5. Liebe

[124] Wer viel geliebet hat/ dem wird auch viel vergeben/

Denn liebe decket auch der sünden menge zu:

Sie füllet das gesetz' vnd gibt dem hertzen ruh:

Lieb' ist des weinstocks saft/ an welchem wir als reben

Voll süsser fruchtbarkeit durch vesten glauben kleben

Vnd bleiben ewiglich/ an dem wir hangen nu:

Welch' vngewitter ist wol das vns schaden thu?

Gott wartet vnser selbst/ vnd gibt vns saft zu leben.

O liebe/ höchstes gut/ du bist das süsse band/

Das vns mit Gott verbindt: du bist des geistes pfand/

Ja selber Gott vnd geist: durch dich kan man erkennen

Wer Christi jünger ist: die ware brüderschafft

Des nähsten ligt an dir: durch dein' vnnd glaubens kraft/

Lässt sich der liebe Gott einn lieben vater nennen!

Quelle:
Deutsche Literatur, Reihe Barock, Erg.-Bd., Leipzig 1939, S. 124.
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