Das sechs-und-dreyssigste Capitel.

Wie D. Faustus zu Erffurt den Studenten etliche Griechische Helden und einen ungeheuren Riesen vorgestellet hat.

[291] ES hatte zur Zeit D. Faustus mit M. C. Moir ein sonderliche Verträulichkeit; und als dieser anheim nach Erffurt beruffen wurde, begleitete ihn D. Faustus, bliebe auch eine Zeitlang daselbst, allwo er denn bald in neue Kundschafft geriethe mit den Studenten: diese nemlich waren in Erfahrung kommen, daß D. Faustus in der Magia (die selbiger Zeit gros geachtet wurde) trefflich erfahren wäre, auch was er verlangte, vermittels solcher, erlangen könte.

Nun wurde einsten von einem unter den Studenten, bey einer angenemen Versamlung, deß vor[259]trefflichen Poeten Homeri Meldung gethan, der eben selbiger Zeit gelesen und profitiret wurde, (eine andere Edition will, es habe solchen D. Faustus selbst gelesen, ist aber nicht) welcher nemlich von vielen berühmten Griechischen Helden handelt, und deren rühmliche Thaten erzehlet, namentlich von dem Menelao, Achille, Hectore, Priamo, Alexandro, Ulysse, Agamemnone, Ajace; und lobete einer deß Poeten zierliche Redens-Art, der ander, daß er darinn solche Personen so schön vorgemahlet, als wenn sie zugegen wären, u.s.w.

Alsbald erbote sich D. Faustus obbesagte Helden morgendes Tags in ihrem Lectorio in eigener Person vorstellig zu machen: welches denn mit höchster Dancksagung von ihnen allen ist angenommen worden. Und da sie deßwegen D. Faustum deß andern Tags mit sich in das Lectorium führten, fieng dieser sie also an zu reden: Ihr lieben Herren, und gute Freunde, weiln ihr begierlich seyd und ein grosses Verlangen traget, die Trojanischen Kriegshelden, und etwan noch andere, deren der Poet Homerus sonderlich gedencket, in der Person, wie sie damals gelebet, und herein gegangen seynd, anzuschauen, so soll euch solches anjetzo gewähret werden; nur daß keiner ein Wort rede, oder jemand zu fragen begehre; welches sie ihme zusagten.[291]

Nach vollendeter solcher Rede klopffte D. Faustus mit dem Finger an die Wand, bald seynd obbemeldte Griechische Helden in ihrer damals üblichgewesener Rüstung, einer nach dem andern in das Lectorium hinein getretten, sich zur Rechten und Lincken mit halbzornigen und strahlenden Augen [260] umgesehen, die Köpffe geschüttelt, und wiederum wie zuvor nach einander zur Thür hinaus gegangen.

D. Faustus wolte es darbey nicht bewenden lassen, sondern noch einen kleinen Schrecken verursachen, klopffte derhalben noch einmal; bald thate sich die Thür auf, zu welcher halbgebucket der ungeheure greuliche Rieß Polyphemus eintratte, der an der Stirne am Kopff nur ein Aug hatte, benebens einen langen zottichten feuerrothen Bart, hatte ein klein Kind das er gefressen, noch mit dem Schenckel am Maul hangen, welchen er noch nicht gar verzehret, und war so grausam und schrecklich anzusehen, daß ihnen allen miteinander die Haare gen Berge gestanden: dessen denn D. Faustus genug zu lachen hatte, darum er denn seine Zuschauer noch mehr ängstigen wolte, und verschaffte, daß als der Polyphemus wiederum wolte zur Thür hinaus gehen, er sich zuvor noch einmal umgesehen mit seinem erschrecklichen Gesichte, und thate nicht anderst, als wolte er nach etlichen greiffen; stiesse zugleich mit seinem grossen ungeheuern Spieß wider den Erdboden, daß sich daß gantze Gemach bewegte und erschütterte.

D. Faustus aber wincket ihm mit dem Finger, da tratte er aus, und erfüllete hiermit D. Faustus seine Zusagung: dessen denn die Studenten alle wol zu frieden gewesen, hattens aber genug und begehrten hinfüro keine solche Vorstellung mehr von ihm.


Anmerckung.

