Das viertzigste Capitel.

D. Faustus verzaubert einem groben Bauern, der in die Stadt gefahren, und Faustum nicht auf den ledigen Wagen sitzen lassen wollen, die Räder von dem Wagen in die Lufft.

[315] IN der Stadt Braunschweig wohnete ein vornemer von Adel, der an der Schwindsucht kranck lange Zeit darnider gelegen, und ob er wol alle in und ausser der Stadt befindliche Ärtzte zu sich erfordert, wolte doch nichts nicht, [286] wie zwar insgemein zu geschehen pflegt, verhelffen; weiln denn alle natürliche Mittel vergebens und umsonst, wolte er sich endlich auch der Magischen Cur deß damals in der Nähe auf einem Schloß sich aufhaltenden D. Fausti, auf Beyrathen eines guten Freundes, untergeben: beruffte ihn demnach schrifftlich, und mit Versprechung einer reichlichen Belohnung, wo er ihm helffen werde, zu sich.

D. Faustus sande den Boten gleich wiederum zuruck, und versichert diesen Beamten, daß er bald kommen, und sich nicht säumen wolte: und ob er wol gute Gelegenheit von dem Herrn deß Schlosses so zu reiten als zu fahren hatte, wolte er doch lieber, massen auch sonsten seine Gewohnheit war, zu Fuß gehen. Als er nun von ferne der Stadt ansichtig ward, ward er gleich hinter ihm nahe eines Bauren gewar, der einen leeren Wagen, mit vier Rossen bespannet, hatte, und ebenermassen der Stadt zufahren wolte, diesen Bauren nun sprache D. Faustus mit guten Worten an, er solt ihn auf den leren Wagen sitzen lassen, und ihn, weil er fast müde wäre, führen bis an das Stadtthor; welches ihm aber der Bauer abschluge, sagend, er würde ohne das genug aus der Stadt zu führen haben, wolte nicht erst sich mit ihm verweilen, und ihn aufsetzen: wiewol es dem D. Fausto nicht Ernst ware, sondern thäte nur einen Versuch, ob der Bauer so diensthafft seyn würde. Dem D. Faustus aber thäte diese grobe Weise, und unbillige Antwort deß Bauren sehr wehe, gedachte bey sich selbst: harr du grober Esel, du must mir herhalten, ich will[315] dich mit gleicher Müntz bezahlen, thust du solches einem Fremden, was wirst du sonsten thun? alsobald spricht er etliche Wort, da springen die vier Räder zugleich vom Wagen, und fuhren zusehend in die Lufft hin[287]weg, gleichermassen fielen auch die Pferde nieder, als wären sie vom Hagel getroffen worden, und regten sich nicht mehr. Dieses nun der Bauer sehende, erschrack er, wie leicht zu glauben, von Hertzen, weinete, und bate mit aufgehabenen Händen den D. Faustum, er solte ihm Gnade erweisen, er wüste wol, daß er sich grob an ihm, als einem Fremden, erzeiget hätte, allein er wolte es nicht mehr thun, u.s.w.

Was solte nun D. Faustus thun? Er sagte, ja du grober Gesell, thue es hinfüro keinem mehr, was du mir gethan hast, ich will dißmal deiner verschonen: damit du aber nicht gar leer ausgehest, und zugleich ein Andencken haben mögest, andere Fremde nicht solcher Gestalt zu tractiren, so nimm das Erdreich unter deinen Rossen, werffe es alsobald auf sie; der Bauer gehorchet dem Fausto, und wirfft die Erden auf sie, alsobald richteten sie sich wieder auf: aber, also fuhr D. Faustus fort, deine Räder wiederum zu überkommen, so gehe gleich der Stadt zu, und bey den vier Thoren wirst du ein jegliches Rad finden und antreffen. Brachte also der Bauer den halben Tag zu bis er seine Räder bekam.


Anmerckung.

I. Es fraget sich aber allhier gleich Anfangs, ob dieser schwindsüchtige Edelman recht gethan habe, daß er sich, da keine natürliche Cur verfangen wollen, der ohne Zweiffel beschreyeten zauberischen, oder wie mans sonst lieber aussprechen will, der Magischen Cur D. Fausti untergeben? oder, ob noch heutiges Tags ein rechtschaffener Christ mit gutem Gewissen, der Zauberer und Hexen zauberische und aberglaubige Mittel, auf den Nothfall könne gebrauchen.

