165. Reiter verschwindet im Teich.

[64] Einstmals gingen mehrere Leute nach dem Hostberge, (welcher links am Wege von Wernigerode nach Benzingerode[64] liegt und gewöhnlich der Kalkberg heißt), um sich Kräuter zu holen. Als sie sich Kräuter genug gesucht hatten, sagten sie untereinander: »laat uns mal in den Torme rop gahn, wei wilt mal sein, wie dat da oben utsieht.« Sie gingen hin nach dem Thurme; als sie ein paar Stufen hinaufgegangen waren, kam Jemand auf dem Pferde zur Treppe heruntergeritten, jedoch wurden sie gewahr, daß der Reiter keinen Kopf hatte, das Pferd bäumte sich, als wollte es die Leute niederhacken. »Ach du leiber Gott, dei Keerl hat ja keinen Kopp! Lopet, lopet!« Damit liefen sie fort; auf einmal guckten sie sich um und sahen, daß der Reiter ohne Kopf hinter ihnen durchgesprengt kam. Sie liefen was sie nur konnten, der Reiter jagte ebenfalls, aber er holte sie nicht ein. Sie gelangten bis an das Wolfsholz, da wandte sich der Reiter, und ritt am Wolfsholze nieder bis vor den Wolfsholzteich; die Leute sahen dem Reiter ohne Kopf nach, vor dem Teiche bäumte sich das Pferd und sprang mit dem Reiter in den Teich hinein.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Unterharzische Sagen. Aschersleben 1856, S. 64-65.
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