I. Von Erweckung und Vorstellung dieser tapffern Griechischen Helden wäre allhier Gelegenheit etwas zu gedencken, ob diese warhafftig beschehen mögen, und müglich gewesen? Weiln aber besser unten im andern Theil eine gleich[261]mässige Histori erzehlet wird, allwo dem Käiser Maximiliano I D. Faustus den Weltbezwinger Alexandrum Magnum vorstellig gemacht hat; als wollen wir solches bis dahin versparet[292] haben: indessen und zwar nach Anleitung obiger Helden Tapferkeit, Stärck und Grosmütigkeit, weiln auch noch heutiges Tags die jenige für tapffer, grosmütig und unerschrocken wollen gehalten seyn, welche, damit sie desto tollkühner an ihren Feinden angehen mögen, Mittel und Wege durch Eingeben deß Satans ausgesonnen, sich schußfrey oder, wie man zu reden pfleget, veste zu machen, und also ihren Leib von allerhand Verwundungen zu befreyen, soll diese Frag erörtert, und gleichsam aus unserm vernünfftigen Wunden-Urtheil l. 1. c. 9. widerholet werden: Ob ein Christ mit gutem Gewissen sich möge schußfrey oder vest machen.

Wiewoln nun allhier nicht gefraget wird, ob solches könne geschehen; sintemal die Erfahrung mehr als zuviel bezeuget, daß nicht allein die Menschen, sondern auch Pferde, Hunde, u.s.f. denen dergleichen Kunst (wenn anderst solches eine Kunst zu nennen) beygebracht und angehängt worden, nicht können verletzet oder verwundet werden; wie solches unter andern Herr D. Mengering bezeuget, wenn er in seinem Scrut. Consc. c. 9. schreibet, daß diese gottlosen Leute auch pflegen einen Hering so vest zu machen, daß man denselbigen weder schneiden oder geniessen könne, immassen er selber zu Jena ein dergleichen Exempel gesehen und mit Erstaunen wargenommen: sondern obs recht, und einem Christen nicht vorwerfflich seye, besagter Kunst sich zu bedienen? welchem aber mit Recht widersprochen wird.

Denn diß ist gewiß, daß weder in Metallen, noch im Papier, an und für sich selbst, einige dergleichen Krafft anzutreffen, sondern solches allein denen Characteren und Figuren zu zuschreiben seyn müsse, welche in solchen Sigillen und Zauberzettuln eingegraben und geschrieben worden: weßwegen dieses alles von einer höhern Macht und Krafft muß hergenommen werden.

Und obwoln etliche, unten welchen Cornel. Agrippa l. 1. de Occult. Philos. c. 33. nicht der geringste, den Sternen und sonderlichem Einfluß derselben, grossen Gewalt und Macht über unsere Leiber zugeschrieben; hat doch solches viel eine andere Meinung, und kan auf solche vestmachende Kunst nicht gezogen werden.

Vielmehr aber ist solche einer übernatürlichen Macht zu zuschreiben, welche vom Satan einig und allein, weiln GOtt [262] ohne Wunderwercke den Lauff der Natur nicht ändert, herrühret, der die Menschen durch kräfftige Irrthume zu verführen weiß, daß sie ihr Vertrauen von GOtt ab, und auf eine solche Kunst und Zauberzettul setzen, da es doch heisset: du solt keine andere Götter neben mir haben; wie aus nachfolgendem erhellen mag.

Zu Venedig war in dem Wirtshaus ein Italiäner, welcher sich vernemen[293] liesse, er möchte gerne einen Spiritum familiarem haben. Ein Marckschreyer oder Zahnbrecher sitzet mit zu Tische, gehet nach der Mahlzeit auf den Heuboden, und fängt eine grosse Spinne in ein Gläslein, verkaufft solche dem Italiäner für ein grosses Geld. Was geschihet? der böse Feind kommet in die Spinne, und thut diesem gottsvergessenem Menschen seinen Willen. Also gehet es auch mit dem vest-machen. Solche Künstler seynd in deß Satans Händen, und kan er die Kugel, als ein Fürst der Lufft, wol auffangen, die Stiche verhindern; wie etwan jenem General, nach Lercheimeri Anzeigung, der, als er aus der Schlacht in die Stadt B. geflohen kame, die Büchsen-Kugeln häuffig aus den Ermeln schüttete, wie die Erbsen, und hatte ihn keine können verwunden: aber doch die Augen, den Mund, und etliche Glieder, nicht versichern, wie auch wegen der grossen Stücke keine Gewärschafft leisten; daraus denn der Betrug leichtlich abzunemen

