217. Das Fest am Himmelfahrtstage.

[91] (In Wernigeröder Mundart.)


Auf der Himmelpforte wird am Himmelfahrtstage ein Fest gefeiert, welches aber erst seit 20 Jahren in Gebrauch sein soll. Der Naturdichter Braun übergab mir folgende Beschreibung desselben:


Et is doch woll bie jeder Stadt

En Oort, wu man Vergnügen hatt;

Sau is't bie uns um Himmelfahrt,

En prächtig Fest na siener Art.

Na'r Himmelporte geiht et rut,

Dat hett, wenn't Wäder ook is gut.

En Kloster stund vor older Tiet

Ob dissen Platz, wu man noch sieht

De Mu'ren von, ook sind'r west

Veir Dieke um ditt Mönn'kennest.

Doch sind et nu tweihundert Jahr,

Da hier einmal en Kloster war;

De Schweden harr'nt damals verstört,

Von da an hatt et oppehört.

Dat Kloster heit de Himmelport',

Sau hett noch hiet'gen Dag's de Oort;

Wu seck de Mönn'ke flüchtet hätt,[91]

Hett jetzt noch Mönn'ken-Lagerstätt'.

Jetzt sind'er schöne Wieschen da,

Man is sau recht den Holte nah,

Da kann man denn ob dissen Dag

De Minschen sein, da't wogt un ragt.

Dat Äten nimmt seck Jeder mit,

Sau is et einmal hier de Sitt',

Un is't tau frei [früh] woll oppetehrt,

Werd in de Bauen innekehrt;

Da gieft et guden Schnaps un Beier,

Mitunder ook gekookte Eier,

Ook Fleisch un Worscht, wat einer will

Werd denn' ebrocht in grötzter Il'.

Ook an Musieke fehlt et nich,

Dat is ein'n manchmal ärgerlich,

Man is op keiner Stidde frie,

De Orgelkerls sind gliek dabie,

Un dudelt ein'n de Ohren vull,

Als wenn man dow hier weren sall.

Da low' eck meck den bunten Kranz,

Wu Jungfern, Burschen makt'n Danz

Un schlaat dabie en Dridden aw,

Dabie kriegt mancher denn en Baw

Ob sienen Rüggen, dat hei rennt

Um Kreis herum, als wenn't brennt.

Doch wie't bie saunen Feste geiht,

Werd dat Gebläute manchmal heit;

Denn is dat Köppken man erscht warm,

Sau sind se wie en Immenschwarm

Tesamm'n, doch dat dur't nich lank,

Sau is ook wedder Fröe dömank.

Un kumm't de Abend nu heran,

Tritt Jeder sienen Hu'sweg an;

Dat junke Völkchen hat noch Tiet

Un denkt, et is jo doch noch hiet'.

Doch wat selw' hier noch lange schtahn,

Wei willt nu erscht te Danze gahn.

Flink geiht't den Kellerbarg herun

Nah'r Schenke hen, da geiht't schon um.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Unterharzische Sagen. Aschersleben 1856, S. 91-92.
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