Bodin. Daemon. Teutsch, p. 157. M. B. Waldschmid. Pyth. End. p. 315. und sonderlich M. Freudius im Gewiss. Fr. von Zaub. p. 427. beantworten solche Frage mit nein. Denn daß kein rechtschaffener Christ mit gutem Gewissen solche zauberische aberglaubische Artzneyen und Mittel gebrauchen könne und solle, ist daher offenbar, weiln 1. dieses wider Gottes ausdrücklichen [288] Befehl ist: denn wie GOtt alle Weissager,[316] Zeichendeuter, Zauberer, Beschwörer, als einen Greuel für Ihm, verbotten, also hat Er auch dieselbige um Raht zu fragen, und deren Mittel zu gebrauchen, ebenmässig ausdrücklich verbotten im dritten Buch Mos. im 19. v. 31. hat ingleichen die jenigen, so solche Zauberrähte und Mittel gebrauchen, aus seinem Volck auszurotten gedrohet, im zwantzigsten Capitel gedachtes Orts, vers. 6. Eben dieses bestättiget auch der Apostel Paulus, da er in der Epistel an die Römer im ersten Cap. v. 32 insgemein sagt, daß nicht allein deß Todes würdig seyn die, so schändliche Sünden-Greuel thun, sondern auch die, so Gefallen haben an denen, die es thun. Nun aber ist Zauberey ein Werck deß Todes je würdig und schuldig; die denn darein verwilligen oder Gefallen daran haben, und dadurch sich wollen geholffen haben, müssen ja nach den klaren Worten deß Apostels auch deß Todes würdig seyn. Denn wie kan einer bey seiner oder der seinigen Kranckheit und Leibs-Gebrechen, die Hexen und Zauberer consuliren und Rahtfragen, ohne ihre Einwilligung?

Zum andern, so versündigen sich alle die, so zu den Zauberern und Hexen lauffen, am allerschändlichsten 1. an GOtt und seinem Wort insgemein: denn sie lieben, fürchten und ehren GOtt und sein Wort nicht, weil sie seine Gebot nicht halten, Johan. 14. v. 21 in der Noth Ihn nicht anruffen, Psalm 50. v. 15. Sie versündigen sich insonderheit 2. an GOTT dem Vatter: denn sie erkennen, ehren und halten Ihn nicht für ihren Vatter. Wer aus GOtt geboren ist, der thut nicht Sünde. Daran wirds offenbar, welche die Kinder GOttes, und Kinder deß Teuffels seynd, 1. Johan. 3. v. 9. 10. Wenn du Zaubermittel brauchest, so thust du Sünde, thust unrecht; darum so bist du nicht GOttes Kind. Bist du nicht GOttes Kind, so bist du gewiß deß Teuffels Kind. Sie versündigen sich 3. an ihrem Erlöser JEsu Christo: denn dieser ist kommen, daß er die Werck deß Teuffels zerstöre, 1. Joh. 3. v. 8. durch die Zaubermittel aber wird deß Teuffels Reich aufgerichtet, geheget und gepflantzet. Sie versündigen sich 4. an dem Heiligen Geist; denn sie weichen von ihm zum bösen Geist, indem sie den Zauberern nachhuren, Levit. 20. v. 6. Sie versündigen sich 5. an den heiligen Sacramenten, sonderlich der heiligen Tauff, darinn sie GOtt mit Leib und Seel sich ergeben, und einen Bund deß guten Gewissens mit GOtt [289] aufgerichtet, dargegen dem Teuffel, und allen seinen Wercken und Wesen abgesagt. Solchen Bund brechen sie, wenn sie die Zauberer und Warsager rahtfragen, sich zum Teuffel wenden, seiner Wercke und Wesens gebrauchen. Sie sündigen auch 6. wider ihren Christlichen Glauben. Denn der wahre Christliche Glaube ist eine hertzliche Zuversicht an den einigen wesentlichen GOtt, Vatter Sohn und H. Geist, sich[317] auf denselbigen verlassend, daß er allein in allen Nöthen helffen könne, weil er allein allweiß, allein allwissend, allein allmächtig. Wo solche Zuversicht ist, da ist ein rechter Glaub, wo solche nicht ist, da ist kein rechter Glaub nicht. Solche Zuversicht haben sie nicht, wenn sie dem Teuffel und seinen Werckzeugen nachlauffen. Denn wenn sie recht glaubeten, daß ein GOtt in der Christenheit wäre, was dörffen sie zu denen lauffen, die all ihr Kunst und Hülff vom Teuffel haben? Sie sündigen 7. wider die göttliche Mittel, so GOtt verordnet. GOtt der HErr hat uns diese Ordnung in seinem Wort vorgeschrieben, daß, wenn wir in Nöthen Leibes und der Seelen gerathen, wir erstlich erkennen sollen, woher solche Noth komme? nemlich von wegen der Sünde: darnach wahre Reu und Leid über unsere Sünden haben, GOtt um Vergebung derselben anruffen. Denn auch ordentliche Artzney-Mittel gebrauchen, nach der Anweisung Syrachs im 38. Capitel letzlich Gedult tragen, wenn rechtmässige Artzney nicht will helffen, und gedencken, es sey eine vätterliche Züchtigung GOttes, mit welcher Er uns am Leib straffe, auf daß der Seelen wol seye. Diese Ordnung aber kehret dieser stracks um, welcher deß Teuffels und der Zauberer Raht begehret.