Herr Lutherus erzehlet folgendes in seinem 8. Jenischen Theil, p. 121 als auf eine Zeit ein Jud kame zu Hertzog Albrecht zu Sachsen, und ihm einen Knopff gabe, mit seltzamen Characteren und Zeichen, der solte nun dienlich seyn für kalt Eisen, Stechen und Schiessen; da sagte der löbliche Hertzog: so will ichs mit dir Juden am ersten probiren; führte hierauf den Juden vor das Thor ins Feld hinaus, hienge ihm den Knopff an den Hals, zoge sein Schwerd aus, und durchstache ihn. Da hat ihn nichts geholffen sein Schemhamphoras, Tetragrammaton, und andere Gauckeley. Und ob sie wol einwenden und sagen, daß keine Beschwörung oder Bündniß mit dem Satan vorlauffe, ja daß natürliche, den meinsten aber verborgene Ursachen seyen, durch welcher Wissenschafft und Erkäntniß man schußfrey möge werden: als wenn von dem Gemsen-Kraut gesaget wird, daß solches die Thiere, von welchen es den Namen, so erharte, daß ihnen der Jäger nicht beykommen möge.

Ob deme also, stehet zu beweisen. Wäre es aber, so kan gleich sowol deß Teuffels Verblendung mit unterlauffen, durch [263] welche er seine Künstler in Verderben, sich aber in Vertrauen zu setzen pfleget, und mit einer Warheit zehen Lügen verkaufft. Man sehe aber ihr Ende an, man wird gewißlich hundert für einmal erfahren haben, daß sie mit Schrecken hinunter gefahren, und elendes Todes sterben müssen.

Der tapffere Hertzog Bernhard zu Sachsen Weinmar, hatte einen Stallmeister, der zwar seine Reitkunst meisterlich verstanden, sonst aber in allen Sünden, Schanden und Lastern ersoffen, und unter andern auch vest an seinem Leibe war, daß er nichts weniger als den Tod gefürchtet.

Nachdem aber besagter Stallmeister von den Croaten gefangen worden, und weder mit Säbeln, noch mit Schiessen, nieder gemachet[294] werden können, haben sie ihn bis an den Hals eingegraben, und mit Kugeln von grossen Stücken so lang nach seinem Haupt geworffen, bis er endlich elendiglich seinen Geist aufgegeben, und gestorben, wie er gelebet. Dn. Harsdörffer, im Schaupl. Jämmerl. Mordgesch. Part. 3. p. 116.

Ein Corporal zu Fellenstein ist von dem Feind gefangen, und mit Äxten und Rädern zu tod gemartert worden. Nach seinem Tod ist er lange Zeit als ein abscheuliches Gespenst gesehen worden. Id. ibid.

Ein anderer hat mit seiner Hand über hundert Soldaten von seinem Feind niedergeschossen und gestochen, allezeit aber unverletzt darvon kommen. Als ihn aber einsten jemand beredet, er solte doch diese teuffelische Kunst von sich legen, ist er in der nächst begebenen Gefahr jämmerlich umkommen, und hat sich darbey getrö stet, als er sterben wollen, daß man ihn gleichwol mit der Haut begrabe, welches keinem Esel widerfahre.

Zu geschweigen, daß man mit gleichmässigen leichten Künsten solche vestmachende Kunst leicht aufthun möge, wie bekandt; worvon aber unnötig ist etwas mehrers zu gedencken, u.s.w.

Denn man hatte aus der Erfahrung, schreibt M. Eckhardus, citante Dn. Freudio, daß dergleichen Eisenbeiser durch geringe und liederliche Mittel, (denn es ist vielleicht ein Teuffel, der zugefröret und wieder aufgefröret) geschwächet und aufgethan worden, daß die Waffen und Kugeln durch ihre Haut und Fleisch nicht anderst, als durch ein Papier, durchgedrungen. Und wenn sie schon eine lange [264] Zeit dieses Handwerck getrieben, so weiß man doch, daß es ihnen endlich, da sie am allersichersten, und an GOtt nicht gedacht, sehr grob gefehlet, und sie vom bösen Geist im Stich gelassen worden.


