonge geheissen. Mit diesem stund ein andrer Zauberer in Feindschafft, und ihm deßwegen nach dem Leben; kunnte demselben aber nichts thun: weil Asbioern ihm, in der Kunst, überlegen [44] war. Endlich aber traff sichs, daß der Asbioern, unter einem Felsen, sich schlaffen legte: darauf schickte der Andre seinen Gan wider ihn loß, der, als er schlieff, den Felsen über ihn gestürtzt, und ihn also getödtet. Welches, wie der Author meldet, bey seiner Lebzeit, geschehen, und zwar kurtz zuvor, ehe denn er diese Sachen beschrieben. Ja! wenn Einer, durch seine Kunst, Jemanden, einen solchen Pfeil (oder bösen Geist) in den Leib geschossen; pflegt bisweilen ein andrer Zaubrer denselben, durch seinen Befehl, wiederum austreiben. Dieses ist aber was sonderliches, und wehrt zu mercken, daß man glaubet, sie können durch ihren Gan, keinem Menschen Schaden thun, es[682] sey ihnen denn seines Vatters Nam bewust: wie gleichfalls Petrus Claudi bezeuget.

Was aber, besage dieses Authoris, unter den Finnen, und Norwegischen Finnlappen durch einen Gan, geschicht; das verrichten andre Lappen (nemlich die Schwedische, so man sonst die wilde Lappen nennet) mit ihrem Tyre. Solches Tyre ist nicht anders, als ein runder Ball, oder eine Kugel, so groß wie eine welsche Nuß, oder kleiner Apffel, aus gelinder Wolle, oder subtilen Härlein einiges Thiers, oder auch aus dem Zarten Baum-Mooß, zusammen gewickelt, glatt4 überall gleich [45] und eben und gar leicht an Gewicht, als die inwendig hohl erscheinet. Diese Kugel ist, aus gelber, grüner, und Asch-grauer Farbe solcher Gestalt gemischet, daß die bleich- oder blaß-gelbe (falbe) dennoch am stärcksten heraus kommt, und den Vorzug behält. Allermassen die jenige also gestaltet ist, welche dem Herrn Scheffer, von dem Königlichem Schwedischen Berg-Rath, Herrn Johann Otto Silverstroem, in sein Rarität-Stüblein, verehret worden.

Man sagt, solche Tyre, oder Zauber-Kugel, welche durch sonderbare Kunst belebt und beweglich gemacht ist, werde, von den Lappländern, verkaufft: daß der jenige, so sie an sich gekaufft, dieselben verschiessen können, nach wem er wolle. Sie pflegen aber ihnen selbsten, und andern Leuten, einzubilden, daß sie mit dieser ihrer Tyre, einem Menschen in den Leib schiessen können, was sie wollen, Schlangen, Kröten, Mäuse, und andres dergleichen Ungeziefer; womit der jenige, dem solches Ubel zugefügt wird, jämmerlich gequälet werde. Diese Tyre, oder Lapponische Hexen-Kugel, soll auch, ihrem Bericht nach, wunder-schnell fort fliegen, wie ein Würbel-Wind,[683] abgeschossener Pfeil, oder Kugel. Und wo ihr ein andres Thier, auf der Reise, begegnet, was für eines es auch seyn mag; so wird selbiges, an statt deß andern, dem es vermeint war, damit getroffen: weßwegen nicht selten hierinn ein Irrthum vorgehet, und der Unschuldige das Unglück an den Hals bekommt. Dessen man unterschiedliche traurige Exempel hat, deren auch, wie Schefferus beglaubt, etliche bey jetzigen Zeiten, geschehen. Wie man denn auch, in andren Ländern, [46] dergleichen boshaffte Zauber-Tücke nicht selten erfährt: daß nemlich die Zauberer denen Leuten, welchen sie aufsetzig worden, oder auch wol Andren, so ihnen nie kein Leid gethan, auf Antrieb deß Satans, fast auf gleiche Weise, Schaden zufügen, und allerley seltsame Sachen, als Nägel, Haare, Höltzlein, Nadeln, Messer, und dergleichen, in den Leib zaubern. Wiewol solches nicht eben allemal, durch einen, in diese Lufft geworffenen, Pfeil geschicht. Denn Lappland ist es leider! nicht allein, da der Satan seine Possen spielet, und durch seine Werckzeuge, die Menschen verletzet. Was er, vor etlichen Jahren, nemlich als man sechszehen hundert siebentzig schrieb, in den Schwedischen Kupffer-Bergwercken, sonderlich aber in Moora und Oswedal für Tyranney geübt, ist unserem Andenken zweiffels weit annoch so neu, daß es keiner Erfrischung bedarff. Darum will ich einen Blick thun in die uralte Zeiten, da die heidnische Finsterniß so wol diese, als andre Nordische Völcker noch bedeckt, und man sich, bey allerhand, nicht allein absonderlichen, sondern auch offentlichen und allgemeinen Feindseligkeiten, mit solchen Künsten der Finsterniß, beholffen hat.

Die Norwegen, und Dennemärcker, studirten damals gemeiniglich unter demselbigen Meister, welcher die Finnen, und Biarmier, in seinen Tücken und Bubenstücken, so gelehrt machte: also gar, daß nicht nur gemeine Leute, sondern auch Könige, Fürsten, Krieges-Obersten, und tapffere Helden, durch solche höllische Geheimnissen, ihren Widerwertigen obzusiegen, trachteten.

Saxo Grammaticus beschreibt, im X Buche [47] Dänischer Geschichte, einen seltsamen Verlauff.

Haraldus, Königlicher Erbe zu Norwegen, war, samt[684] seiner Mutter, Gumalda, durch den Printzen Haquin, vertrieben, und nach Dennemarck geflohen: da ihm seiner Mutter Bruder Schiffe und Völcker, zum Beystande, gegeben, um den Haquin, welchen gantz Norwegen indessen zum König hatte angenommen, zu bekriegen. Weil derselbe aber seinem Feinde, zu Wasser, nicht kunte beykommen; stieg er an Land, und wagte mit dem Haquin, einen Feld-Streich. Hiebey sind beyde junge Könige nicht müssig gestanden; sonderlich der Haquin, welcher, mit eigener Faust, den Seinigen das Muster eines tapffren Kriegsmanns, und streitbaren Königs, an seiner Person, für Augen stellete. Sein gold-gläntzender Helm aber winckte gleichsam den Feinden, und entdeckte ihnen, wo der König wäre anzutreffen: weßwegen sie, mit dicken Hauffen, auf diesen helleuchtenden Helm zudrungen: in Hoffnung, weil darinn alle die Ursachen dieses Krieges, nemlich die ehrsüchtigen Anschläge deß Haquins, enthalten, in demselbigen auch dieselbe ersticken, und, durch Erlegung dieses Königs, sich deß Obsieges bald zu versichern. Wie Haquin solches gemerckt; hat Ihm Einer von seinen Bluts-Freunden geschwind den Helm, mit einem Hut, verhüllet. Hevindus, ein Beystand Königs Harald, und tapfferer Kämpffer, weil er den Helm nicht mehr sahe, fing an zu ruffen: Wo ist der König von Norwegen hinkommen? ist Er todt, oder verschwunden? Heraus! Heraus! Herfür! Herfür! König Haquin! wie lange verbirgst du dich, komm! und præsentire dich, zum Gefechte, bist du [48] ein redlicher Kriegsmann. Gleich wolte er sprechen: Laß sehen, ob du auch so hertzhafft seyest, das Reich Norwegen, mit dem Schwert, zu behaupten; als kühn und frech du gewesen, dasselbe einzunehmen. Saxo meldet, Haquin habe hierauf ein kenntliches Zeichen seiner persönlichen Gegenwart gegeben, und Hevind also fort, ein ungewöhnlich-grosses Streit-Beil, zum Hieb, wider ihn aufgehebt. Die Norwegische Chronic aber bericht, weil König Haquin, vorn an der Spitze, wiewol verdeckt, gefochten; sey er dem Hevindo, unerkannter Weise, aufgestossen. Es sey, welches wolle; Hevind hat einen solchen ungestümen Streich auf ihn geführt, daß er einen Soldaten, welcher seinen getreuen Leib dem Könige zum Schilde fürgeworffen, und den grimmigen Streich damit aufgefangen,[685] nicht allein durch und durch, und mitten von einander, gehauen, sondern auch das Eisen deß Beils gar tieff in die Erde geflogen. Indem nun Hevindus sich bucket, und selbiges wiederum mit Gewalt heraus reissen will; versetzt ihm König Haquin einen tödtlichen Stoß, (In den Norwegischen Chronic stehet, er habe dem Hevind, seinen Helm, Haupt, und Leib, auf eins, von einander gespaltet.) und ward das Blut dieses Schnarchers gleichsam ein Lehr-Bild, daß mancher sein eignes Verderben und Unglück ausfordre, indem er andre will trutzen. Weil auch Thoralvus, deß Haquins Feld-Oberster, den Dänen immittelst, von hinten zu, einbrach, und ihrem gantzen Heer Füsse machte. Gleich wol durffte König Haquin nicht wol trauen, ihnen weit nachzusetzen, bey Erblickung der traurigen Wahrzeichen ihrer Streitbarkeit, so sie ihm [49] hatten hinterlassen; nemlich der vielen wackeren Leute, die seiner Seiten, ins Gras gebissen; besorgend, sein gar zu hart nachhauendes Eisen dörffte, aus solchen harten Kieselsteinen, das Feuer der in etwas erkalteten Tapfferkeit wiederum herausschlagen, und eine frische Brunst zu fechten erwecken. Denn die Noth verwandelt sich nicht selten in Tugend: und die Verfolgung gebiert Verbitterung, diese aber bisweilen die Rache. Also begnügte er sich, mit der Wahlstat, und begab sich zurück, nach seiner Flotte.

Was geschicht aber? Indem er will zu Schiffe gehen; siehe! da kommt ein Pfeil, durch die Lufft, daher geflogen: dessen Jedermann um so viel mehr erschrack, weil er nicht gerad zu, sondern, hie und da herum, strich, gleich als suchte er Jemanden, dem er möchte in den Leib fahren. Nachdem derselbe also eine Zeit lang herum geschwebt, und ein Jeder, mit forchtsamer Entsetzung wartete, auf wessen Haut er ziele, fiel er endlich dem Haquin allein in den Leib. Etliche haben vermeint, deß Haralds Mutter, Gumilda, welche in der Zauberey, eine Ertzkünstlerin gewesen, und in Finnmark, da sie auferzogen, solche Kunst gelernet, habe dem Haquin diesen Pfeil geschickt, und damit die Niderlage ihres Sohns gerochen. Welcher nach dem Tode Haquins, die Norwegische Cron überkommen.

Dieses, was ich weiter sagen werde, ist noch älter, und[686] von vorgenanntem Authore, im ersten Buch, verzeichnet. Ulfo, der König in Schweden, hatte eine trefflich-schöne Tochter, und ließ sich offentlich vernehmen, wer den Dänischen König Hadinger würde erwürgen, der solte, für solchen [50] getreuen Ritter-Dienst, mit dieser Schönheit belohnet, und ehelich vermählet werden. Hierauf fand sich Einer, mit Namen Thuningus, welchem, nach solchem niedlichen Bissen, das Maul wässerte, derselbe gedachte, die Königliche Eydamschafft wäre einer solchen Unterfahung nicht unwürdig; nahm derhalben einen gewissen Haufen Biarmier zu sich, in Hoffnung, durch dieser Leute Künste, das vorgeschlagene Heirath-Beding zu erfüllen. König Hading machte sich, nach Einnehmung solches feindlichen Vorhabens, geschickt, ihn nach Verdienst, zu empfahen: und, indem seine Flotte Norwegen vorbey segelte, ward er eines, alten am Ufer stehenden, Manns ansichtig, der mit seinem Mantel (oder Rock) winckte, man solte herbey fahren. Ob nun gleich deß Königs Gefährten riethen, er solte die Segel, in ihrem Fluge, nicht aufhalten, noch den Vortheil der Eile verlieren: ließ ihn doch der König in sein Schiff holen, und lernete, von ihm, wie er seine Kriegshauffen, zum Treffen, solte ordnen. Er, der Alte, selbst stellete sich hinter der Dänischen Soldatesca ihrem Rucken, und zog, aus einem Sack, der ihm am Halse hing, einen Bogen herfür: welcher anfangs nur gar klein, nachdem er aber gespannet viel länger schien, und legte zehen Pfeil auf die Sennen. Diese schoß er, auf den Feind, loß, und machte damit so viel Wunden, (oder vielmehr Leichen) als der Pfeile waren.