Zum Dritten begehen sie mit ihren Zauber-Räthen und Hülffmitteln schröckliche Abgötterey, greuliche Thorheit, grausame Vermessenheit, und aberglaubige Blindheit. Abgötterey in dem, daß sie sich von GOtt zum Teuffel wenden, machen aus dem, der ein Beelzebub oder Fliegen-König, einen Menschen-GOtt: aus dem der ein Lügner von Anfang ist, einen Warsager: aus dem der ein Mörder ist, einen Lebendigmacher: aus dem der ein abgesagter Menschenfeind ist, einen Freund, Helffer und Erretter der Menschen. Diß ist ja eine schwere Sünde, wenn ein Mensch andere Götter neben GOtt haben will, oder GOtt gar fahren lassen, und Hülffe mit Saul bey den Zauberer und Warsagern suchen will, da es doch heisset: [290] Ich bin der Herr dein GOtt, du solt keine andere Götter neben mir haben.

Thorheit in dem, daß solche Leute fliehen von GOtt zum Teuffel, von der Wahrheit zu der Lügen; von dem der der gute Vatter ist über alles das Vatter heist im Himmel und auf Erden, zu dem Ertzfeind und Bösewicht, wie ihn Paulus nennet, Ephes. 6. v. 16. von dem getreuen guten Hirten, zu dem brüllenden Löwen, Petri Aussage nach, seiner ersten Epistel im 5. v. 8. welcher sich etwan freundlich stellet und erzeiget, daß er seine Feindschafft desto besser an dir vollbringe, von diesem wilt du, daß dir geholffen werde. Welcher etwa den Leib heilet, daß er entweder denselbigen mehr und gefährlicher verwunde, oder je zum wenigsten die Seel verletze, von diesem wilt du gesund werden. Welcher ein Lügner ist, und etwa einmal zwey wahr gesaget,[318] damit er dich desto mehr betrüge, von diesem wilt du die Warheit erforschen. Ist das nicht greuliche Thorheit?

Grausame Vermessenheit aber, indeme der Zauberer mehrmal solche Mittel zu gebrauchen befiehlet, die keiner nicht ohne grosse Sünde gebrauchen kan; ja wie die Erfahrung lehret, da unter dem Schein der Cur, mancher Zauberer seinen geilen unkeuschen Willen zu verüben gesuchet hat.

Aberglaubige Blindheit ist es auch: denn gemeiniglich diese Mittel nichtig, zum theil lächerlich und aberglaubig seynd.

Endlich ist dieses hochschädlich. Denn GOtt der HErr drohet im dritten Buch Moysis im 20. v. 6. Er wolle sein Antlitz wider sie setzen, und sie aus ihrem Volck rotten. Wenn sich aber der HErr wider einen setzet, wehe einem solchen! was will da für Glück und Segen seyn? und was GOTT dißfalls gedrohet, das hat Er mit denckwürdigen Exempeln bewähret.

Die Cananiter hat Er um solcher Greuel willen vertrieben, und sie aus dem Land vertilget, wie zu sehen im fünfften Buch Moysis im 18. v. 12. 14. Saul, der König in Israel, hat um dessentwillen müssen umkommen, und zum Teuffel fahren, 1. Samuel. 28. Ahasia ingleichen, der König in Israel, im andern Buch der Könige im 1. v. 16.

Dergleichen Exempel noch heutiges Tags viel gefunden werden da ihrer viel, wenn sie schon lang dem Baalsebub, dem Teuffel zu Eckron, den Zauberern, Hexen, Warsagern, Segensprechern, nachgelauffen, alles was sie haben, an sie [291] gewendet, dennoch nicht genesen, sondern endlich der Kranckheit eingehen und sterben müssen.

Wie nun ein Christ der Hexen und Zauberer zauberische aberglaubige Mittel zu Vertreibung ein und anderer Kranckheit, mit gutem Gewissen nicht gebrauchen kan, also soll viel weniger Zauberey mit Gegenzauberey oder Hexerey-Mittel geheilet und vertrieben werden; denn das hiesse, einen Teuffel mit dem andern vertreiben. Und ist hierbey die Regul S. Pauli wol in Acht zu nemen, Römer. 3. v. 8. Man soll nichts Ubels thun, daß Gutes daraus komme.

Sprengerus in seinem Malleo Maleficarum gedencket eines Exempels, daß ein Bischoff in Teutschland gewesen, welcher in eine beschwerliche Leibesschwachheit gefallen war. Als er nun von einer alten Vettel berichtet worden, seine Kranckheit sey ihm durch Zauberey beygebracht, könte ihm auch auf keine andere Weise benommen werden, als wenn solche angezauberte Kranckheit wiederum auf die Zauberin selbst geza ubert würde; ist ihm dem Bischoff solcher Handel gantz wunderlich vorkommen, daß er sich auch darüber hefftig entsetzet hat. Er wird aber Rahts, und schicket eine eigene Post nach Rom zu dem damaligen[319] Papst Nicolao V, bittet um Dispensation hierinn, solche Mittel vor die Hand zu nemen, und zu gebrauchen: welches denn der Papst, der den Bischoff sehr liebete, gerne geschehen liesse und erlaubete. Doch stunde in dieser Dispensation ausdrücklich: ut ex duobus malis fugiatur majus, damit aus zweyen Ubeln das Böste verhütet werde.

