105. Theophania an Phocion.

[53] Nikomedien, im Mai 305.


Einschluß in dem hundert und dritten Briefe.


Alles ist verloren, Phocion! Was wird aus uns, was wird aus meinem Gemahl, meinen Kindern werden? Constantin ist in Chalcedon ergriffen, und vor einer Stunde gefesselt, und stark bewacht in den kaiserlichen Palast zurück gebracht worden. Ein vertrauter Sclave brachte Agathokles diese Nachricht. Ich sah ihn erbleichen, zittern, ohne Laut, ohne Antwort auf alle meine Fragen riß er sich von mir los, und ging auf sein Zimmer. In einer halben Stunde ungefähr kam er verstört und todtenbleich zurück, drückte mich und sein Kind heftig, fast schreiend an seine Brust, und trug mir auf, den Brief zu schliessen, und dir zu melden, was vorgefallen ist. Kein Bitten, kein Fragen hielt ihn auf. O mein Gott, was soll das bedeuten! Ich thue, was er mir befahl; aber meine Hand zittert, indem ich den Brief schließe.

Quelle:
Caroline Pichler: Agathokles. Erstes bis Sechstes Bändchen, Schriften, Band 36, Stuttgart 1828, S. 53.
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