Die Biarmier, da sie merckten, daß die Waffen nichts schaffen würden, griffen zu ihren Künsten, und brachten ein starckes Regen-Wetter zu wegen. Hingegen machte der Alte eine dicke Wolcke, und verjagte damit den Regen. Worüber end[51]lich König Hading den Sieg behielt. Bevor der König den Alten von sich gelassen; hat Ihm derselbe gewahrsaget, er, der König, wurde, durch keine feindliche, sondern eigenhändige Gewalt, ums Leben kommen: und hat ihm gerathen, er solte nicht in der Nähe, sondern, in fernen Landen, Krieg führen. Solche Wahrsagung hat auch nicht gefehlet. Denn nachdem Hading dem treulosen König Ulfo, welcher ihn, auf[687] guten Glauben, gen Upsal, zu einer Unterredung, hatte erbetten, aber daselbst schändlich überfallen, und umbringen wollen, entrunnen, und denselben hierauf bestritten, auch im Streit erwürget; hat Er, deß Erschlagenen seinen Bruder, Hunding, zum Könige in Schweden gemacht. Nach Verfliessung einiger Zeit, sprenget das Gerücht fälschlich aus, König Hading sey, von seinem Eydam Guthorm, meuchellistig ermordet: wiewol viel mehr der Meuchelmörder selbst umgekommen war. Diese Zeitung bewegt den Schwedischen König Hunding, daß er seine fürnehmste Herren, und Ritter, zusammen fordert, ihnen einen ungeheuren Kübel voll Biers fürsetzt; um dabey seinem vermeintlich-erwürgtem Freunde, Hading, ein Leichmal zu trincken: vielleicht, damit ihm und seinen Gästen, von den starcken Trüncken, und Bier-Zügen, die Augen desto besser möchten thränen. Er selber nahm das Amt deß Schencken auf sich: um diesen feyerlichen Traur-Gelage desto grösseres Ansehen, auch den Ständen desto scheinbarere Zeichen seiner wolgeneigten Höflichkeit zu geben. Indem er aber, bey solcher Verrichtung, einsmals herum gehet, und zuschauet, ob auch den Gästen recht aufgewartet werde, stolpert er unversehens, [52] fällt in das tieffe Bier-Faß, und ertrinckt. Wie wol andre diesen seinen Tod mit etwas andren Umständen, beschreiben. Diese Post hat den König Hading so schmertzlich betrübt, daß er, vor den Augen deß Volcks, sein Leben, in einem Strick, beschlossen, und sein eigener Hencker worden. Massen, vielgedachter Saxo, am Ende deß ersten Buchs, gedenckt.

Stephanus Johannes Stephanius vermutet, (in seinen Notis uberioribus über das erste Buch dieses Historici) durch obbesagten Alten, werde der berühmte Ertzzauberer Othinus (oder Odinus) gemeint: welcher, wie der Homerische Polyphemus, nur ein Auge gehabt, und vielleicht noch so sehr aus einem Gedichte, als recht von Natur. Wiewol Edda fabulirt, er habe das andre Auge dem Mimera, da er von demselben, als Besitzern deß Brunnens der Weisheit, einen Trunck gefordert, verpfändet, und, mit solchem Trunck, grosse Klugheit eingesoffen.

Nichts gewissers ist, als daß diß ein heidnisches Poeten-Mährlein; unterdessen gleichwol vermutlich, dieser beschriene[688] Schwartzkünstler sey, in der Wahrheit, einäugig gewesen, und ihm entweder das andre Auge, im Kriege (sintemal er viel, und offt, und glücklich, gestritten) genommen, oder von der Natur nicht gegeben: weil er (rechter zu sagen, sein Gespenst) nach seinem Tode, stets einäugig erschienen. Denn wie M. Brynolfus Svenonius (in seinen Conjectaneis) bey gemeldtem Stephanio, erzehlet, so hat dieser Odinus, unter allen Zauberern allein, sich unterstanden, der Nachkommenschafft, zu versprechen, er wolte, auch nach dem [53] Tode, den Seinigen, in aller Gefahr, zur Hülffe kommen, wenn sie ihn würden anruffen. Welches denn der leidige Ausgang würcklich bestetiget; indem die Leute, nachdem er schon in der Erden gelegen, durch seine erscheinende Gestalt, nicht selten geäffet worden. Denn man hat ihn offt gesehen, in mancherley Kleidung; und zwar gemeiniglich, in einem langen Talar oder Ehr-Rock, der jetzt bunt und manchfärbig; wie er dem Sigismundo, auf dem Meer erschienen; jetzt Himmel-blau; als da er zur Hochzeit gekommen, ein Schwert in ein Holtz gehauen, solches auch darinn stecken lassen, und stillschweigends davon geschieden: welches Schwert hernach niemand anders, als der Volsung, wieder heraus ziehen können. Wie offt und vielmals er aber auch erschienen: so hat man ihn doch, nach Saxonis Bericht, allemal, in solcher einäugigen Gestalt, erblickt. So steiff hält der Teuffel sein Wort, wenn es, zur Verstärckung der Abgötterey, Un- und Aberglaubens, gereichen kan!

Von eben diesem Zauberer, Othin, wird, im ersten Buche Saxonis, gesagt, er sey durch gantz Europa, für einen Gott gehalten worden, habe aber, zu Upsal, zum öfftersten einzukehren pflegen, und selbigen Ort, entweder wegen der Einwohner albernen Tumheit, und Einfalt, oder wegen Lustigkeit der Gegend, insonderheit seines wohnbaren Aufenthalts gern gewürdiget. Die Nordische Könige liessen, zu desto klarerm Zeugniß ihrer Verehrung seiner vermeinten Gottheit, ihm ein güldenes Bild aufrichten, und schickten es, mit Fürwendung sonderbarer Andacht, nach Bizanz. Die Arme selbiges Bildes behenckten sie, mit vielen Armbän[54]dern. Solcher seiner berühmten Hochachtbarkeit freuete er sich sehr, und nahm die Ehre, mit grosser Begier, an. Aber seine Frau,[689] die, auf eine andre Weise, von dem Hoffarts- oder Kleider-Teuffel, besessen war, hat dem Bilde, durch etliche Zimmerleute, und Goldschmiede, das Gold abgenommen; und solches, zu ihrem Schmuck, anzuwenden. Welche Arbeits-Leute Othinus alle hencken, und das Bild, auf eine gähe überhängige Klippe stellen lassen, auch, durch wunderbare Kunst, verschafft, daß es schrie, so offt es ein Mensch anrührete. Weil aber seine Frau, Frigga, ein stoltzes Kleid höher achtete, denn ihres Manns Göttliche Ehre; unterwarff sie ihre Ehre einem ihrer Bekandten, dessen Verschlagenheit ihr das Bild abbrach, und das, zum offentlichen Aberglauben geweihete, Gold, zum Knecht und Beforderer ihres Prachts machte. Also wenig Schams und Scheu trug diß Weib, ihren Leib mit ehebrecherischer Schande zu besudeln; damit er nur desto stattlicher könnte prangen. Aber ihr Mann, Othinus, hat sich dennoch der Hörner sehr geschämt, und weil ihn nicht weniger die Zertrümmerung seines Ehren-Bildes, als die schandbare Hurerey und Unzucht seiner Gemahlin schmertzete; zoch er hinweg in die Fremde, um den Leuten beydes aus den Augen, und aus den Mäulern, zu entweichen. Meines Bedunckens, ist ihm nicht unrecht geschehen: und hätte er Fug gehabt, seiner Gemahlin zu dancken, daß sie ihm, am nechsten und leichtesten, ohn sonderbaren Kosten, zu seinem ehrsüchtigen Wunsch verholffen, indem sie ihn nicht zu einem gemeinen oder schlechten Abgott, sondern zu dem grössesten unter allen heidnischen Göttern, nem[55]lich zum gehörnten Jupiter Ammon, gemacht. Solche Gottheiten sind je solcher Krönung wehrt!

Nach seiner Abreise, hat sich ein andrer stoltzer Schwartzkünstler Mitothis genannt, herfürgethan, und die Gelegenheit, sich für einem Gott aufzuwerffen, erwischt, auch die arme Barbarn, durch seine Gauckel-Possen so weit bethört, daß sie seinem Namen Göttliche Ehre geleistet. Dieser Betrieger ließ sich vernehmen, es wäre nicht eben viel, mit wasserley Opffer man die Götter versöhnete: verordnete derhalben jedem sein Besonders. Als aber Odinus wiederkam; verzagte Mitothis an seiner Gauckeley, und machte sich auf in Pheoniam (oder Pæoniam) um allda verborgen zu bleiben: da ihm die[690] Einwohner, als einem Betrieger, den Hals gebrochen. Seine Bubenstücke haben doch noch nicht ruhen, noch sich, mit ihm, begraben lassen wollen. Denn die jenige, welche seinem Grabe zu nahe kamen, brachte er (der Teuffel vielmehr) um mit einem jähen Tode, und stiffte, nach seinem Ende, noch so viel Unheils, daß schier die Gedenckzeichen seines Todes, schrecklicher waren, denn seines Lebens, gleich als suchte er sich, an seinen Todschlägern, zu rächen. Weil er denn so grossen Sterb, und sonst mancherley Ubels anrichtete: grub das Volck seinen verfluchten Leichnam auf, hieben ihm den Kopff ab, und stiessen ihm einen Pfal durch die Brust. Worauf sie, für diesem Ungeheuer, und Leut-Verderber, Ruhe bekommen.

Unterdessen aber hat der sehr verdunckelte Glantz deß Othins, weil seine stoltze und verhurte Eheschänderin inzwischen verreckt war, sich wieder ausgehellet, und gleich als wäre die Verunehrung [56] seiner beleidigten Gottheit, durch so langes Ausbleiben, abgewischet, alle andre immittelst herfür geschimmerte Sterne falscher Gottheiten verfinstert, alle die jenige, sage ich, so sich himmlischer Ehren angemasset, alle Zauberer, und Hexenmeister, nicht allein aus ihrer Würde, sondern auch aus ihrem Vatterlande, verjagt, und allein den Platz der Gottheit behalten; bis ihn auch endlich der Tod gewürgt, und diß stoltze Aas dem höllischen Cerbero unter die Zähne geworffen.

Obberührte zehen Pfeile belangend, so dieser Odinus, unter die Schweden und Biarmier, losgeschossen; so sind dergleichen Zauber-Pfeile, von den Nord-Völckern, auch wol öffters gebraucht. In dem Streit der Wollinischen Meerrauber liset man, Haquin, ein Graf in Norwegen, habe die Unholdinnen Thorgerd, Holgabrud, und deren Schwester Yrpa (damit eben die Zahl der dreyen Furien voll würde) durch ein Opffer, auf die Norwegische Flotte gebracht: welche, mit so vielen Pfeilen, auf den Feind, zugleich gezielt, als sie Finger in den Händen hatten, auch so unfehlbar getroffen, daß ein jeder Pfeil seinen Mann zu Boden gelegt. Daselbst wird auch gedacht, daß diese drey gespenstische Hexen, wider besagte Schiffrauber, einen schrecklichen Sturm erweckt haben.[691]

Mit gleichen Stücken, hat der Dänische Seeschäumer Oddo andren Meerraubern offt eine Niderlage und Schiffbruch verursacht. In einem Treffen mit den Normännern, hat er den Feinden die Augen so zu begauckeln wissen, daß sie die Schwerter der Dänen nicht einmal ansehen können: weil sie, feurige Stralen von sich zu werffen [57] schienen, daher ihre Augen auch nicht einmal das blosse Zucken deß Dennemärckischen Eisens vertragen kunten, und sie also, durch den blossen Blitz ihrer Klingen, in die Flucht getrieben wurden: Wiewol nur sechs Schiffe, aus der gantzen Flotte, nacher Norwegen entrunnen.