II. Dieweil aber auch in dieser Histori eines ungeheuren Riesen, deß Polyphemi gedacht wird, so meldten zwar davon Homerus, Ovidius und Virgilius, in ihren Gedichten; daß diese Cyclopes, grosse Riesen und Menschenfresser gewesen seyn, haben nur ein Aug, so groß als wol ein Schild, an der Stirn gehabt, und wie Strabo und Plinius anzeigen, sollen sie gewohnet haben in Sicilien, in den grossen Hölen und Speluncken der Berge: sie gebraucheten sich keines Gerichts und Rechts, was einem jeden gefiele, das war ihm recht; die Weiber entlehneten sie einer von dem andern, und die Kinder so sie zeugeten, nährten sie insgemein; ihre Insul darinnen sie wohneten, war so fruchtbar und fett, daß sie ohn alles Tüngen, ohn alle Mühe, Kosten und Arbeit, die Fülle hat ten; ihren Weinwachs hatten sie Sommer und Winter, ihre Insul war auch voller Geissen und Gemsen.

Insonderheit beschreibet Ovidius obgedachten ungeheuern Polyphemum[295] also, daß er war an der Grösse und Länge wie ein hoher Fels oder Berg; wenn er in das Gehöltz gienge und Holtz heim trug, lude er so schwer auf, daß, wenn er es von sich warff, es in seiner Hölen einen solchen grossen Laut gabe, daß der gantze Berg darvon erschütterte. Zu Nachts, wenn er wolte schlaffen gehen, so brachte er zur Stätte einen übergrossen Stein gleich einem Felsen, den 80. Rosse nicht vermochten wegzuführen, denselben lehnet er an das Thor an Statt eines Riegels.

Als auch der streitbare Ulysses mit seinen Schiffen an diese Insul anfuhre, und die Wohnung deß Polyphemi sehen wolte, ergriffe Polyphemus deß Ulyssis Gefehrten zween, einen jeden bey einem Fuß, und zerschmettert sie an dem Felsen, wie zwey junge Böcklein, darnach brach er ihnen ein Glied nach dem andern ab, bereitete es ihm zu, so gut ers kunte, und fraß sie zuletzt als ein hungeriger Löw, mit Haut und Haar, daß weder Eingeweide noch Beine überblieben, und also machte er es auch den folgenden Tag mit ihrer einem, der sich etwas in der Insul verweilet hatte. Als aber, solches mit List zu rächen, Ulysses ihn mit Darsetzung eines starcken Maronischen Weins, der in Thracia wuchse, truncken gemachet, daß er [265] darob entschlaffen und ausgestreckt auf dem Boden lage, da stiesse Ulysses ihm sein einzelicht Aug aus, daß er nichts mehr sehen kunte; darüber er sobald erwachet und thate einen solchen schröcklichen Schrey, daß er in der gantzen Insul erschallte, und die einwohnenden Cyclopen von allen Orten zulieffen, daß Ulysses und seine Gefehrten genötiget wurden, sich zu verbergen, und flohen zu ihren Schiffen: Als nun Ulysses gedachte, er wäre bereits dem Unglück entgangen, und wäre in Sicherheit auf seinem Schiff, schrye er von dar dem Polyphemo fast spöttlich zu; darüber ergrimmte der Ries daß er gantz ungestümmiglich mit beeden Händen einen ungeheuren Felsen-Stein ergriffe, und warffe den so nahe in das Meer an das Schiff Ulyssis, daß er bey nahe das Schiff getroffen hätte.

Sonsten nennet der Mann GOttes Moyses, Genes. 6. die Riesen Tyrannen, da der vierdte Versicul spricht: es waren zu den Zeiten Tyrannen auf Erden; welches die lateinischen Ausleger Gigantes gegeben, vielleicht darum daß sie so groß gewesen, daß die andern gegen ihnen zu rechnen kleine Knaben geschienen, oder aber, daß sie die Leute überfallen und gezwungen haben. Solche Riesen waren gar mächtig vor der Sündflut, und tyrannisirten fast über die gantze Welt, denn sie verliessen sich auf ihre grosse Stärcke; massen auch Ovidius zeuget, wie die Riesen oder Tyrannen sich auf ihre grosse Stärcke und Gewalt verlassen haben, und sich gegen andern Menschen erzeiget wie ein Löw gegen einem Hündlein, mit Rauben und Morden, mit Treibung Schand[296] und Laster.