Da nun das verlangte Erlauben des Papsts ankommen, und der Zauberin vorgelesen worden, hat die Zauberin, so sich dazu erbotten, darauf gesagt: dieweil es dem H. Vatter, dem Papst, sowol auch dem Ehrwürdigen Bischoff also gefällig, so wolle sie die Sache angreiffen, und das Ihrige darbey thun. Was sie nun gemacht habe, ist niemand wissend, aber daß sie Zauberey gebraucht, daran ist kein Zweiffel. Denn der Bischoff ist alsbald damals in der Mitternacht restituiret worden, und zu seiner Gesundheit kommen; die Hexe aber ist eben um dieselbige Stunde in eine hefftige Kranckheit gefallen, daran sie auch endlich gestorben.

Ein Christliches Hertz hergegen wird gewißlich lieber wollen sieben Jahr lang mit dem gedultigen Hiob aushalten: oder achtzehen Jahr mit dem verlahmten Weiblein: ja 38 Jahr mit jenem Krancken bey dem Teich Bethesda; als auf solche Art und Weise sich von der Kranckheit befreyen wollen.

[292] Es möchte aber jemand einwenden und sagen: ja lieber GOtt, wer hangt der verlangt, einer der von bösen Leuten an seiner Gesundheit gefähret und beschädiget worden, der hätte ja freylich solche gerne wieder: wenn nun aber kein Medicus und Artzt helffen kan, so kans ja so unrecht nicht seyn, wenn man ihm durch Zauberer und Hexen wieder helffen lässet, die zur Zeit helffen können.

Darauf ist zu wissen, daß solche Leute, die dieses sagen oder dencken, gleichen Sinn haben mit dem Theophrasto Paracelso, l. de Morb. Caduc. der einsten ungescheuet gesagt: es sey nichts daran gelegen, ob GOtt oder der Teuffel, Engel oder böse Geister, dem Krancken helffen, wenn nur der Kranckheit abgeholffen werde. Welchen lästerlichen Worten aber entgegen zu setzen seynd die Wort Chrysostomi, Homil. 8. in Epist. ad Coloss. Es ist besser, sagt er, tausendmal sterben, denn sich einer verfluchten zauberischen Artzney gebrauchen, die den Leib zwar erhält, die Seele aber tödtet.

Dieses hat in Acht genommen König Philippus in Franckreich: denn als ihme in seiner Kranckheit gerahten wurde, er solte Magische Hülffe gebrauchen, weiln die natürlichen Mittel nicht helffen wolten, da wolte er nicht, sondern sagte: er wolte lieber gedultig sterben, denn unrechtmässige und unchristliche Mittel brauchen, er müsse doch einmal sterben.

[320] Darum soll ein jeder lieber in GOttes Namen kranck seyn, denn ins Teuffels Namen begehren gesund zu werden; lieber mit GOtt nach seinem Willen sterben, denn sich einer verfluchten zauberischen Artzney bedienen und also mit dem Teuffel leben wollen; lieber mit GOtt ein kranckes Vieh, als mit dem Teuffel ein gesundes und starckes haben.

Zu dem, wenn Zauberer und Hexen bey ihrer Hülffe, wie sie vorgeben, natürliche Mittel gebrauchen, so können ja erfahrne und gelehrte Medici dieselbe auch brauchen; und ist daher nicht Noth, daß man sie fahren lasse, und sich zu diesem Zaubergesinde wende. Denn obwol der Teuffel eine weit längere Erfahrung hat in der Natur, als der Mensch, und mit der Heilung geschwinder fertig wird, als sonst ein Medicus: jedoch weil der Teuffel mit seinem Heilen die Menschen nur zu sich locket, und was er an einem Ort gut machet, das verderbet er dargegen an zweyen, nutzet er dem Leib, so schadet er der Seelen und dem Gewissen, welches durch den Gebrauch seiner Mittel gefährlich verwundet wird, und wie [293] sonsten auch all sein Thun auf Betrug gerichtet ist: also soll sich billich ein jeder für ihm und seinen Werckzeugen hüten.


II. Zumaln und fürs ander, wenn man bedencket und zu reifferer Erwegung ziehet das jenige, daß die Erfahrung von dergleichen Personen vielfältig bestättiget hat, nemlich, daß jeder Zauberer, der Kranckheiten und das Bezauberte zu curiren sich ausgibt, nichts anders sonderlich von ihm begehret, nur daß der Krancke festiglich glaube, und ihm gäntzlich vertraue, er werde ihm gewißlich helffen.

Was ist aber dieses anders, denn eine schändliche begehrte Abgötterey? sintemal ja hiemit das Vertrauen, welches allein auf den Schöpffer zu setzen, dem Geschöpff zugeeignet wird: auch wendet der Satan alsdenn alle seine Kunst und Macht dahin an, damit er nur diese, die auf ihn, oder die Creaturen trauen, heile und helffe.

Herr G. P. Harsdörffer im siebenden Theil deß grossen Schauplatz Jämmerlicher Mordgeschicht, Hist. 169. erzehlet folgende Geschicht:

Zu Brüg in Flandern hielte sich eine alte, und dem Ansehen nach erbare Matron auf, sie heilete viel unheilsame Kranckheiten, richtete die Krummrückige gerad, und hatte niemand über ihren Wandel zu klagen; ja das gemeine Volck hielte sie fast für eine Heilige, bey welcher man in allen Fällen sich Rahts erholte. Gegen solcher Heilung legte sie Wallfarten an die umliegenden Örter auf, und befahle man solte so und so viel Messen lesen lassen, Allmoß geben, und was dergleichen gute Werck mehr waren.