Brynolffus erzehlt (beym Stephanio, in lib. Hist. Dan. Saxonis) Sigurd Fabnisban habe der Brynhillda fälschlich die Ehe versprochen, und sie unterdessen, an seines Weibes Bruder Gunnar Giucung, verkuppeln wollen; aber natürlicher Weise nicht zu ihr kommen können: weil die Brynhillda ihren Hof, mit einem umwährenden Feuer, umgeben hatte: durch welches Feuer sich niemand wagen dörffen, ohn Sigurd selbst, vermittelst seiner Schwartzenkunst. Gunnar hätte seine verschlossene Braut gern gesehen: wuste aber kein Pferd zu bekommen, welches ungescheut, mit ihm, durchs Feuer ritte; ohne deß Sigurds seines, welches Grana hieß. Dieses aber wolte seinen Rucken niemanden, ohn allein dem Sigurd selbsten, unterwerffen, noch sonst einigen Reuter leiden. Damit nun Sigurd, beydes das Pferd, und die Braut, täuschen möchte: hat er dem Gunnar seine Gestalt angezaubert, und also seine Vergnügung verschafft. Wie denn damals solche Teuffels-Künstler sich, so wol in allerhand menschliche, als Thier-Gestalten verstellen kunten: und ist vorgedachte Gunhillda, deß Erici Blodox Gemahl, als eine Finnländerin, dißfalls sonderlich starck im Geschrey gewesen, daß sie dergleichen Verblendungen meisterlich anzurichten wissen.

Hiebey muß ich auch der alten Runischen Zau[58]ber-Schrifft, in etwas Meldung thun: wovon gerühmter Stephanius folgende Nachricht gibt. Das Wort Runar bedeutet zweyerley; die uralte Dänische Schrifft, davon noch, hin und wieder, etwas zu sehen ist; und die Schwartzekunst, so in dergleichen Runis, oder alten Dänischen Littern, verfasst worden. Denn[692] der Runischen Buchstaben seynd zwo Gattungen gewesen. Der ersten gebrauchten sich die alten Runen, zur Anzeigung ihres Sinnes und Willens, zur Verzeichung ihrer Helden-Thaten, und andrer Nothdurfft. Von diesen Runen, ist auch die Dänische Sprache Runa Maali benamset worden. Die zweyte Art war, bey denen, so sich der schwartzen Kunst beflissen, gebräuchlich, und ein Werck-Mittel der Zauberer, ihre teuffelische Begauckelungen damit auszurichten. Die verblendten Leute schrieben denselben Buchstaben zu die Krafft, Menschen zu tödten, Bären, und andre wilde Thiere, zu bändigen, Wind und Schlossen zu erregen, Regen zu machen, Leuten den Verstand zu nehmen, die Geister der Verstorbenen herauf zu bringen, und andre Abentheuer mehr damit zu stifften. Durch solche Zauber-Littern, hat, wie Saxo im dritten Buche meldet, der Schwartzkünstler Othin die Jungfrau Rinda toll und thöricht gemacht; indem er sie, mit einer Baum-Rinden, darinn dergleichen aberglaubische Littern gezeichnet stunden, angerührt. Hiemit hat Guthruna, von welcher er, im 8. Buche redet, ihren Widerwertigen die Augen verblendet, daß sie sich selbsten unter einander gewürget. Diese Characteren nannten sie Ramruner; das ist, bittere Schrifften: weil die Hexenmeister, mit denselben [59] allerhand Beschwer und Plagen, Kranckheiten, Schmertzen, und anderes Unglück, ihren Feinden zufügten: wie solches Olaus Wormius, bezeugt.

Das Glossarium, oder Erklärungs-Buch der alten Isländischen Sprach unterscheidet die Runische Zauber-Schrifft, in gewisse Arten; als in Sigruner, das ist, Sieg-Schrifften; Brunnruner, oder Brunn-Littern; Mälruner, Ruch- und Rach-Raunen; Aulruner, Bier-Raunen; Biargruner, Hülff-Raunen; Limruner, Baum-Raunen oder Baum-Zeichen, und Hugruner, oder Hertz-Raunen.

1. Sieg-Raunen lernete der jenige, welcher, klug, listig, und verschmitzt zu werden, begehrte. Dieselbe stach er entweder in sein Degen-Gefäß, oder auf die Scheiden, Handschuhe, Posaunen oder Heer-Zincken; und sprach zweymal dabey den Namen Tyr.

2. Die Brunn-Raunen gebrauchte man, zu Salvirung der Güter, so etwan, auf dem Meer, in Gefahr schwebten:[693] wurden, in die Mast-Bäume, geschnitten, wie auch auf das Steurruder.

3. Die Mälruner Rach-Littern, dienten ihnen, zur Rache und Vergeltung des erlittenen Schimpffs: schnitten derhalben selbige, in die Zäune oder Gattern, Gezelte, und Sessel deß Gericht-Platzes, da man die Sachen verhörte.

4. Bierraunen solten davor seyn, daß man, durch kein fremdes Weib, betrogen würde. Und diese grub man in das Trinck-Horn, wie auch auf den äussern Theil der Hand, und bezeichnete einen Finger-Nagel, mit dem Buchstaben Naud.

5. Biargrunar, oder Hülff-Buchstaben ler[60]neten sie, den kreyssenden Frauen die Gebärung zu erleichtern. Dieselbige schrieb man, auf die flache Hand, legten solche alsdenn auf die Hüfften, oder andre Gliedmassen; und rieffen dabey an die Dysas, oder Lebens-Göttinnen.

6. Limrunar, oder Baum-Schrifften, muste der jenige verstehen, der ein berühmter Artzt werden, und die Wunden glücklich heilen wolte. Man zeichnete sie in Baumrinden, und Blätter, welche sich, nach dem Mittage zu, lenckten.

7. Hugruner, oder Hertz-raunen, machten behertzter und ungewöhnlich-mutig. Dieselbe bildete man auf das geheime Glied, und an die Brust. Welches allhie nicht solcher Bedeutung erzehlet wird, als ob selbigen Characteren dergleichen Kräffte beywohnten, und Jemand ihm einbilden solle, er könne dergleichen auch, mit unverletztem Gewissen, versuchen: sondern daß man, an diesen Exempeln, lerne, aller Aberglaube sey deß Teufels Werck, und der damit umgehet, sein verbundener Knecht. Uber vorgemeldte, hatten, sie auch Suartruner, Schwartz-Raunen, Schwartz- oder Schattendunckle Buchstaben: womit sie die Geister der Verstorbenen beschwuren, und herauf brachten: und den Stab oder das Holtz, worauf sie geschnitten waren, nennete man Runarkiæfle. Welches, wie es Brynolfus Svenonius auslegt, so viel als ein Runisches Reislein bedeutet. Man hält dafür, eine jegliche Runa, oder Zauber-Litter, sey einem besondren Abgott, oder Teuffel, geheiliget worden, auch auf gewisse Weise, an gewisser Stelle, mit besondern Zau ber-Worten, und Instrumenten, bisweilen auch mit dabey angestelleten Opffern, ein[61]gegraben worden;[694] wenn man dieses, oder jenes, erlangen wollen. Was nun diese, damals noch heidnische Nord-Völcker, mit ihren Littern, und Zauber-Worten verrichtet; dazu gebrauchen, andrer Orten, die Satans-Knechte mancherley andre aberglaubische Possen. Welches, unter andren, beweiset, daß solche Zeichen gantz nichts vermögen; sondern allein der verdammte Aberglaube, und geheime Bund mit dem Teuffel, solches würcke. Denn Aberglaube, und Verleugnung Gottes, sind die Müntze, wofür er ihm seine Dienste, und abentheurliche Würckungen, bezahlen läst; wolwissend, daß zugleich deß armen Menschen Seele mit in den Kauff gehe. Vormals, als das Heidenthum noch, in seiner verderblichen Blüte stund, musten die Zauberer allerley heidnische Götter, vorab den Pluto, und die Hecate, anruffen, auch ein blutiges Opffer thun, wenn sie eine unnatürliche Hülffe, oder die Erscheinung deß Geistes eines Verstorbenen, begehrten. Nachdem aber das Evangelium den höllischen Geistern die Larve aufgedeckt, ihre Schande entblösset, und es welt-kündig gemacht, daß sie keine Götter, sondern verfluchte Engel, und Gottes abgesagte Feinde; so fordert der arglistige Teuffel nun nicht mehr, daß die, so sich freywillig wiederum, in seinen Dienst begeben, ihn Jupiter, Merkur, Saturn, oder Pluto, tituliren sollen: sondern wählet selber andre Namen, die solchen unseligen Gottes-Verleugnern, aus der Christlichen Lehr, bekandt sind, als Lucifer, Belial, Leviathan, u.a.m. ändert ihnen auch gemeiniglich ihren Tauff-Namen: welches er keinen Heiden ehe dessen gethan. Er heischet auch nicht mehr, unter den ver[62]leugneten Christen, ein Vieh, zum Schlacht-opffer; wie vormals der heidnische Pluto, wenn man die Verstorbenen herbey rieff: sondern begnügt sich damit, daß der Zauberer, und alle die jenige, so den Zauberer, zu einer so teufflischen Handlung, bemüssigen, ihm ihre arme verschertzte Seele aufopffern. Kan er sie aber, zu unmenschlichen Grausamkeiten, bereden, und unschuldiger Kinder Blut, zum Opffer, bekommen; ist ihm solches desto lieber, und sein lieblichster Syrup. Wenn der Mameluck, Julianus, eine Wahrsagung, oder dergleichen etwas, verlangte, kostete es vielen schwangeren Weibern das Leben. Jene Hexe zu Endor machte so viel blutiger Weitläufftigkeit[695] nicht; sondern murmelte, mit etlichen Worten, den falschen Samuel, aus der Erden, herfür. Johannes Teutonicus führte, durch etliche Beschwerungen die Todten (verstehe die Teufel, in der Todten Gestalt) ins Gemach, um seinen Gästen ihre verstorbene Eltern zu zeigen. Denn weil er, obgleich von geringen Eltern, und noch dazu in Unehren, geboren, demnach durch seine Geschicklichkeit, und gelehrte Wissenschafft, zu Halberstadt einen Canonicat, oder Thümerey, erworben hatte, wozu sonst nur Edelleute gelangten; begleitete ihn der Neid, und ward er, von seinen Collegen, schimpfflich verachtet, nicht allein als ein Unedler, sondern auch wie ein Huren-Sohn; muste überall viel Stichworte einfressen. Diesen Neidhämmeln und Spöttern nun das Maul zu stopffen, bat er sie einsmals zu Gaste; und nachdem man mancherley lustige Schertz-Reden über dem Essen, vorgebracht, fragte er sie, ob ihnen beliebte, daß ein jedweder seine Eltern sähe? Mit [63] grosser Begier, und Bitte, lagen sie ihm an, solches zu verschaffen. Hierauf sprach er nur einige Beschwerungen; da traten gleich mancherley häßliche Gestalten auf; als Stallknechte, Koch-Jungen, Hof- und Schalcks-Narren: deren Angesichter ihnen gar wohl bekandt waren: weil sie dieselbige, ihrer eigenen Bekenntniß nach, in ihrer vermeinten Eltern Wohnungen, gesehen. Zuletzt hat er auch seinen Vatter herauf gebracht, in Gestalt und Kleidung eines dickbauchigten Priesters. Nachmals, als die Gespenster wiederum fortgeschafft; sprach er zu seinen Gästen: Sagt mir nun die Wahrheit, ihr Herren! wessen Vatter schätzt ihr ietzt für edler? Sie aber stunden, voller Bestürztung und Scham, auf; als die jetzo besorgten, ihre Mütter hätten schändlich die Ehe gebrochen, und in solcher Unreinigkeit sie zur Welt getragen. Also zoch ein jeder seine Schnecken-Hörnlein ein, und ging heim, mit grossem Unmut. Massen Delrio diese Begebenheit, in seinen Disquisitionibus magicis (l. 2. quæst. 30. Sect. 2.) erzehlet. Wer versicherts aber, daß der Satan nicht manchen, unter diesen Gästen, mit einer erdichteten Gestalt, habe geschimpfft, und auf Anstifftung des Beschwerers, gantz unrechte oder falsche Personen, für dieses oder jenes rechtmässige Eltern, ausgegeben? Doch sie sind deß Betrugs wehrt[696] gewesen. Denn wer, mit einem wissentlichen Ertzbetrieger, sich in Handlung begiebt, dem geschicht kein Unrecht, wenn ihm derselbe den Gecken sticht.

Unter dem hinterbliebenen Geschlechte der alten Perser sollen sich, noch heutiges Tages, manche reiche Leute freywillig verbrennen. Am dritten [64] Tage nach ihrer Veräscherung, gehen zween heidnische Pfaffen, mit zween Zeugen, hinaus vor die Stadt, führen den verbrannten Hausvatter wiederum mit sich herein, zu seinem Weibe und Kindern: damit er denn allererst seinen letzten Willen ihnen andeuten, und gleichsam nach dem Tode, seyn Testament machen möge. Wovon die 62. Erzehlung meiner dritten Acerræ Exoticorum mehr Umstände ertheilet.