Berosus ein alter heidnischer Geschichtschreiber meldet hievon also: sie erfunden neue Waffen, unterdrucketen jederman, frassen die Leute, verderbten die empfangenen Kinder, trieben Unzucht mit ihren eigenen Müttern, Töchtern, Schwestern, Knaben und Thieren, und in Summa, es war kein Laster das sie nicht begiengen; derowegen GOtt höchlich über sie erzürnet ward, daß er auch das gantze Erdreich durch die Sündflut vertilget.

Wo aber solche Riesen ihre Wohnung, Ort und Stette gehabt haben, wird ebenmässig von Beroso angezeiget, daß sie nemlich um den Berg Libanum gewohnet haben, in welches Gegend grosse Wälder seynd gestanden, da man das köstliche Cedernholtz gehauen.

In dem ersten Buch Mosis im 14. Cap. lieset man, daß die Riesen zu Astaroth, Karnaim, Susim und Hamim ge[266]wohnet haben: im vierdten Buch Moysis aber stehet, sie wohneten gegen Mittag zu Hebron; und, wie es daselbsten noch ferner lautet, wohneten sie in einem solchen guten Lande, darinnen gleichsam Milch und Hönig innen flosse: und als Moyses die Kundtschaffter, so das Land solten ausspähen, ausgeschicket, und sie wieder kamen, zeigten sie dem Volck an, wie sie haben eine gewaltige Landschafft gefunden, darinn gebauet wären grosse und veste Städte, und sie sahen auch Enacks-Kinder, das waren die Riesen.

Also waren auch Riesen zu Debir, Anab, und von allem Gebirge Juda, item zu Gasa, Asdod, Josuae im 11. v. 21. und im folgenden 12. Capitel stehet: Sie herrschten über den Berg Hermon, über Salcha, und über gantz Basan, bis an die Gräntze Gesuri urd Maachati. Und im 1. Buch Samuelis im 17. heisset es: Goliath und sein Geschlecht wohnet zu Gath. In Summa sie hatten die schönsten Wohnungen und beste fruchtbarste Länder innen.

Ferner und überdas zeiget die heilige Schrifft etliche Geschlechte und Nachkommen der Riesen an, als das erste und älteste Geschlecht die Enackims, derer die Schrifft fast oft gedencket: Sie wohneten gegen Mittag zu Hebron, Numer. 13. Devteron. 1. Josu. 11. und zu Josuae Zeiten wohneten die Kinder Enacks, als Ahima, Sesai und Thalamai, annoch zu Kiriatharba, das ist Hebron, welche Caleb vertriebe. Dieses Riesen-Geschlechte kam von Cain her, der bauete eine Stadt, die nennet er Enos, welche war eine Raubstadt; und von dieser Stadt Enos entsprungen ihre Namen.

Noch war ein Geschlecht der Riesen, welche die Moabiter nennten Emim, Genes. 14. Devter. 2. die hatten ihre Wohnung zu Ar, und Moysis Zeugniß nach, war es ein grosses und starckes Volck, wie die Enakim: von dem Geschlechte Esau her.

[297] Item das Geschlecht Sammesusnim, welche auch die Moabiter also nenneten: diese kamen gleiches Falls von den Nachkommen Esau her, Devteron. 2.

Ingleichen Rapha, 2. Samuel. 21. Dieses Geschlecht hatte ihren Sitz zu Gath; da war ein starcker Ries, mit Namen Saph, der war in dem Philister Krieg zu Nob, von dem Sibechai dem Husathiter erschlagen, geboren von Rapha.

Noch einer von Rapha, Jesbi zu Nob, den hat Abisai, der Sohn Zeruia, tod geschlagen. Item Orgim; dieser Ries ward zu Gob vom Elhana erschlagen.

[267] Ebenmässig war von Rapha das Geschlecht und Herkommen deß Riesen Goliath: Goliath hatte auch einen Bruder Lahemi, den erschluge Elhanan, 1. Chron. 21.

Die alte Frantzösische Chronica berichtet, daß zu den Zeiten Caroli deß Ersten dieses Namens, Königs in Franckreich, ein Ries von jetzterwehntem Geschlechte Goliath ankommen seye, mit Namen Ferragut, aus der Stadt Nadres, in den Syrischen Gräntzen herrschende: item Sibai, eben dieses Riesen Geschlechts. Und soviel saget auch die H. Schrifft von den Riesen, eosque vere fuisse praeter Sacrae Scripturae testimonia testatur D. Au gustinus, l. 15. de C. D. c. 9. et post alios vetustiores, Pererius in Genes. l. 8. c. 6.