Die Obrigkeit hatte hierinnen ein wachendes Aug, und fragte diese,[321] aus was Macht sie solches thäte? Sie antwortet, daß solches alles zu gutem End, und mit guten Ursachen beschehen: die Mittel wären auch heilig und unsträfflich, daß man nicht Ursach sie zu schelten, viel weniger in einer so schmählichen Gefängniß (wie geschehen war) länger anzuhalten. Weil man aber diese für keine Heilige ansahe, wie sie wolte gehalten seyn, wurde von dem Raht zu Brüg geschlossen, man solte sie auf der Marterbanck ferners fragen. Welches auch geschehen.

Bey angestellter Frage war der Burgermeister deß Orts, welcher mit dem Zipperlein schmertzlichst geplaget war; diesem versprach sie, daß sie ihn alsobald heilen, und seiner Plage erledigen wolle. Der Burgermeister hörte solche fröliche Post, [294] und versprache ihr, wenn sie ihn der Schmertzen beständig erledigen würde, zwey hundert Cronen zu geben. Die andern Schöpffen aber liessen sie abtretten, und führten dem Herrn Burgermeister zu Gemüte, daß solche Heilung mit teufflischen Mitteln, nicht zu wünschen, als durch welche der Leib geheilet, sein Gewissen aber und Seele vielmehr verletzet würde.

Solches nun zu beglauben, liessen sie die Hexe wieder aufführen, und fragten: was sie für Artzneyen zu dem Zipperlein gebrauchen wolte? Sie antwortet, keine andere, als daß der Herr Burgermeister glaube, ich könne und werde ihm helffen. Hierdurch wurde sie noch mehr verdächtiger, der Burgermeister aber wendig gemachet, und sie an die Folter geworffen; weil die Apostel und heiligen Männer GOttes in dem Namen Christi, und nicht solcher Gestalt Wunder gethan, und niemals begehret, daß man auf ihre Person einig Vertrauen setzen solte.

An der Folter bekennet sie etliche schlechte und unsträffliche Sachen, für die Zauberey aber laugnet sie beständig. Nach etlichen Tagen wird sie wiederum angespannet, da sie angefangen zu schreyen, man solte sie von dannen lassen, oder man würde ein übles Rauchwerck von ihr pressen. Man liesse sie nach ihrer Nothdurfft gehen, und nachdem sie eine halbe Stund verzogen, ist sie härter als zuvor angestrenget worden: da sie denn angefangen zu lachen, mit den Händen zu klopffen, und zu sagen, daß noch die Schöpffen, noch der Hencker wider sie nichts werden ausrichten, fienge auch endlich an zu schlaffen.

Nach etlichen Tagen ist sie zum dritten mal angezogen und peinlich verhöret worden: bevor aber hat man ihr die Haar von dem Haupt abgeschoren, da sie denn wie zuvor nichts bekennen wollen: deßwegen deß Henckers und Henckersknechten Weibern Befehl ertheilet worden, ihr alle Haar am gantzen Leib abzuschneiden, in denen sie viel Brieflein, mit deß Teuffels Namen, gefunden, und ihr weggenommen.

So bald dieses geschehen, hat sie alle ihre Missethaten bekennet,[322] und gesagt, daß man ihr gewiß nicht würde haben beykommen mögen, wenn man ihr nur die Zettelein gelassen hätte; nun aber müste sie gestehen, daß sie mit dem bösen Geist sich verbunden, und bisher alles durch ihn gewürcket, u.s.w. Deßwegen wurde sie deß Lands verwiesen, bey Straffe deß Feuers, wenn sie würde wiederkommen.

Also wanderte sie aus Flandern in Seeland nach Mittelburg, da sie anfienge das alte Handwerck zu treiben. Flo rent [295] Dam, Bannrichter deß Orts, hatte vernommen. was mit dieser Hexen zu Brüg vorgelauffen, und als er wahre Kundtschafft eingezogen, daß sie ihre Hexerey und Teuffelskunst fortsetzte, auch ihre Aussage so sie in der Gefängniß zu Brüg gethan, schrifftlich erlanget, hat er sie lebendig verbrennen lassen.

Es hat auf eine Zeit eine Adeliche Person, einer auch Edlen Tochter das Zahnweh durch einen zauberischen Segen gestillet. Als sie aber folgends von wegen deß abgöttischen Mittels, so sie gebraucht, gescholten ward, hat es sie von Hertzen übel gereuet: darauf denn der vorige Schmertz wieder angangen, hat aber nachgehender Tagen selbst nachgelassen.