Wer kan sagen, daß in solchen verschiedenen Ländern solche Todten-Frage, mit einerley Ceremonien, vollen-bracht werden? Und wenn der Satan die Welt, weder in diesem, noch andren Stücken, nicht überall, an gleiche Ceremonien und Regeln verbindt; wie kan denn die Würckung, aus den Ceremonien, oder Worten, und nicht von ihm selbsten, erfolgen? der Unglaube ist nemlich aller der unnatürlichen Teuffels-Geschäffte einiger, und allgemeiner Grund. Wo diese Wurtzel steckt, da kan dergleichen schädliches Unkraut überall aufgehen, und wachsen. Daher kommt es, daß unter erstbeschriebenen Zaubrischen Raunen, oder alten Finnischen und Dänischen Characteren, keinerley. Würckung zu benennen, die nicht, bey andren Nationen, auch ohne solche Raunen, durch sonst andre Hexen-Bräuche, ins Werck zu setzen stünde. Gilt es Sturm und Wetter-machens? die Truden, in andren Ländern, könnens auch, und zwar ohne Hülffe der Raunen, oder Zauber-Schrifft. Muß es, zu Meer, gefochten seyn? der Algierische Seerauber bedarff dazu keiner Sieg- oder Hertz-Raunen; sondern nur etwan eines Hammels, welchen er schlachtet, und, bey Sprechung etlicher aber[65]glaubischen Worte, die Viertheil, ins Meer, wirfft, so kan er allerhand Bubenstücke damit stifften, als wahrsagen, und dergleichen. Wiewol ihm dennoch offt solches Mahometisches Teuffels-Opffer nichts hilfft. An Statt der Bier- und Hülff-Raunen, behelffen sich, hiesiger, und andrer Örter, deß Satans Creaturen, mit[697] mancherley andren Erfindungen. Dem heutigen Lapponier sind solche Raunen gantz unbekandt; hingegen zehenderley andre unziemliche Mittel bewust, vom Teuffel Hülffe zu er langen. Und ob gleich Dennemarck, von den Zauber-Littern, Gottlob, wenig mehr übrig hat, auch niemand daselbst nunmehr damit weiß umzugehen, und es bey weitem so viel Hexenmeister allda nicht mehr setzt: so hat doch, wie wir oben gehört, Lappland der bösen Künste noch mehr als zu viel. Und was manchem Nordischen Lande, an Menge der Beschwerer, jetzt abgangen; das ersetzt der Bösewicht anderswo, fürnemlich, in unglaubigen Königreichen, mit grossem Uberfluß.

Die Völcker in dem Africanischem Königreiche Cenega, wissen (wie uns die neue Africanische, und theils Guineische, Beschreibungen versichern) auf eine sonderliche Art, die Schlangen zu beschweren. Wenn sie eine Schlange zischen hören; können sie machen, daß sie alsbald weichen muß, auch wenn sie ihren Gifft gebrauchen wollen, alsdenn können sie eine grosse Anzahl in einen Kreiß zusammen bringen: derer Blut, sie mit dem Samen eines Baums vermischen, und damit ihr Gewehr bestreichen. Dieses Gifft ist dermassen kräfftig, daß derselbe, den sie mit solchem Gewehr verletzen, innerhalb einer halben Stunde sterben muß.

[66] Sie vermessen sich hoch, jemanden also zu bezaubern, daß er durch eine langwierige Kranckheit, sterben muß. Den jenigen, der etwas gestolen, vermögen sie durch ihre Zauberkunst, an den Ort, da der Diebstal geschehen, zu bringen, und wissen ihn zu nöthigen, daß er das Gestolene wieder geben muß.

Man hält den König von Juala, selbst vor einen grossen Zauberer, wie sie fast alle seynd. Er kan, wie die Einwohner sagen, eine grosse Menge Volck durch seine Zauberey zuwege bringen, daß ihn kein Feind angreiffen darff.

Wilhelm Block bezeuget, in seinem Reichsbuche, daß der König von Kassan, Namens Magro, der vor etlichen Jahren regirte, so viel beschworner Bänder und Schnüre um dem Leib hängen gehabt, daß ein Mann gnug daran zu tragen gehabt. Er konnte, wenn er sich nur bewegte, so viel Wind machen, als wenn es gestürmet hätte: und dieser Wind ward[698] allein an dem Orte, da er stund, vernommen. Auch wuste er eine Flamme, mit einem solchen Klange, als wenn man eine Orgel-Pfeiffe hörte, aus der Erde zu erwecken: und dieses war die Antwort, auf seine Beschwerung. Massen dieses, und nachgehendes, D. O. Dapper, in seinem Africa, erzehlet.

Unter den Einwohnern deß Königreichs Quoia, findet man viel Schwartzkünstler, welche mit Kräutern, und Zeichen, wie auch andern dergleichen Dingen seltsame Sachen wissen zu verrichten; deßgleichen auch andre, welche sie Souah-Monu, das ist, Gifft-Eingeber, oder Blutsauger, nennen, welche jemand, in seinem Abwesen, das Blut abziehen, und ihm grosse Schmertzen zufügen können.

[67] Man findet auch Leute, welche ein Kind, oder den Reiß, oder eine Pflantze, und dergleichen, indem sie es loben, beschädigen und verderben können. Diese nennen, sie Senart, und die Kunst selbst Pilli: alle die böse und schädliche Künste Suachmonusin; derer überaus viel, wenn sie vor Gericht seynd angeklagt, mit dem Tode gestrafft werden.

Das obgemeldte Wort Sovah, oder Sovach, bedeutet bey ihnen eine böse Einbildung, oder Schwermut, böse Einfälle, alles Böse, oder den Teuffel selbsten. Diese Schwermütigkeit, wie sie sagen, plaget die entzuckten und halb-wahnwitzigen Menschen dermassen, daß sie offtmal im Busche herum lauffen, mit Wehklagen, als die ihr Gemüt in ihrem gegenwärtigen Glück nicht befriedigen können; sondern werden zur Rache, und ihren Nächsten zu beschädigen, durch den Neid gereitzet. In diesen Gedancken erscheinet ihnen Sovah, in Gestalt eines Thiers, Baums, oder Krauts, welches sie anredet, und das Beschädigen der Menschen lehret. Hierauf wird derselbe, den Sovah auf solche Art anredet, am Verstande dermassen verblendet, daß er die Vernunfft gäntzlich verlieret, und offt die Menschen vor Meerkatzen, oder Affen ansihet, keinen Unterschied unter Feinden und Freunden machet, dergestalt, daß er eben so leicht einen seiner nächsten Blutsfreunde, als einen Fremden, tödtet. Auf diese That gehen ihm die Augen auf, also daß er alle Beschwernissen erwieget: Auch lernet einer von dem andern diese Kunst: nemlich was für Kräuter, Zeichen, und dergleichen zu gebrauchen seynd, jemand zu[699] tödten, oder zu beschädigen.

Durch die Zauberey Pilli, werden alle Dinge [68] beschädiget, es sey, was es wolle; als Menschen, Kleider, Gewächse, Eisenwerck, und dergleichen.

Etliche ziehen durch eine Nähnadel von Bley oder Kupffer, eine Spinnwebe, sie fliegend zu machen. Diese lassen sie nach demselben den sie gedencken zu bezaubern, hinfliegen, und bringen ihn solcher gestalt in Lebens-Gefahr, ja tödten ihn wol gar, wenn er nicht bey Zeiten Artzney gebrauchet. Dergleichen Kunst wird insgemein an hochmütigen stoltzen Leuten, ihren Trotz zu legen, verübet.

Wider diese Sovah Belli, oder böse Kräuter, hat man etliche Gegen-Mittel, dadurch der Mensch, wenn er sie zuvor einnimmt, beschützet wird, daß ihn kein Sovah-Belli tödten kan, sondern alsobald krafftlos wird. Aber wenn Sovah zuvor eingenommen worden, alsdenn ist keine Artzeney so kräfftig, diese Bosheit zu vertreiben, wenn man gleich alle Mittel zur Hand nehmen würde.

Die Einsamkeit, halten die Einwohner für die Ursach dieses Ubels. Darum dörffen die fürnehmsten Leute, wie kühne, sie seynd, sich nicht allein in den Busch wagen: es wird auch nicht für ehrlich gehalten, wenn sich jemand ohne Gesellschafft dahin begibt. Leute von Ansehen haben im Gebrauch, allezeit mit einem Gefolge auszugehen, theils aus gemeldter Ursach, theils damit sie Beystand haben, wenn sie von wilden Thieren angefallen werden. Denn sie sagen, wenn man jemand bey sich hat, so gibts allezeit Gelegenheit etwas zu reden, und die schwermütigen Gedancken zu vertreiben. Item niemand, der bey Gesellschafft ist, auch Sovah nicht wünschet noch verlanget, wird von ihm angesprochen.

[69] Die Leute in dem Königreiche Biafar, oder Biafra, so auf der Ost-Seite deß Africanischen Königreichs Benin ligt, seynd mehr, weder andre Schwartzen, zur Zauberey geneiget; und glauben, daß sie Krafft dieser Wissenschafft, Regen, Blitz, und Donner zuwege bringen können. Und deßwegen ehren sie den Teuffel so hoch, daß sie ihm nicht allein Kräuter und Thiere, sondern auch ihre eigene Kinder opffern.

Es würde mir, zu beschreiben, und dir, zu lesen, beschwerlich[700] fallen, wenn ich, von Angola, und Ägypten, als der rechten Großmutter aller Hexereyen, reden solte.

Das grosse America, so des Teuffels-Geschmeisses voll steckt, will ich deßwegen auch nur, mit wenigem, berühren.

Unter den Völckern in Neu-Franckreich, gibt es gewaltig viel Zauberer, so man Pillotoas nennet, und für gar hochehrwürdige Leute achtet. Dieselbe werden unterweilen gantz rasend, und zerschlagen sich selbsten so unbarmhertzig, daß überall Blut hernach gehet.

So seynd auch die Einwohner Neu-Bataviens dem Teuffels-Dienste, und der Zauberey, gar sehr ergeben. Ihre Zauberer springen, mit abentheurlichen Geberden über Hals und Kopff, schmeissen auf sich selbsten zu, als wie die Unsinnigen; lauffen, in voller abscheulicher Wüte, bald um, bald durch das Feuer. Nachdem sie solches wüste Spiel eine Weil getrieben; heben sie alle zugleich ein schreckliches Geschrey an: weil alsdenn, ihrem Fürgeben nach, der Satan in Gestalt eines zahmen und wilden Thiers, ihnen erscheinet. Das zahme bedeutet [70] ihnen was Gutes; das Wilde, etwas Böses. Aus beyderley Erscheinungen, wollen sie künfftige Dinge und Geschichte anzeigen. Wofern ihnens aber der Teuffel gantz dunckel und undeutlich macht; rechnen sie es nicht seiner, sondern ihrer selbsteigenen Unwissenheit zu: und wenn der Ausgang ihrer Weissagung nicht gleich fällt; entschuldigen sie es damit, daß sie deß Teuffels Meinung nicht recht eingenommen. Sonst werden manche Leute auch, von diesem Teuffels-Gesipp, dergestalt verhexet, daß sie sich ins Feuer stürtzen, mit grausamen Schlägen wider sich selbsten wüten, und vor Tob- Sucht mit den Mäulern schäumen. So bald aber diese Hexenmeister solchen Bezauberten ein paar Worte ins Ohr reden; hört die Raserey auf. Scheinet, daß sie solchen Leuten den argen Geist selbst also einbannen, daß er sie besitzt, und, auf deß Zauberers Winck, wieder von ihnen weicht. Was in andren Americanischen Ländern, für Teuffels-Künstler zu finden; suche, in dem, unlängst ausgangenem, America, D. Dappers.