Zu den Zeiten Käiser Heinrichs deß Dritten, ward zu Rom eines Riesen Cörper gefunden, länger denn eines kleinen Thurns hoch, sein Angesicht war fünffthalb Schuh breit; hatte eine Wunden über seiner Brust, grösser, daß man sagen darff, ein brennend Liecht stund zu dessen Haupt, auf seinem Grab aber stunde geschrieben:


Filius Evandri Pallas, quem lancea Turni

Militis occidit, Mole suâ jacet hîc.


Sonsten schreibt man von dem Hildebrandt, von dem starcken Dieterich von Bern, vom starcken Eck, dem Hürnen Seyfried, (welches Rüstung man zu Worms in dem Thum zeiget) und andern grossen ungeheuren Riesen mehr, viel Wunder-Dings; welches alles aber mag in seinem Wehrt beruhen.

Anno 1585. den 24. August, am Tag S. Bartholomaei, ist in einem Flecken, Hartmansweiller genannt, bey Winnetten in dem Würtenberger Land gelegen, eine grosse Gruben, wegen vermutlich vieles und grosses Regenwetters, eingefallen oder gesuncken, zwar ausserhalb deß Fleckens, in welcher einer, der sichs am wenigsten versehen hätte, erstlich gefunden hat einen Knochen oder Bein, vier Spannen lang: als man aber weiter nachgegraben, da hat man ferner gefunden etwas grössere Beine, bey fünff Spannen lang, und einer Spannen dick; der Cörper aber war[298] in der Breite wol sechs Schuh, der Kinnback hielte 16. Pfund weniger einen Vierding1; der Kopff war so groß als ein Simmer-Mas, und ein Zahn hielte etwan 12 oder 13 Loth schwehr. Man hätte gern dengan tzen Cörper zusammen gebracht, aber es ist viel darvon von denen von Adel, die deß Wunders halben dahin gekommen, genommen und weggeführet worden.

[268] Natalis Comes, ein Ausleger der poetischen Gedichte, schreibet, daß in Thessalia gefunden, und aus der Erden ausgegraben worden, ein Knoche von eines Menschen Schenckel, so groß und schwehr, daß wie man ihn hat wegführen wollen, solchen kaum dreyssig paar starcker Ochsen wegbringen können.

Ein anderer gelehrter Mann, Baptista Pius, welcher über den Lucretium geschrieben, bezeuget, daß er mit seinen Augen habe liegen sehen am Gestade deß Meeres zu Utica, einen Menschen-Zahn, so groß, daß ihm unserer gemeinen Zähne hundert kaum gleich.

Heut zu Tage ist ein grosses Land, auf etliche hundert Meilen sich erstreckend, in der neuen Welt, genannt Chili und Chica, dessen Einwohner alle schröckliche Riesen seynd, gegen welche die Holländer, so dahin gekommen, als Krähen oder kleine Hündlein geschienen. Diese, auf daß sie ihre Mannheit und Stärcke den Holländern erzeigeten, haben ihre lange Spiese, mit eisernen scharffen spitzigen Widerhacken oben versehen, und beschlagen, durch den Mund und den Hals, bis unten auf den Grund des Magens hinab gestossen, und bald hernach wieder ohne Schaden heraus gezogen. Da denn zu verwundern, daß die scharffe eiserne Spitzen nicht seyn im Halse stecken blieben.

Wiewol im End ein und andere fast zweiffeln wollen, ob dergleichen Riesen sich jemaln gefunden haben? das Gegentheil aber behaupten unter andern Del-Rio, in Senec. Troad. Comm. part. 2. num. 91. Majolus, Dier. Canicul. Coll. 2. part. 1. Kormann. de mirac. vivor. Bau hinus, lib. 1. de Hermaphrod. c. 8.

Fußnoten

1 Eine andere ausgabe, deren titelblatt in dem mir vorliegenden exemplar der Straßburger universität-und landesbibliothek fehlt, liest Vierring. Die ausgabe von 1695 hat Vierding.


Quelle:
Pfitzer, Nikolaus: Das ärgerliche Leben und schreckliche Ende deß viel-berüchtigten Ertz- Schwartzkünstlers Johannis Fausti [...]. Tübingen 1880 [Nachdruck: Hildesheim, New York 1976].
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