Es schreibet Rudolph Gvverb, p. 174. ein gut arm Gesell kam zu mir, klagt mit weinenden Augen den überaus grossen Schmertzen, den er auf der einen Seiten deß Haupts schon eine geraume Zeit erlitten hatte. Und weil es ihm auf dem Wasser zu Nachts widerfahren, haben es die Leute einen Nachtschaden genennet, und ihn deßwegen zu einen Segensprecher gewiesen, sich von ihm segnen zu lassen. Er habe gefolget, demselben Segner einen Batzen gebracht und gebetten, daß er ihn versegnen wolle, welches er gethan habe: weil er aber ihm hin und zuruck gehen gezweiffelt, ob es auch müglich sey, daß ein solcher Segen ihm so einen unerträglichen Schmertzen benemen könne, sey ihm nicht allein nicht geholffen, sondern der Schmertz um ein Gutes vermehret worden.


III. Uber das und zum Dritten, erscheinet auch hieraus der Betrug deß leidigen Satans, und seine Begierde Schaden zu thun, in dem, daß er gemeiniglich die Zauberer und Hexen dahin anhält, daß, wie sie freywillig bekannt haben, wenn sie durch ihre Zauberey jemand wollen gesund machen, sie dieselbige Kranckheit, die einem abgenommen wird, sobald einem andern müssen anzaubern; oder wo sie solches nicht vermögen, sobald selbst darüber umkommen. Denn der Teuffel will Unglück haben, solte es gleich seine eigene Diener treffen, wie Bodinus redet, und es mit Exempeln bestättiget, Dæmonom. Teutsch, p. 159.

Hulin Petit, ein Holtzhändler zu Orleans, war von bösen Leuten verzaubert, daß er fast tödliche Schmerzen empfande: dieser beschickte[323] einen alten Schwartzkünstler und begehrete seiner Hülffe. Der Zauberer sagte, daß er nicht beym Leben könne erhalten werden, wenn er nicht geschehen lasse, daß seinem Söhnlein, welches noch an der Mutter Brüsten lag, solche Kranckheit [296] angethan würde. Der verfluchte Vatter verwilligte in seines unschuldigen Kindes Tod.

Die Kindsmagd, welche dieses unvermerckt anhörte, träget das Kindlein, welches sie sehr liebte, sobald hinweg, daß es dieser treffliche Artzt nicht beobachtet. Als nun dieser Zauberer den Vatter angerühret, wurde er augenblicklich gesund, und als er das Kind nicht mehr sahe, selbiges auch anzurühren, hat er angefangen zu schreyen: Ach! ich bin deß Todes! wo ist das Kind? wo ist das Kind? Er hatte auch den Fuß nicht für die Thürschwelle gesetzet, da ist er starr tod zur Erden gefallen, und gantz erschwartzet, wie ein Mohr, daß er sehr abscheulich ausgesehen, und ohne Zweiffel von dem höllischen Mohren also zugerichtet worden.

Von einem Edelmann zu Paris schreibt gemeldter Bodinus, l. c. als ihm eines seiner Pferde kranck worden, hab er einen Zauberer aus dem Land Auvergne, um Hülff und Raht ersuchet; derselbige hab zwar dem Pferd geholffen, doch also, daß er den Schaden oder die Kranckheit dem Diener deß Edelmanns aufgelegt: und da man bey ihm angehalten, er möchte nun auch dem Diener helffen, hat er den Edelmann fragen lassen, ob er lieber das Pferd oder den Diener verlieren wolte? ehe aber die Antwort kommen, sey der Diener tod gewesen; darüber dieser Beschwörer gefänglich eingezogen und hingerichtet worden, Anno 1579.

Zu Thoulouse hatte ein Student das viertägige Fieber, das wolte ihm ein Zauberer abhelffen, und sagte er solte diese Kranckheit seinem Feinde schencken. Der Student sagte, daß er keinen Feind hätte: wol sagte der ander, so schencket es dem Diener: das wolte er auch nicht thun, weil er ihm treulich gedienet. So schenckt mir das Fieber, sagte der Zauberer. Darein willigte der Student, das Fieber verliesse den Studenten, und der Zauberer bekam es alsobald, ist auch daran gestorben.

Zu Nantes hatte eine Hexe ihre Nachbarin bezaubert; als sie nun von der Obrigkeit, wegen starcken Verdachts, gezwungen worden, daß sie die Krancke anrühren müssen, ist sie alsobald genesen: die Zauberin aber tod darnieder gefallen.

Hie fragt sichs aber, ob ein Richter einen Zauberer nöthen soll, daß er den Bezauberten anrühre? Herr Harsdörffer part. 2. deß Schaupl. J. M. Hist. 174 ertheilet diese Antwort: für das Ja-Wort, spricht er, streitet erstlich, daß der [297] Richter schuldig ist dem Ubel zu steuren, und den unrechter Weise Geplagten zu helffen. Zum andern, daß solche[324] angezauberte Kranckheiten durch natürliche Mittel nicht mögen geheilet werden. Drittens, daß der Zauberer dardurch geoffenbaret, und sich selbsten straffet, wie aus vorhergehendem zu ersehen.

Die Ursachen aber für das Nein-Wort scheinen viel stärcker: Erstlich, kommet von GOtt Kranckheit und Gesundheit, und nicht von dem Satan und seinen Werckzeugen: Zum Andern, soll man nicht Böses thun, daß Gutes daraus erfolge: Drittens, raumet man den bösen Leuten zu viel ein, indem man ihnen Glauben zustellet; und ist besser in dergleichen Zustand ein brünstiges und allgemeines Gebet, durch welches man Gott in die Ruthe fället, und dieser seiner Nachrichter Schwerd gleichsam zuruck halten kan.