In Asien, hat der unsauber Geist ebenso wol, dieser Art, Knechte die Fülle; sonderlich, unter den Mahometanern. Bey[701] welchen, die ärgsten Zauberer und Schwartzkünstler gemeinlich für grosse Heiligen, und Wunderthäter, geachtet sind; indem das alberne Volck alles, was ihre Maribeuts, oder heilige Einsiedler, durch deß Satans Würckung, thun, für lauter Gnade, Hülffe, und Wolthaten deß Mahomets, aufnimmt. Die in der Flucht begriffene Sclaven, oder ausgerissene Christen, Schiffe, mitten auf der See, anzuhalten, ihnen den Wind zu legen, zu nehmen, zu [71] verändern, ja sie gar wider ihren Willen, wiederum nach dem Meerrauber-Hafen hinzu reissen, auch die im Schiffe verborgene Sclaven, so etwan mit einem fremden Segel durchzugehen willens, dermassen zu ängstigen, daß sie freywillig herfür springen, und wieder kommen, das wird alles ihrem wunder-würckendem Gebet zugemessen. Ihre grosse Heiligkeit kan sich, auf einen Mantel, setzen, und also über Ströme und Seen fahren, gleichwie in Schiffen. Von der Fest-Kunst, haben sie bishero fast wenig gewust, auch noch nicht ihrer viel davon Wissenschafft: die Ehre, dieser nicht feine Ruhm solcher Meisterschafft will den Europeischen bösen Christen schier allein bleiben; sonderlich den ruchlosen Soldaten, die sich, mit Hülffe deß Teuffels, Schuß- und Hiebfrey machen können. Ja! was rede ich, von schlechten Soldaten? da doch auch wol hohe Officirer, und Stands-Personen, manchesmal, mit dieser höllischen Fest-kunst, verpechet, und angesteckt sind, und derselben sich destoweniger scheuen, weil sie darum, gegen dem Teuffel, kein einiges Wort will geschweigen ausdrückliches Gelübde, verlieren dörffen, indem sie mehrmaln, von einem andren, nur ein zusammgewickeltes Papierlein, oder dergleichen Etwas, darauf etwan ein Scorpion, oder andres Zeichen stehet, empfangen, und solches mit einigen Bedingungen, als daß sie es nicht müssen netzen, und andern Regeln mehr, bey sich tragen; in Meinung, sie seyen deßwegen dem Teuffel, mit ihrer Seelen, im wenigsten nicht verbunden, sie hange darum eben nicht fest an ihm, ob er gleich ihren Leib habe fest gemacht, und verstählert. Diese Edlen und Gewal[72]tige, welche schwerlich geschrieben stehn im Buch deß Lamms, sondern viel mehr deß Wolfs, mögen dennoch kecklich glauben, daß sie näher, mit dem Seelen-Feinde, verhengt seyen,[702] weder sie ihnen einbilden, und mit der Höllen in genauer Kundschafft stehen. Wer deß Teuffels Malzeichen führt, der ist so wohl deß Teuffels, als eine Hexe, die der Satan, mit einem Malzeichen, marcket; wenn er anders weiß, daß er dergleichen aberglaubische Sachen bey sich trage. Dem Teufel wird nicht nur offenbarlich, sondern auch verborgener Weise, gedient, und zwar offt so unvermerckt, daß die, welche in seinen Diensten sind, es selbst nicht wissen (aber wissen solten und könnten) und sich vielleicht ehe tödten, als nöthigen liessen, dem Satan ausdrücklich zu huldigen. Solcher Gattung sind die jenige, welche gesehen, oder sonst wissen, und leichtlich mercken können, daß andre diß oder jenes Stücklein, durch eine Verbündniß mit dem Teufel, an sich gebracht, sie aber, ohne dergleiche Verbündniß (nemlich sonder ausdrückliche) ihnen solches Stücklein nachthun, und gleichwol eben dieselbige Krafft und Würckung alsdenn darinn spühren. Ja! auch allerdings die dienen dem Teufel, welche es, von andren, die von solcher Bündniß nichts wusten, gelernet, und meinen, es geschehe nicht, durch den Satan, sondern von Natur, als welche weit ein Mehrers vermöge, weder man ins gemein vermute. Denn sie solten den Warnungen gewissenhaffter Lehrer gehorchen, und nicht ihrem eigenen trieglichen Dunckel. Vossius rechnet (lib. I. de Origine et Progr. Idololatr. c. 8.) hierunter dieselbige insgesamt, die etwas, entweder mit Wor[73]ten, oder unbekandten Zeichen, verrichten, was über menschliches Vermögen steigt; angemerckt, vermutlich, mit solchen Worten, oder Characteren, andre, so derselben, bey ihrem Vergleich mit dem Teuffel, am ersten mal sich bedienet, die Namen, oder Anruffung der bösen Geister, damals, als der Bund gemacht ward, bezeichnet worden. Solche Mutmassung gewinnet hiedurch grosse Stärcke, daß sie fremden und unvernemlichen Worten, grössere Krafft zulegen, weder den verständ- und deutlichen: wie Johannes Picus, Fürst von Mirandula, in seinen Sätzen, oder Aufgaben, erwehnet. Gesetzt aber, es wären dergleichen Teuffels-Namen, oder Anbetungen nicht darunter versteckt; wie zwar höchlich zu besorgen: so sind doch nichts destoweniger auch die bekandten, und an sich selbsten unverwerffliche Worte, ein teufflisches Geheimniß,[703] und aberglaubisches verdammtes Werck, wobey der Satan seine stumme Bedingung (pactum tacitum) hat, als offt dieselbe gesprochen, und gebraucht werden, zu solchen Verrichtungen, so in keines Menschen Macht, oder Vermögen stehen. Als wenn Homerus dichtet, Ulysses habe, mit gewissen Worten, das Blut gestillet, an dem verwundten dicken Oberbein. Wenn nun allerdings die Worte, womit man was übermenschliches zu würcken trachtet, den Menschen, mit dem Teuffel, unvermerckter Weise, in einen stummen Bund einflechten, und verwickeln; wie viel augenschein- und mercklicher die Zeichen, womit sich besagte Cavaliers, ohne mündliches Versprechen, oder Teuffels-Gelübde unverwundlich machen? Sie verwunden gewißlich ihre Seele damit, bis auf den Tod.

[74] Diese Festungs-Kunst mag einer einem Gemsen-Kraut, der andre einem andren, so zu gewisser Zeit, und bey Aufgang besonderer Gestirne, gelesen, zuschreiben, oder solche Teuffels-Possen beschönen, wie und womit er will: so sind und bleiben sie deß Teufels Werck: und wird kein Mensch nimmermehr, aus seiner Vernunfft, ein natürliches Mittel hiezu ersinnen; ob es gleich in der Natur wäre: sondern der Teufel muß es ihm zeigen: sonst wäre es so lange Zeit, von so vielen hundert Jahren hero, nicht unbekandt verblieben, würde sich auch ein ehrlicher Rittersmann dessen so wenig, als eines Harnisches, Pantzer-Hemdes, Helmens, und guten dicken Elend-Kollers, zu schämen haben; sondern seine Festigkeit gern gestehen. Daß aber die Kunst allbereit uralt sey, giebt die Fabel vom Achilles gnugsam zu mercken: welchen seine Mutter in den Styx-Fluß getaucht, und ihm hiedurch den gantzen Leib unversehrlich gemacht: ausgenommen die Stätte deß Fusses, da sie ihn begriffen, und gehalten, in dem sie ihn gebadet. Welches nicht unbillig die Gelehrten dahin deuten, Achillis Mutter habe hexen können, und gemacht, daß ihr Söhnlein gefroren war: daher er nachmals, in dem Trojanischen Kriege, andre Kriegs-Helden leichtlich übervortheilen können. Etliche wollen gleichfalls das Platonische Lehr-Gericht (in Minoe) von dem Talo æreo, dessen auch Apollonius (in fine 4. Argonaut.) gedenckt, hierauf ziehen: wie wol andre demselben einen andren Verstand zu[704] eignen. Aber alle dergleichen Fabeln, (worunter dennoch die Warheit verborgen stecken kan) ausgesetzt, so müssen doch gewißlich die alten Egypter, von der Unverwund[75]lichkeit, Kundschafft gehabt haben. Sonst hette Orus (oder Horus) in Hieroglyphicis, das ist, unter den heiligen Bild-Schrifften, nicht gedacht, wenn Jemand mit der Haut von der Hyæna, das ist, von einem Vielfraß, bedeckt, mitten in die Feinde fiele, könnte er doch nicht verletzt werden: daher auch die Egypter, zu Ausbildung eines Mannes, der keine Lebens-Gefahr scheuet, eine Vielfraß-Haut gemahlt. Ob nun zwar hiebey, in der rechten Ursach solcher Unverletzlichkeit, gefehlet, und besagte Haut die Krafft nicht hat; angemerckt, sonst kein Fürst, oder General, so arm wäre, daß er ihm dieselbe nicht, zu Salvirung seiner Haut, kauffte: erhellet doch so viel daraus, daß die Egypter von dem Fest-machen, etwas gewust; aber solche Zauber-Kunst, mit der Haut dieses Thiers, vor den Augen und Ohren gemeiner Leute, vielleicht bemänteln und verhüllen wollen. Wer Lust hat, besehe hievon weiter Burchgravium, in seinem Achille; imgleichen Torreblancam (in Dæmonologia l. 2. c. 23. n. 14.) Sprengerum, und andre, (la chemise de necessité) das Noth-Hemde, dessen Bouchet, (Tom. 3. des Serces chap. 25.) nebenst andren Mitteln, so man ehedessen dazu brauchte, gedenckt, kan solches gleichfalls erweisen: Wie im gleichen, was Besoldus (de Belli arte et Jure fol. 44. et 60.) davon schreibt.

Nunmehr hat der verführische Geist, und Tausendkünstler diese Kunst, in die Krieg der Christen, als in einen bequemen Acker zum Unkraut, unter die Soldaten leider! häufig ausgesäet; auch wol manchen, ausser dem Kriege, beygebracht, und zwar offtmals solchen, denen sie am allerwenigsten [76] geziemte. Gleichwie nun dieser Verächter und Verderber menschliches Geschlechts den Menschen seine heillose Hülffe insgemein, gegen die allerschrecklichste Sünden, auswechselt: also bläset er auch mehrmals seinen Sclaven ein, daß sie, durch Mißbrauch der gesegneten Hostien, die Leibes-Festung erwerben, und zwar gemeiniglich, unten in die Fersen (O grausamer, abscheulicher Frevel!) thun. Wie man solches, an vielen, befunden hat, die, in dem vorigen, vielleicht auch jetzigen,[705] Teutschen Kriege, wenn man sie mit Prügeln todtschlagen wollen, eher nicht sterben können, bevor man ihnen solche Hostien heraus geschnitten. Auch dieses Stück ist, aus unsern Ländern, in die Barbarey gekommen.

Im Jahr 1639 hat die Regierung zu Algier einen, Namens Ibrahim, zum Käiserlichem Statthalter deß Orts gemacht, wegen seiner vermeinten Wunderthaten, im Kriege: sintemal er, aus allen Treffen mit unzerrissener Haut, heimritte, und die Kugeln von seiner Kunst zurück prelleten, als ob man ein Händlein voll Erbsen dran geworffen hätte. Weßwegen ihn alle Türckische Augen, so dieses sahen, für einen heiligen Wunderheld hielten, und männiglich seinen Rock, ja so gar auch sein Pferd, nicht anders, als wie das grösseste Heiligthum, küssete; wenn er nur dazu kunte gelangen. Er hatte aber, von einem Römisch-Catholischen Ordensmann, zwo consecrirte Hostien erkaufft, und selbige den Fersen einverleibt: war also hiedurch, für Hieb und Schuß, privilegirt. Weil nun die Barbaren damals, von Festmachen, annoch nichts hatten gehört; war solche Teuffels-Würckung, in ihren Gedancken, ein sonderbares Mirackel, und Ibrahim [77] ein grosser Heiliger. Nachdem mal aber endlich der Geitz ihm allgemach allerley schlimme Händel eingeblasen; ist er, von dem Divan, zuletzt seiner Würde entkleidet, und Tods-würdig erkläret worden. Dawider er aber sehr protestirte, und, ob gleich sein Verbrechen am hellen Tage lag, dennoch Gott zum Zeugen seiner Unschuld rieff. Als nun sein eigener Sclav, ein gefangener Christ von Lübeck, ihm, auf Befehl deß grossen Raths, ein scharffes Messer, durch die Gurgel, reissen wolte; traff er gleichsam lauter hartes Eisen, für Fleisch, an: so fest war Ibrahim gefroren. Worüber die Türcken nicht wenig erschracken, und gewaltig, in ihrer Meinung, anfiengen zu wancken, ob er auch schuldig wäre; in Erinnerung, daß Verurtheilter zuvor verkündigt hatte, Gott würde, durch ein augenscheinliches Zeichen der Unschuld, sein Ermordung verhüten. Weßwegen sich ein Getümmel erhub, und viele darauf stimmeten, man solte sich nicht weiter, an ihm, vergreiffen; sondern ihn los lassen.

