Nr. 53. Der Schweinehirt von Drübeck.

[31] Der Schweinehirt und der Kuhhirt vom Drübeckschen Amte (dem ehemaligen Kloster) stiegen beim Mondschein nachts über's Thor, was der damalige Amtmann streng verboten hatte. Sie gingen nach der Himmelpforte. Dort mußte der Kuhhirt sich abseits setzen, der Schweinehirt aber nahm den Höllenzwang und fing an daraus zu lesen. Da kam ein großer Kerl und guckte ihm über die Schulter ins Buch. Danach kam ein zweiter unter dem Lesen, der guckte ihm über die linke Schulter. Er las weiter, da kam der dritte und guckte ihm über den Kopf. Da hörte er auf zu lesen und fragte: »is düse Nacht[31] wat de hebben?« Ne, sagen sie, nur Silberservize stände auf dem Teichdamme. Sie gehen in derselben Reihenfolge, wie sie gekommen sind, wieder ab. Die beiden gehen auf den mittelsten Teichdamm und finden da einen Koffer mit Bechern von Espen-, Öhren- (Ahorn-) und anderem Holze; sie schneiden etwas davon ab und werfen es weg; der Kuhhirt nimmt aber doch zum Andenken einen Kelch, der Schweinehirt einen Becher mit. Der Amtmann will sie nachher hauen, weil sie übergestiegen sind, sie müssen sich entschuldigen und geben ihm alles hin; er stellt's über die Thür, nachher ist der Kelch Silber, der Becher Gold.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Harzsagen, zum Teil in der Mundart der Gebirgsbewohner. Leipzig 21886, S. 31-32.
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