IV. Letzlich gehöret auch hieher, was von dem Büssen oder Segensprechen über die Kranckheiten zu halten seye.

Oberwehnter Herr Freudius, wie ebenmässig M. B. Waldschmid, loc. cit. p. 645. saget unter andern hiervon also: von den jüdischen Cabalisten ist solcher Greuel geheget; im Papstthum ist er beliebet und so zu reden flück worden, in die Kirche GOttes aufgeflogen, und leider auch unter uns, als ein schnöder Sauerteig, der längst mit aller Macht hätte sollen ausgefeget worden seyn, verblieben.

Solch Segensprechen aber der alten Weiber, und heimlichen Zauberer ist anders nichts, als ein unchristlicher Mißbrauch deß Worts GOttes, deß Namens der heiligen Dreyfaltigkeit, u.s.f. Darauf GOttes ernstliche und unausbleibliche Straff folget, als welcher den nicht will ungestraffet lassen, der seinen Namen mißbraucht. Daß es über das ein grosser Aberglaub sey, wenn man den Worten solche Krafft und Würckung zuschreibet, die sie doch selbsten an sich und in ihrer Natur nicht haben, und um deß willen auch das Vertrauen setzet auf etwas, das doch nichts ist: ja daß es im Ende eine Gemeinschafft sey, die man hierinnen mit den Zauberern, Hexen, Segensprechern, Beschwörern hat. Und können daher solche Leute die es thun, hieraus erkennen, wie schwerlich sie sich damit versündigen, und sich deß Zorns und der gerechten Straffen GOttes theilhafftig machen: denn sie setzen ihr Vertrauen nicht auf GOTT und seine Hülffe, sondern auf die [298] gesprochene oder geschriebene Wort, welche, ob sie wol gut seynd, werden sie doch nicht in ihrem rechten Gebrauch gelassen, darzu sie GOtt gegeben hat.

Wenn nun aber solche Leute die es thun, daran gleichwol nicht unrecht wollen gethan haben, sondern Erstlich einwenden und sagen, es seyn gleichwol gute Kräuter und Mittel, die der Meister oder das Weib brauchet, item, es seynd lauter gute Wort, die man darzu brauchet, was solte es unrecht seyn, daß man dieses oder jenes thut und braucht,[325] im Namen GOttes deß Vatters, deß Sohns, und deß H. Geistes? daß man Vatter unser, Glauben, Ave Maria, das Wort Adonai, den Namen Jehovah, die Namen etlicher Engel, den Namen JEsus, Maria, der Apostel, der vier Evangelisten, der fünff Wunden Christi, die sieben Wort am Creutz, die Wort JESUS Nazarenus Rex Judæorum, S. Johannis Evangelium, Agnus DEI, etc. darzu spricht: daß man selbige zum dritten, siebenden und neundten mal, mehr oder weniger spricht? das seynd ja gute heilige Wort? Wisse aber, daß die Wort zwar gut seyn, allein der Mißbrauch und die Entheiligung derselben sey gar zu bös, oder wie Herr Lutherus redet an einem Ort: sie seynd nicht darzu verordnet, daß du ihrer mißbrauchen solt, sondern daß du daran glaubest, und in und durch den Glauben erlangest, was du wilt und begeh rest. Daß du aber deß Glaubens nicht achtest, und treibest Zauberei, und dein Affenspiel darmit, das heist schändlich der Wort mißbrauchet, und darmit gezaubert. Und ist gewißlich der Teuffel so grob und plump nicht, er weiß seinem Betrug einen Schein zu geben: er wills GOtt nach thun, und ist auch hierinnen GOttes Aff. Wie GOtt sein Reich und alles mit seinem ewigen Wort erhält, also will der Teuffel auch mit seinem Wort sein Reich erhalten, und demselbigen mit dem Mißbrauch deß Worts GOttes ein herrlich Ansehen machen. Es heisset aber: die Gottlosigkeit je mehr sie mit feinerm Schein der Gottesfurcht und Religion bemäntelt und bedecket wird, je grösser ist sie.

Zum Andern wenden sie ein, S. Paulus befehle ja 1. Corinth. 10. v. 31. Coloss. 3. v. 17. man soll alles thun, was wir thun, in dem Namen deß HErrn JEsu; darum so könne es nicht unrecht seyn, dergleichen auch thun, eben so wenig könne es auch unrecht seyn, daß man einen Segen über Kräuter oder andere Mittel spreche, weil wir ja auch das Brod und Essen über Tisch mit unserm Gebet segnen?