Als es aber an dem war, daß man ihn wolte begnaden;[706] gab der Sclav, welcher vorhin, in seinem Lande, von der Fest-Kunst, gehört, der Regierung zu verstehen, es wäre eine Teuffels-Kunst, welche dem Ibrahim den Hals fristete; und erbot sich, wofern mans ihm wolle erlauben, solche Festigkeit bald zu erweichen, und diesem Stahl einen Fluß zu geben. Man versicherte ihn, es solte erlaubt seyn. Hierauf rieth er, den Stathalter, mit einem tapferen Knüttel, zu fragen, wo er die Kunst hätte sitzen? Diß geschahe, und hielt man, mit Streichen, so lang an, bis er anhub zu kreissen, und letztlich die Warheit gebären muste. Wie man ihm hierauf die [78] Fersen aufgeschnitten, und die Hostien heraus genommen; wiederholte der Sclav den Schnitt auf die Gurgel, und öffnete dieselbe so weit, daß Ibrahim, samt dem Blut, den Geist heraus stürtzte.

Ob, von dem an, die Fest-Kunst, unter selbigen Barbern, bekandter und gängig worden; wie zwar wol zu vermuten: kan ich nicht sagen. Gewiß aber ist dieses, daß die Mahometaner, und Türcken, hingegen in andren Teuffels-Künsten, vorab in der Unempfindlichkeit, desto erfahrner seynd. Was hat nicht, jener Türckischer Heiliger, oder vielmehr Abentheurer und Betrieger, in Gegenwart deß Römisch-Käiserlichen Gesandten, Augerii Busbekii, gethan? vor dessen Augen, er ein glüendes Eisen, aus dem Feuer, genommen, und ins Maul geworffen, daß es gezischet, und gerauschet; doch gleichwol weder Schaden, noch Schmertzen, davon empfunden. Und, unter den Arabern, findet man manchen Possen-reisser, der sich, ohn einiges Gefühl, brennen, und schneiden läst. Ob die Landfahrer und Marckschreyer, welche sich bisweilen, an den Armen, mit Messern, verwunden lassen, um die Krafft ihrer heilsamen Salben, desto augenscheinlicher zu bewehren, (massen ich, in meiner Jugend, solches etliche mal selber angeschauet) mit lauter natürlichen, wie etliche davor halten, oder durch deß Satans Hülffe sich unempfindlich machen, oder den Schmertzen warhafftig empfinden, und, auf Hoffnung reichen Gewinns, mit Gedult leiden, oder, nach Cardani Anweisung, die Gestalt der blutenden Schnitte und Wunden künstlich erdichten: will ich jetzt unerörtert vorbey gehen. Daran ist kein Zweiffel, daß die Furcht deß [79] Todes, bisweilen[707] auch verstockte Halsstarrigkeit, eines Ubelthäters den Peiniger eher müde, als den Gepeinigten seufftzen, macht. Älianus beglaubt, die Egypter haben alle Torturen, mit unglaublicher Gedult, ausgestanden, und sich lieber zu Tode, weder die Warheit heraus martern lassen. Sambicus, welcher der Dianen Tempel bestohlen, ward, wegen halsstarriger Ableugnung deß Diebstals, ein gantzes Jahr lang gepeiniget, bis an den Tod. Catonis Sclav, als man ihn eines Diebstücks gnugsam hatte überzeugt, gab der Folter doch nicht gewonnen; sondern sagte, Cato hätte deß Diebstals sich theilhafft gemacht. Und der jenige fremde Knecht, so den Asdrubal ermorderte, hat, wie Livius (Lib. 21.) gedenckt, unter der härtesten Qual, immerdar gelacht, bis man ihn getödtet. Welches, wenn es durch zauberische Mittel, also geschehen wäre, die alten Historici nicht als eine sonderbare, und denckwürdige Gemüts-Verhärtung, hätten aufgezeichnet. Man kan aber auch dagegen einwenden, daß die alte Scribenten nicht allemal gewust, noch verstanden, ob eine Teuffels-Kunst mit unterlieffe, sondern vielleicht einer tieffen Verstockung zugeschrieben, was vom Teuffel eigentlich hergerührt. Wiewol, noch zu unsern Zeiten, die Exempel der Tartern, für die natürliche Halsstarrigkeit, streiten: sintemal man, in vergangenem Türcken-Krie ge, manche dieser Barbern, nach scharffer Folterung, niederhauen müssen; weil sie gar nichts, von ihres Lagers Zustande, bekennen wollen.

Aber, wie dem allen; so bezeugen nicht allein viel wolbeglaubte und ansehnliche Rechtsgelehrten, [80] als Hippolytus de Marsil. Paris de Puteo, und andre, sondern auch die vielfältige Erfahrung, daß manche Malefitz-Personen, wenn sie an die Folter gespannet werden, heimliche etliche Beschwerungen bey sich daher murmeln, oder einige, mit Characteren bezeichnete, Zetteln bey sich verbergen. Massen hievon Damhouderus (in Praxi Criminal. c. 36. et 37.) folgendes Exempel, welches er selber, als er Rath war, in der Stadt Bruck in Flandern, an einer Alten erfahren. Dieselbe verhielt sich in ihrer Kleider-Tracht, Lebens-Art, Sitten, Geberden, und unsträfflichem Wandel, dermassen, daß jedermann sie ehrete, hoch schätzte, und so viel auf sie hielt, als auf einen Apostel deß[708] Herrn; weil sie gleichsam, mit Verwunderung vieler ehrlicher Leute Kinder (so männ- als weibliches Geschlechte) heilete, die Buckeln vertrieb, zerbrochene oder verrenckte Füß und Hüfften wieder zu recht brachte: nicht durch Kunst oder Artzeney, sondern durch Sprüche und Worte, die sie mit einer geheuchelten sonderbaren Andacht fürbrachte. Ihrer sothanen Andacht scheinheilige Zeichen waren, ein Fasten von dreyen Tagen bey Wasser und Brod, drey mal das Vatter unser beten, zu unser Frauen zu Ardenburg Kirchfahrt zu gehen oder zu S. Arnold zu Ardenburg, oder zu S. Josse, oder zu S. Hubert in Ardenna; oder deß Tages eine oder zwo Messen lesen lassen, und dabey sich andächtig erzeigen, oder etliche Dienste und kleine Gebetlein lassen sprechen, auf ihren Unkosten. Wenn diese Andachten genau verrichtet; wurden die Krancken, über wenig Tage hernach, gesund, durch Hoffnung, die sie, und die Ihrigen, auf das Weib setzten.

[81] Als nun ihre Miracul durchs Land erschollen, und offenbar wurden; ließ der Rath, und die Obrigkeit, (welche verständiger und weiter sahen, als das gemeine Volck) diese Alte bey der Nacht greiffen, und ins Gefängniß führen; doch nicht in eine enge, sondern ziemlich freye, in welcher sie, den folgenden Tag, gefragt wurde, wie, durch welche Mittel, durch welcher Verbündniß-Krafft, und auf was für ein Vertrauen, sie ihre Cur vollbrächte? Sie antwortete alle zeit beständig, daß sie alles mit gutem Fürsatz, und Andacht, gethan hätte, aus heiligen Ursachen, und weil sie es so wol gemacht, hätte man sie nicht sollen aufheben, noch so schimpfflich gefangen legen. Nichts destoweniger, nachdem der Rath, durch gewisse und offentliche Anzeigungen bewegt war, ward sie, von demselben zur Tortur erklärt. Da sie hingeführt, und gelinde vermahnet worden, die Warheit zu sagen; blieb sie, mit beständig unverändertem Angesicht, auf ihrem Leugnen; und sagte, sie hätte nichts gethan, denn auf zulässige Weise, und ohne Gemeinschafft mit einigem bösen Geiste. Der Befragung wohnete damalen bey der Burgemeister von Bruck, ein podagrammischer Mann. Indem dieser das Examen unter den Händen hatte, seufftzete er bisweilen, und schrie überlaut, als ein gemarterter Mensch. Die Alte kehrte[709] sich zu ihm und sagte: Herr Burgemeister, wenn ihr gern von eurem Podagra wollet erlöset seyn, so will ich euch gar bald davon curiren, und zu völliger Gesundheit verhelffen. Wenn das müglich wäre, sagte der Bürgemeister, so wolte ich zwey tausend Cronen darum geben: dieselbe will ich dir dar zehlen; sprach er zu dem Weibe, wenn du das jenige [82] ins Werck richten wirst, was du versprichst. Die Räthe und der Gerichtschreiber, so dabey waren, sprachen ihm darüber zu, mit diesen Worten: Herr habt wol Acht, auf das, was ihr sagt, und thun wolt. Glaubt uns, und (als sie die Zauberin wieder in ihre Kammer geschickt) hört unbeschwert an, was wir euch zu erinnern haben. Da das Weib weg war, sagten sie ferner: Sehet in was Gefahr ihr euch gebracht, durch eine vergebliche Beredung, daß diß Weib, gleich wie die Apostel, könne, durch erlaubte Mittel euch vom Podogra helffen. Dem äusserlichen Ansehen nach, scheint alles, was sie thut, heilig und Göttlich: aber wenn man ihr Wesen und Thun genau und eigentlich ansihet; wird man Fugs genug finden, demselben zu wider-sprechen. Lasset sie wieder für uns kommen, damit man sie frage, auf welche Art sie euch heilen wolle. Wenn sie verspricht, euch wunderbarlich zu heilen, wie die Apostel zu ihrer Zeit die Kranckheiten gecuriret, und daß sie die Weise halte, wie sie gethan, so wollen wir nichts dawider sagen: dieweil wir wissen, daß die Hand Gottes nicht verkürtzet ist. Wenn sie sich aber unziemlicher Mittel gebraucht, und sich darauf verläst; so sollen billich alle ihre Erfindungen euch verdächtig seyn, so wol als uns. Als sie demnach wieder fürgefordert worden, fragte sie einer unter den Räthen. Wenn du dir fürnimmst, den Herrn Burgemeister zu curiren von seinem Podogra, was für Artzney-Mittel wilt du dazu gebrauchen? keine andre, sagte sie, denn daß der Bürgemeister glaube, und für gewiß halte, daß ich Macht habe, ihn zu heilen: alsdenn wird er heil seyn, und wieder auf die Füsse kommen. Als man solcher Rede von ihr vernom[83]men, war sie wieder in ihre Kammer geführet. Darauf sagten die Räthe mit einhelliger Stimme, zu dem Burgemeister, und allen Umstehenden: Ihr Herren! ihr vernehmt, daß aus der Antwort dieses Weibs erfolgt, alles ihr Thun[710] geschehe durch Würckung deß Teuffels, und daß sie durch unerlaubte Mittel sich unterstehe, den Herrn Burgemeister zu heilen. Denn in ihrer Cur, folget sie den heiligen Aposteln nicht nach, die die Krancken im Glauben und Göttlicher Krafft haben gesund gemacht, und zu dem Krummen gesprochen: Im Namen unsers HErrn JEsu Christi, stehe auf, und wandle! Und zum Blinden: Im Namen deß HErrn JEsu Christi, sey sehend! Der eine ist auf seine Füsse kommen; und der andre hat sein Gesicht wieder erlangt, nicht durch menschliche Hülffe, sondern durch Göttliche Krafft, im Namen, und im Glauben an JEsum Christ. Aber diese Hexe gibt aus, zu heilen, wenn sich der Patient auf sie verlasse. Dieser Glaube (oder vielmehr Meineid) ist dem Glauben der Apostel stracks zuwider. Als diese Antwort wol begriffen, und die Sache recht erwogen war; war der Burgemeister traurig, daß er solcher Worte sich verlauten lassen, und wolte sich der Alten nicht vertrauen; hat auch, seine übrige Lebens-Zeit, Reu und Leid, wegen seiner Leichtfertigkeit, empfunden.

