Das Lied/ auff die weise: Si c' est pour mon pucelage

[53] 1.

Cinthia durch aus wil fräwen!

Was kömmt doch das mägdlein an?

Daß man jhr nicht sagen kan!

Fräwen wird sie freylich rewen.

Nein. Der Venus-vogelleim

Ist jhr süss als honig-seim.


2.

Was seind alle Venus rencke?

Kinder-werck vnd affen-spiel:

Sorg' vnd' kummer ohne ziel:

Hoffen/ forcht vnd faule schwencke.

Amor dunckt die pfeiler ein/

Drey in frewd'/ vnd sechs' in pein.


3.

Wil euch/ jhr gesellen/ binden

Amor an sein joch/ ach nicht.

'S ist so breit nicht/als man spricht.

Kommt jhr dran/ jhr werdt befinden/

Daß kein mann so wol gefräwt/

Der nicht finde/ was jhn rewt.


4.

Wil euch geld vnd gut bethören/

(Armer fräwer schlipfrig eiß:

Kleine liebe/ groß verweiß)

Sollt jhr offtmal müssen hören:

'S ist mein teller/ der da klingt:

Denckt/ wie das durch 's hertze dringt!


5.

Seyd jhr reich an geld' vnd gründen/

Vnd erwehlt euch denn ein lieb.

Kriegt ewr beutel/ als ein sieb

Löcher; dieses steckt dahinden/

Bis so lang' jhr seyd getrawt/

Denn/ so macht sie 's/ das euch grawt.


6.

Habt jhr denn nicht viel zum besten/

Vnd nemt eine/ die nichts hat/

So sucht jhr/ vnd findt nicht raht/

Sprew vnd träber vbel mästen.

Lähre beutel/ schlechter muth.

Wer gewinnet ohne gut?


7.

Fräwet jhr denn schön vnd lieblich/

Reiset aber offt von haus'/

Ey so siht es seltzam aus

Paris kömmt gewiss/ als üblich/

Helena schläfft nicht allein'

Jhr müsst Menelaus seyn.


8.

Nemt jhr aber alt von jahren/

Oder sonsten vngestalt/

So ist 's wieder schlecht bestalt/

Sintemal noch nie erfahren/

Daß man fewr aus eise schlägt;

Vnd ein eul' ein sperber legt.


9.

Hat ewr lieb denn vnter vielen/

Bey sich etwas mehr verstand/

Weder sie im Rocken fand/

Dann/ so wil sie meister spielen/

Zeuht wol gar die hosen an

Vnd regieret als ein mann.


10.

Habt jhr eine die viel kindert/

Vnd ist alle jahr befrucht/

Jeder mund das seine sucht/

Jede tauff' ewr gütlein mindert/

Kleine kinder böse vieh:

Grosse kinder grosse müh'.


11.

Ist ewr weib denn wol besprochen/

Balde führt sie 's grosse wort/

Kömmt euch alle tag' an port/

Dann wird fried vnd ruh gebrochen!

So sie nicht pausieren kan/

Fanget jhr das Lamt an.


12.

Kriegt jhr eine frisch von füssen/

Die wil dantzen nachte lang/

Pocht auff jhren trotzen gang.

Manchen/ den das wil verdriessen

Dem erregt das übelspiel.

Schilt er viel/ so leufft sie viel.


13.

Gibt sie/ als jhr gerne höret/

Süsse wort aus sanfftem muth'/

Auch ist solches nicht sehr gut.

Stroh' ist 's/ als man offt erfähret.[54]

Kommt's fewr frembder liebe drein/

'S brennt/ da wird kein leschen seyn.

14.

Weg mit lieb' vnd wieder-lieben

Ist's nicht gut alleine seyn?

Wozu sol die liebes-pein?

Wozu wil man sich betrüben

Mit dem/ was einn andern nagt?

Jeder sey mit sich geplagt.


Das ist das lose lied/ das lästerliche sprechen/

Davon mir 's hertze schier im traume wolte brechen/

Diana/ dein gesang/ sprach ich/ ist nur ein dunst.

Cupido wird an dir noch üben seine kunst:

Er wird dein stoltzen muth/ vnd deinen überwillen/

Mit einem scharffen pfeil' in schwinder eile stillen

Vnd rächen seinen spott. Vnd Cinthia wird dir

Den mund in kurtzer zeit wol bieten/ gläube mir.

Kommt her/ jhr jungfräwlein/ vnd heisst Dianen liegen/

Komt jhr gesellen/ hört/ vnd lasst euch nicht betriegen.

Diana/ wie jhr wisst/ ist jägerey gewohnt/

Weiss derowegen nicht/ wie trewe liebe lohnt.

Quelle:
Deutsche Literatur, Reihe Barock, Erg.-Bd., Leipzig 1939, S. 53-55.
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