57.

[230] Er, dessen Sinn durch Schönes nicht anzufachen ist,

Er ist's, für den die Erde der Hölle Rachen ist:

Der ew'gen Schönheit Atem beseelt den Leib der Zeit,

Der ohne sie ein Haufen von toten Sachen ist!

Wer, ohne sie, noch möchte bestehn in einer Welt,

Die, wenn auch reich an Schätzen, es auch an Drachen ist.

O selig, wer im Herzen ein schönes Bild erkor,

Bei dem es süß zu schlummern, und süß zu wachen ist!

In dessen Augen Seele, in dessen Gliedern Maß,

Und dessen Träne lieblich wie dessen Lachen ist!

Mir bleibt das Schöne ferne, der ich es stets besang:

Sprich, Weiser, was in Fällen, wie der, zu machen ist?

Es steuert nach dem Hafen des Glücks mein Herz umsonst,

Das auf dem Meer der Liebe der kleinste Nachen ist!

Quelle:
August Graf von Platen: Werke in zwei Bänden. Band 1: Lyrik. München 1982, S. 230.
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