Nun zur Zauberin wieder zu kommen; dieweil sie die Ubelthaten, so man ihr mit Grunde offentlicher Warheit, vorruckte, beständig leugnete: ward ihr angedeutet, daß sie der Tortur solte unterworffen werden. Als sie allda weitlich angezogen und gestreckt worden, bekandte sie etliche geringe Fehler. Die Hexereyen aber, und grosse Verbrechen, leug[84]nete sie fest und beständig. Darum sie wieder abgelassen, und in ihre Kammer gesperret worden. Uber eine Zeit her nach, da sie wieder mit neuen Anzeigungen beschweret worden, war sie abermal an die Folter gespannet. Allda bekannte sie etliche schlechte Verbrechen, wie zuvor. Als sie sich aber sehr geängstiget befand, fieng sie an zu schreyen, mit diesen Worten: Thut mich hinweg von dannen, sonst werde ich euch, und den Ort, mit meinem Koth, den ich nicht länger halten kan, bestänckern. Es war, unfern davon, ein heimlich Gemach, auf welches, wie etliche von den Umstehenden vermeinten, man sie solte gehen lassen. Andre, die verständiger waren, hielten das Widerspiel, man solte sie nicht los lassen, aus Beysorge, daß nicht irgends eine neue Beschwerlichkeit daher entstünde, die ärger, als die vorigen wäre. Aber, auf[711] die meisten Stimmen, wurde sie abgelassen, und an das Ort geführet, da sie hin begehrte. Als sie da länger, denn eine halbe Stunde verzoch, und nicht wieder kam, ob man sie gleich zwey- oder dreymal forderte; war sie letztlich gezwungen, sich von dannen zu machen, damit man sie wieder an die Marter spannen möchte, die ihr auch viel strenger als zuvor gegeben war. Da fieng sie, ohne Weinen und Schreyen, wie zuvor, an zu lachen, und mit den Fingern zu schnaltzen, zu schlagen, spottete der Richter, und sagte: Ihr Herren, so zugegen, und du schelmischer Hencker, thut was ihr wolt, eure Grausamkeit vermag nichts wider mich. Der meiste Theil der Anwesenden vermeinte, daß sie der Teuffel also nothfest und unempfindlich gemacht. Denn sie wolte von dem jenigen nichts gestehen, dessen sie schwerlich beschuldiget [85] war, durch neue Urkunden. Aber, wenn sie an die Tortur gestellet war, so lachte sie entweder, oder schlieff. Weßwegen man sie, an ihr gewöhnlichs Ort führete. Diesem nach, wurden andre Zeugen abgehöret, und neue Proben aufgenommen, auf welche denn wieder erkandt, daß man sie zum dritten mal mit der Folter befragen solte. Ehe man sie aber dahin brachte, war ihr alles Haar hinweg geschoren, und sie nachmals erschrecklich angezogen und ausgedehnet. Und dieweil sie nochmaln auf ihrer Stutzigkeit beharrete; erinnerten sich etliche von den Anwesenden, daß man ihr unter den Achseln, und am heimlichen Orte, das Haar nicht weggenommen hätte. Hierauf wurden etliche Weiber beruffen. Welche, als sie mit den Händen zugriffen, fanden sie kleine Zettelein von Pergament, in die Haar der Scham gewickelt, und eingeschoben, die gar wunderliche Namen der bösen Geister, neben etlichen dazwischen stehenden Creutzen, in sich hielten. Als diese Zetteln dem Gerichte überantwortet waren, gab solche Ursach, daß man sie noch einmal auf die Folter warff. Da fieng sie, gleich auf den ersten Zug an, von Punct zu Punct, alles das zu bekennen, dessen sie, durch drey Informationen, und eingezogene Urkunden, beschuldiget worden. Wie man sie, um die Ursach ihrer bisher beharrlichen Verstockung fragte; gab sie zur Antwort; wenn man sie nicht gantz beschoren, und von dergleichen Briefflein[712] entblösst hätte; so wäre die Warheit nimmer aus ihrem Munde kommen: dieweil deß Teuffels Würckung also beschaffen gewesen, daß sie, mit ihrem Haar und Briefflein, nothfest, und unempfindlich blieben, wie solches an ihr wol erschienen.

[86] Als nun die Sache so weit kommen, war drauf die Frage von ihrem Proceß und Urtheil. Etliche verdamten sie, zum Feuer, daß sie lebendig solte verbrant werden: der mehrere Theil, zu Ausstehung einer scharffen schmählichen Straffe vor jedermanns Augen; nachmals, zu ewiger Lands-Verweisung, bey Straffe deß Feuers, wo sie wiederkäme. Nach dieser andren Meinung, ward sie auf ein Gerüst gestellt, nachmals ihr, durch den Hencker, ein falscher Aufsatz auf den Kopff gesetzt und derselbe hernach in das darneben brennende Feuer geworffen; nach solchen Schmach, ward sie von zweyen Rathsherren und den Advocaten zu Bruck, ausser der Stadt Gebiet geführt. Sie begab sich gleich aus Flandern in Seeland, und blieb etliche Wochen zu Mittelburg. Allhier fing sie wieder an, ihr voriges Handwerck zu treiben: Florentz Dam, Richter der Stadt allda, wurde, von den Gerichts-Schöpffen der Stadt Bruck, alles dessen erinnert, was im Proceß mit diesem Weibe fürgeloffen, und dem Gericht zu gut, ward ihm Abschrifft, von den Urkunden, und ihrer Aussage an der Marter, wie auch vom Urtheil wieder sie, zugeschickt. Von dem an, gab er scharffe Achtung auf sie; und da er, durch unterschiedliche gewisse Anzeigung, in Erfahrung gebracht, daß sie in ihren teufflischen Hexereien immer fortführ, ließ er sie gefänglich einziehen. Nachdem sie hiernechst ernstlich befragt, ist sie auf ihre freywillige Bekäntniß, und, nach Inhalt deß vorhergangenen Urtheils, verurtheilet, lebendig verbrant zu werden, welches auch also vollen-zogen worden. Nachmals hat er, durch Schreiben, dem Rath zu Bruck berichtet, von allem, so furgangen, und auch hievon [87] mündlich, mit dem Damhouder einen weitläufftigen Discurs gehalten.

Im Jahr 1623. hat der Niederländische Admiral Jacob Eremite den Schiffbarbierer, Jacob Vegern, welche unterschiedliche Menschen, mit Gifft, umgebracht, enthaupten lassen. Dieser, als man ihn vorher peinigte, gab kein Zeichen einiges schmertzhafften Gefühls. Die Ursache fand man gar bald, da[713] man ihn entkleidete; nemlich ein Säcklein mit einer Schlangen-Haut und Zunge, so ihm vor der Brust hiengen. Und dieser Art, liessen sich noch viel mehr heutiger Begebenheiten herbey führen. Daraus denn erkentlich gnug ist, daß der Satan nicht allein den Türcken, und Arabern, und andren Mahometanern, sondern auch gar gern allen Menschen, zu welcherley Religion sie sich auch bekennen, die Unempfindlichkeit leiste; wenn sie nur, verstockt zu bleiben, begehren, und seine Zeichen zu verbergen wissen. Doch kan der Böse nichts so fest verschliessen, und verhärten, das Gott, und das Gericht, nicht könten auflösen. Den Nachrichtern seynd vielerley Gegen-Mittel bewust, welche hie nicht nöthig alle zu benennen; sondern viel mehr männiglichen zu warnen, dass er solcher Künste müssig gehe, die dem Scharffrichter Arbeit schaffen.

Wer dem Satan nicht, in seine Stricke, will fallen, noch unter sein Joch, und in die schändliche Hexen-oder Schwartzkünstler-Zunfft, verfallen: der fliehe die Hurerey, Diebstal, und böse Gesellschafft, in sonderheit aber die Beschwerungs-Bücher, Fragungen der Teuffels-banner und Unholden; wie imgleichen Fluchen, Schweren, Gottslästern, und Eidbrüchigkeit. Denn bey den Gern-[88]Fluchern und Sacramentirern, findt der höllische Künstler das Hertz schon ziemlich bereitet, gebalsamirt, und das Haus für einen so bösen Gast und Geister, mit Besemen gekehret, ja alle göttliche Gnade und Huld hinaus gefegt. Daß der Fluch und die Geylheit, seine fürnehmste Kuppler hiezu seyen, beweisen unzehlich-viel entsetzliche Geschichte. Ich will, solches zu bestetigen, nur eine anziehen, nemlich die Bekenntniß einer Niderländischen Unholdin, welche Zesius, in Beschreibung der Stadt Amsterdam, mit folgenden Umständen erzehlet; und damit diesen historichen Anhang beschliessen.

Im Jahr 1555, da König Philippus in Hispanien von seinem H. Vatter die Herrschafft über die Niderlanden empfangen; ward ein Frauen-Mensch Namens Meins Cornelis, von Purmerend nach dem zwantzigsten Tage ihrer Gefängniß, als eine Zauberin und Hexe, am 27. Februarii, in Amsterdam zum Feuer verurtheilet und vom Scharffrichter offentlich verbrannt.[714]

Von dieser Meins wird noch heut zu Tage eine lange Bekäntniß (welche sie in Gegenwart deß Schultzen, und der Schöpfen, zu unterschiedlichen Malen, gethan) im Urtheil-Buche der Stadt Amsterdam, verwahret: Darinnen unter andern zu lesen, daß sie ohngefähr um das 1535. Jahr, da der Wiedertäuffer Aufruhr entstund, wie sie im Abwesen ihres Herrn und Frauen, auf einen Morgen an Feuer gesessen, zehen oder zwölff Katzen zu ihr kommen sehen, welche fast eine halbe Stunde, mit aneinander gefügten Pfoten, um sie herum getantzet, und darnach wieder davon geloffen: deß folgenden [89] Abends, als sie schlaffen gehen wollen, hette sie eine von von diesen Katzen, in ihrem Bette, gefunden: welche sie beym Halse genommen, und durch die Ober-Thür ins Wasser geworffen. Aber als bald hernach wäre diese Katze, und zwar gantz naß, wieder im Bette gelegen: weßwegen sie ihrer Herrschafft, im Schrecken, geruffen: welche ihr vergönnt, an einem andern Orte zu schlaffen. Weil ihr nun in fünff oder sechs Tagen nichts weiter begegnet; hette sie sich wieder in ihre Kammer gelegt, und, in 10. oder 11. Wochen nichts Böses verspühret. Aber ohngefehr fünff Jahr hernach, habe sie sich, bey einem Bürger, Namens Jacob Ruhl, verdinget; dessen Frau, weil sie ihr vom Verkauffen der Waaren, und empfangenem Gelde allezeit gute Rechnung gethan, sehr viel auf sie gehalten: allda hätte sie einsmals eine Frauen-Stimme gehöret, die zu ihr gesprochen: Spiele, und gib ihr was! du möchtest heut oder morgen dich verheirathen, alsdenn kanst du etwas haben, darvon zu leben. Weil aber ihr Herr, dem sie solches erzehlet, ihrem vielen Wachen die Schuld gegeben, davon ihr Gehirn dermassen bestürtzt, daß ihr solche Sachen, wie im Traum, vorkämen, so hätte sie es in den Wind geschlagen. Eine Zeit hernach, wäre sie wiederum, wie sie deß Abends, vor ihrem Bette, auf den Knien gelegen, und gebetet, einer Frauen-Stimme gewar worden, welche gesagt: Noch wilst du nicht zulassen, deinem Herrn und Frauen etwas zu geben; darum auch dein Maul Fliegen soll fangen: Und als sie sich, auf dieses Gelaut umgewandt, hätte sie hinter sich vier Frauen in be[90]sonderer Tracht, oder Kleidung, erblicket: deren eine ihr Schürtz- oder Fürtuch voll Steine gehabt; daraus[715] ihr eine jede zween oder drey auf den Leib geworffen, mit diesen Worten: Deine Gosche soll Fliegen fangen. Hierauf hätten sie das Liecht ausgeworffen, die Steine liegen lassen, und wären verschwunden.

Deß folgenden Tages, wäre ihr gantzer Leib nicht anders, als wie eine durchgehende Beule, und blau wie eine Lunge, gewesen: die Steine hätten ausgesehen, als wenn sie, lange Zeit, in einem heimlichen Gemach gelegen. Die Nachbaren, nachdem sie solches verstanden, hätten sie in einen Stul bey den Feuerherd gesetzt, und in einem neuen Hafen ihren Harn mit neuen Heffteln oder Stecknadeln gekocht; damit die jenigen, die ihr solches angethan, gezwungen wurden, zu erscheinen. Hierauf hätten sich acht Frauen, auf unterschiedliche Art, bekleidet, dargestellet; welche sie, aus dem Sessel, geruckt, und wider den Boden geworffen. Man hätte sie endlich zu einem Wund-Artzte, Namens Simon von Medenblick gebracht: welcher sie zwar angenommen, aber nach etlichen Wochen, (weil er gesehen, das natürliche Mittel bey ihr nicht verfangen würden) den Rath gegeben, daß sie sich, Erleichterung zu bekommen, verehlichen solte. Hätte ihr auch etliche Kräuter in die Kleider genähet, und sie damit wieder heimziehen lassen. Hierauf wäre sie bey Adrian Clasen zu Dienste kommen; allda sie funffzehen oder sechszehen Cronen, aus ihrem Kistlein, verloren, und die Frau darüber angesprochen: die aber vom Gelde nichts wissen wollen. Deß Abends [91] drauf, da ihr Herr und Frau zu Bette gewesen, sey sie, im Aufsteigen nach ihrer Kammer zu, von der Stiege geworffen worden, doch ohne einige Verletzung.