[299] Hierauf ist die Antwort, daß wir im Namen JEsu alles thun sollen, ist recht; daß wir aber den Namen JEsu zu Segen brauchen, durch denselben besondere Krafft den Kräutern, Steinen, Wurtzeln, Salben, Creutzen, Ceremonien, zu wegen bringen, das ist uns nirgend befohlen. Der Nam JEsu hat seine besondere Krafft, wenn er im Glauben gesprochen und gebrauchet wird, nach GOttes Wort. Der blosse ausgesprochene und zu solchem Abentheuer mißbrauchte Nam JESU thut nichts. JEsum kenne ich wol, wer seyd aber ihr? sagte dorten der Teuffel zu den Jüdischen Beschwörern, wie zu lesen in der Apostel Geschicht im 19. v. 15. Was die Einrede anlanget, was im Namen GOttes geschihet, das ist nicht unrecht: muß man mercken, daß es nicht durchaus gelte und wahr seye; denn nichts in GOttes Namen[326] geschehen kan, denn was GOTT wolgefällig ist. Derowegen ist es nicht genug, sprechen, daß man im Namen GOttes etwas thue, sondern man muß besehen und fleissige Achtung geben, ob es auch im Namen GOttes, als GOtt wolgefällig verrichtet werde. Denn der Teuffel, der da ist ein Engel der Finsterniß, pflegt sich also in einen Engel deß Liechts zu verstellen.

Zum Dritten kommen sie aufgezogen mit dem Exempel Christi und seiner Apostel, die mit Worten Kranckheiten geheilet; als Paulus den Lahmen vor dem Tempel, aus der Apostel Geschicht 3. v. 6. deßgleichen Æneam den Gichtbrüchtigen, Actor. 9. v. 34. wie nicht weniger die Söhne deß Hohenpriesters Scevæ Actor. 19. v. 13, ja Christus selbst habe mit dem Wort Hephata den Tauben und Stummen hörend und redend, deßgleichen jenen Blindgebornen mit Koth sehend gemacht, u.s.w.

Allein wisse, daß gar ein grosser Unterscheid zwischen dem Exempel Christi und seiner Apostel, und dem Exempel solcher Segensprecher seye. Denn die Krafft deß Namen JEsus, dardurch die Teuffel ausgetrieben, und die Krancken geheilet worden, bestehet nicht auf den blossen Syllaben und Buchstaben, die gelesen, gesprochen, oder gehöret werden, sondern auf der Macht JEsu Christi, der in die Welt kommen ist, daß Er deß Teuffels Werck zerstöre, 1. Joh. 3. 8. Darnach kan zwar GOtt durch sein Wort alles thun, denn so Er spricht, so geschichts, so Er gebeut, stehets da, spricht David im 33. Psalm, v. 9. Aber der Mensch kan mit Worten, wenn es auch gleich GOttes Wort seynd, nicht das geringste Ding hervor bringen.

[300] Vierdtens, sagen sie, gleichwol so helffen solche Leute, da sonst kein Artzt oder Mensch helffen kan, sonderlich wenns Nachtschäden seynd wie mans nennet, so von Zauberey herkommen, und anderswo durch nichts, als durch dergleichen Zauberey, Segensprechen, vertrieben werden können.

Es mag zwar wol zu einem und andern mal seyn, daß sie helffen können, allein es folget darum nicht, daß es recht sey. Der Teuffel hat durch der Heiden Götzen Oracula viel Ding, so wahr gewesen verkündet: solts darum recht seyn? Der Warsagerin zu Endor Geist sagte dem Saul, was ihm begegnen würde: solts darum recht seyn? der Teuffel hilfft durch Zauberey der Zauberey: solts darum recht seyn? Ein Teuffel vertreibt den andern, solts darum recht seyn?

Endlich seynd ihrer viel die gedencken: helffe was helffen mag, sie wollen diß und jenes brauchen, helffe es, so wollen sie GOtt dancken, und darnach wenn sie gesund, GOtt durch Bekehrung und Allmosen solche Sünde wieder abbitten.

[327] Dieses ist aber erstlich ein thörichtes Vorhaben: denn sie wollen dem Leibe helffen durch Segensprechen und Zauberey und verletzen dardurch ihre Seel und Gewissen. Darnach so setzen sie für gewiß, und ihre Hand und Willen hinein, das doch zumal ungewiß ist: denn wer weiß, ob sie so lang leben, und die Gnade erlangen, daß sie sich zu dem HErrn bekehren können? Zum andern ists ein gottloses Vorhaben. Sie versuchen GOtt, eben als wenn Er sie so lang in ihren Sünden müste dulten. Er wolle oder wolle nicht, und wieder zu Gnaden annemen müste, wenn sie nicht mehr sündigen wollen.

In Summa es ist alles, was von den aberglaubischen Segnern eingewendet wird, lauter Lappenwerck, nicht wehrt, daß rechtschaffene Christen sich darmit schleppen, und so fern bethören lassen, daß sie dem heidnischen, zauberischen Unwesen Beyfall geben, und dardurch verständigen Christen ihr Christenthum zu Spott und Schanden machen, sagt gar nachdencklich D. D. Dieterich. T. 2. Conc. super Sap. p. 376.[328]

Quelle:
Pfitzer, Nikolaus: Das ärgerliche Leben und schreckliche Ende deß viel-berüchtigten Ertz- Schwartzkünstlers Johannis Fausti [...]. Tübingen 1880 [Nachdruck: Hildesheim, New York 1976], S. 315-329.
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