38.

[68] Du denkst, die Freude festzuhalten,

Du bist nur um so mehr geplagt:

O laß die Tage mit dir schalten,

Und tun, was ihnen wohlbehagt!

Soll dir das Leben stets gefallen,

Das nie auf Dauer sich verstand,

So laß das Schönste wieder fallen,

Und schließe nicht zu fest die Hand!


Vermöcht ich doch gelind zu träufen

In deine Brust, wenn Schmerz und Wut

Sie oft vergeblich überhäufen,

Nur wen'ge Tropfen leichtes Blut!

O suche ruhig zu verschlafen

In jeder Nacht des Tages Pein;

Denn wer vermöchte Gott zu strafen,

Der uns verdammte, Mensch zu sein!


Quelle:
August Graf von Platen: Werke in zwei Bänden. Band 1: Lyrik. München 1982, S. 68-69.
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