Deß Tages daran, da sie die Schüsseln gespület, wäre ein Jungergesell der eine Spanische Kappe mit Sammet gefüttert, auf dem Kopffe, und einen Degen mit einem silbern Gefässe auf der Seiten gehabt, bey hellem Mittage zu ihr kommen. Der hätte sie, mit folgenden Worten, angeredet: Wolt ihr keinen Freier haben? hier stehe ich als ein junger Kerl! Auch hätte er ihr stracks das Säcklein mit den Kronen gewiesen, und gesprochen: Da ist euer Säcklein mit dem Gelde: es ist vermehret, und nicht vermindert. Darauf hatte sie geantwortet, daß sie das vermehrte Geld nicht begehrte, sondern[716] allein ihr eignes; wie auch keinen Freyer also, daß er, mit dem Säcklein, wieder hinweg gangen, und gesagt: Ich will wieder kommen und anhalten; ihr müsset einen reichen Freyer haben. Auch wäre er, nach acht Tagen, als sie, am Morgen früh, vor der Thür gestanden, wieder kommen, und hätte folgendes zu ihr geredt: Neulich habt ihr geweigert, das Geld anzunehmen; darum will ich euch jetzund was abschmieren. Hierauf hätte er ihr das Tuch vom Halse, den Rock in Stücken, und daraus gerissen, was obgedachter Wund-Arzt hinein genähet: auch dabey gefügt: Nehmt noch das Geld. Als sie aber um Hülff geruffen, und ihr Herr herzu geeilet, sey er alsbald davon geloffen.

Nach der Zeit, hätte sie bey einer Frauen, Na[92]mens Ruhltie, gedienet: da gemeldter Jungergesell, in fünff oder sechs Wochen, nicht wieder zu ihr kommen; aber wol die oben gemeldte Frauen. Auch sagte sie, weil sie dieses bekandte, daß drei von denselben Frauen allda gegenwärtig wären, und sie bisweilen in den Leib zwickten. Als sie, beynahe fünff Wochen, bey dieser Ruhltie gewohnet, hätte sie den Cornelis Willemsen geehlicht. Seit dem wäre ihr, in sechs oder sieben Jahren, so lange sie mit ihm in Friede gelebt, nichts Böses begegnet, ohne allein, wiewol gar selten, die Weiber, welche sie gezwickt. Aber zu Ende der sieben Jahre, hätte es sich einsmals begeben, daß ihr Mann truncken nach Haus gekommen, und auf sie beginnen zu fluchen, mit diesen Worten: Das Wild muss dir eins abgejagt werden! Und damit hätte er den Degen von der Wand gerissen, mit dem er ihr den Kopff voneinander zu spalten vermeinet. Stracks hierauf wären zehen oder zwölff Frauen hinein getreten, die zu ihr gesagt: Brecht das Messer, so kan er euch keinen Schaden zufügen: Welches sie auch, mit ihrer Hülffe, verrichtet. Die Weiber aber hätten sie, über die Thür, auf die Gasse geworffen; wie sie auch nach der Zeit, zu unterschiedlichen malen, mit Schlagen und Stossen, gethan, und sie sehr übel zugerichtet: also, daß ihr Mann, vier Wochen darnach, von ihr in den Krieg geloffen. Als sie der Mann also verlassen, hätten sie gemeldte Weiber, da sie noch schwanger gewesen, in einer Nacht oben auf das Haus gebracht, und mit den[717] Händen ans Dach-Fenster gebunden, also daß sie mit der einen Leibs-Helffte ausser dem Fenster, [93] mit der andern aber innerhalb gehangen. Hierauf hätte sie der Wund-Artzt, Gerrit, zu curiren, angenommen: welcher ihr etliche geschriebene Worte in die Kleider genähet, auch unterschiedliche Träncke eingegeben, und aus einem Buche etwas vorgelesen. Aber so bald dieser Gerrit von ihr gegangen, hätten sie obgedachte Weiber vor das Haus geschleppt, und die beschriebene Briefflein aus ihren Kleidern gerissen. Als nun der Wund-Artzt etliche Tage nacheinander, ihr vorgelesen, auch sie mit Ruthen gestrichen, aber keine Besserung verspüret, hätte er endlich zu ihr gesagt: Ich weiß euch nicht zu helffen: die Huren, welche euch ängstigen, mögen es thun. Auch wäre sie, nach Einnehmung der Träncke, gantz lahm worden: da denn, auf einen Mittag, eine älterliche Frau mit einem Ober-Iselschem Mantel umhüllet, zu ihr vor das Bette gekommen, sie gegrüsset, GOTT segne euch! und darauf gesagt: Meins, ich bitte euch, um GOttes Willen, daß ihr mir dasselbe, was ich euch zu Leide gethan, vergeben wollet! Und als Meins geantwortet, daß sie es ihr sehr gern vergeben wolte, wäre die Frau weggegangen, mit Vorgeben, daß sie, über anderthalb Stunde, wieder kommen wolte. Eben um diese benennete Zeit, wäre ihrer Hausfrauen jüngste Tochter zu ihrer Mutter geloffen kommen, mit Bericht, daß sie nach Meinsen Kammer eine grosse rote Katze hätte lauffen sehen: Aber Meins wäre keiner Katze gewahr worden, sondern einer schönen jungen Frauen, mit einem Ober-Iselschen Mantel auf dem Haupte: welche sie gefragt: [94] Meins, wollet ihr mir um GOttes Willen vergeben, was ich euch zu Leide gethan? Und als Meins hierauf geantwortet: Ja! sehr gerne: da hätte die Frau weiter gesagt: So stehet denn auf in dem Namen deß HERRN. Nach diesen Worten wäre sie auch alsobald aufgestanden, und mit der Frauen erst in die neue Kirche, da sie beide auf den Knien gebetet, darnach auf den Tamm gegangen: allda die Frau, indem sie sich auf der Stiege vor dem Rahthause niedergesetzet, gesagt: wenn allhier ein Pfahl stünde, daran ich mit eisern Ketten fest geschlossen wäre, und ein grimmiges Thier das Fleisch Stückweise aus meinem Leibe risse; so litte ich[718] nicht nach meinem Verdienste. Von hier hätten sie sich ferner, nach der heiligen Stätte zu begeben; und nach dem sie allda dreymal, um das Heiligthum, gekrochen, wären sie auf die Lombarts-Brücke gegangen: da die Frau etwas aus dem Aufschürtzel gezogen, und in dem sie solches ins Wasser geworffen, gesagt: Da ligt alle meine Bosheit und Schelmerey! Herr, ist es dein Will, und dieser Meins selig, so gibt ihr wieder, was ich ihr genommen. Hierauf sey diese Frau von ihr geschieden, und Meins nach Hause gegangen.

Endlich hatte sie auch, wie in eben demselben Bekenntniß mit aufgezeichnet stehet, zu zweyen malen, kurtz zuvor ehe man sie verbrannt, in Gegenwart deß Schultzen, aller Burgemeister und Schöpffen bekandt, daß der böse Feind ihr das Christenthum, nach langem Ängstigen, so wol hinten als vornen, wider ihren willen, abgenommen, und zu ihr gesagt: Nun bist du mein! Auch hätten sie [95] die weisse Weiber fest gehalten, daß er solches thun, und ihr auf den Leib fallen können. Von derselben Zeit an, hätte er allezeit mit ihr zu thun gehabt, auch ihr offtmals einen Ring angeboten, welchen sie an zu nehmen geweigert; Ja versprochen, ihr Reichthums gnug zu geben. Er hätte sie Ruhltien genennet, und gesagt, daß er derselbe sey, der unsern Heiland verrathen. Auch wäre er, im achtzehen oder neunzehendem Jahr ihres Alters, zum allerersten zu ihr kommen, und sie gefragt, ob sie keine Lust zu einem Freyer hätte? Aber erst im verwichnen Mäy-Monat, hätte sie sich ihm ergeben. Als sie einsmals auf dem heimlichen Gemach gesessen, und aus Betrübniß, daß man ihr einiges Geld, welches sie ihren Eltern wegen haben solte, enthielt, gesagt, kan mir GOtt nicht helffen, so komm ein andrer, der mir helffen kan, hier: Da sey zur Stunde ein Junggergesell, wolbekleidet, mit einem roten Barte, Mantel und Bönet auf dem Kopff, zu ihr getreten: Der habe gesagt: Ich will euch helffen, auch sie stracks bey der Hand gefasset. Wie sie theils allein, theils mit andern dergleichen bösen Weibern, Menschen, Kühe und Schafe, mit Kraut und Gras abpflücken, bezaubert, indem sie das Wort Tierius, und Schurius, auch Inturius en fugita gesprochen; ja! wie sie mit dem bösen Feinde etliche mal zur Feuer-Mauer (wie es der[719] Author, Zesius, gibt, der sich vielleicht fürchtet, Schlot zu sagen) hinaus gefahren, solches und alles andre, ist in dem Verzeichniß ihrer Bekäntniß, weitläufftig zu lesen.

[96] Ein Vernünfftiger wird, am Ende dieser Erzehlung, leichtlich spüren, der Anfang ihres Verderbens rühre her, von dem ungedultigem Fluch. Der böse Wunsch, So komm ein andrer! das ist der T. hat sie dem Satan in die Schlingen, und auf den Scheiterhauffen geworffen. Darum fluche und verwünsche nicht: sondern segne, und bete: auf daß du weder die zeitliche, noch ewige Flammen, sondern das Reich ererbest, so den Gesegneten deß HErrn von Anbeginn bereitet ist.


ENDE.

Fußnoten

1 Im Lateinischen gibts der Author also: Sunt nonnulli, qui artem magicam ab ipsa quasi habeant natura; id quod est horrendum. Womit er so viel sagen will, daß sie von Natur fast sehr dazu geneigt und geschickt sind. Welches denn so wol aus der Erbsünde, als andren Gebrechlichkeiten deß Gemüts, entstehen, und dem Satan zum Vortheil gereichen kan: Zumal wenn vielleicht die Eltern selbst, in solcher saubern Kunst, Meister gespielet, und ihr armes Kind fleissiger dem Teuffel, weder dem Schöpffer, anbefohlen.


2 Seine lebhaffte Beweg- und Regungen. Denn wenn er eigentlich sein Leben oder den gantzen Athem, verlöre; wie zwar das Lateinische Spiritum suum amittit dahin könnte gezogen werden; wäre er todt. Es hat aber diesen Sinn: daß man äusserlich weder Athem noch einiges Lebens-Zeichen, an ihm spüre.


3 Im Lateinischen steht zwar Comites pulsantes, ist aber Zweiffels ohn verdruckt, und muß Comites pulsantis heissen sollen.


4 Levis stehet zwar, im Lateinischen, welches leicht hiesse: Weil aber hiernechst folget ubique æqualis, und denn ferner ponderis exigui; als mutmasse ich, das vorderste solle lævis heissen, und sey verdruckt; gleichwie manches andres Wort. Denn es nicht vermutlich daß der Author, Herr Schefferus, einerley Bedeutung, zweymal durch unterschiedliche Worte, habe anzeigen wollen: zumal weil solche Worte nicht unmittelbar aufeinander folgen; wie zwar sonst ein Wort bisweilen, durch das andre, noch eigentlicher und besser erkläret wird; sondern ubique æqualis dazwischen stehet.


Quelle:
Pfitzer, Nikolaus: Das ärgerliche Leben und schreckliche Ende deß viel-berüchtigten Ertz- Schwartzkünstlers Johannis Fausti [...]. Tübingen 1880 [Nachdruck: Hildesheim, New York 1976].
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Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt

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In Paris ergötzt sich am 14. Juli 1789 ein adeliges Publikum an einer primitiven Schaupielinszenierung, die ihm suggeriert, »unter dem gefährlichsten Gesindel von Paris zu sitzen«. Als der reale Aufruhr der Revolution die Straßen von Paris erfasst, verschwimmen die Grenzen zwischen Spiel und Wirklichkeit. Für Schnitzler ungewöhnlich montiert der Autor im »grünen Kakadu« die Ebenen von Illusion und Wiklichkeit vor einer historischen Kulisse.

38 Seiten, 3.80 Euro

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