8.[418] 13

Daß es mit der Hexen Fahrt sehr eilends und geschwinde / zugehe / ist hin und wieder in diesem Tractat mit angeführet wordē. Zwar VVierus vermeinet / es sey natürlicher Weiß unmüglich / daß die Zauberer in so kurtzer Zeit zum Hexen-Tag fahren oder getragen werden mögen.14 Aber damit beweiset er / daß er gleich so ein böser Mathematicus als Physicus ist. Dann man siehet / daß der 8te Himmel samt allen Gestirn seinen Lauff in vier und[418] zwantzig Stunden volbringet / welcher Lauff doch mehr dann hundert und drey und dreissig Millionen Meilen hat / die Meil zu zwey tausend geometrischen Schritten gerechnet. Dann obwol Archimedes und Ptolomæus erwiesen und demonstriret haben / daß die Weite oder Distantz der Sonnen von der Erden15 sey zwölffhundert und neun Semidiametra, samt einen halben der Erden / (Semidiametrum aber begreifft achtzehenhundert und sechzig Meilen / die Meil zu zweytausend Schriten gerechnet. Der Umlauff aber und Ambitus der Erden belaufft sich auff sechs Diametra, samt einē Siebentheil eines Semidiametri; Inmassen solches Ptolomęus auß den observationen Hipparchi dargethan hat.) Welches vom Centro der Erden biß an die Sonn überal zusammen macht / vierhundert / neun und vierzig tausend / dreyhundert vier und sechzig Meilen / die Meil zu tausend Schritten gerechnet.16 Jedoch sind die Araber / Alphrangus, Albategni, Tebit, Campan noch weiter geschritten / und schrifftlich verzeichnet hinterlassen / daß die Distantz von der Erden biß zum achten Himmel habe zwantzig tausend und acht und zwantzig Semidiametra der Erden / samt acht und zwantzig Minuten mehr: Welche machen sechs und dreissig Millionen / hundert / fünff und vierzig tausend und achthundert Meilen.17 R. Moses Ramban im 3. Buch More Nebochim setzet noch mehr / dann die Astronomischē Demonstrationen[419] geschehen auß den Sinnen. Aber das wenigste zu nennen so ist gewiß und vom Ptolomæo demonstriret / daß eine so grosse proportion deß Semidiametri gegen dem arcu sey / als zwey und fünffzig gegen sechzig ist. Auß deß Euclidis Demonstration aber im dritten Buch machen sechs Semidiametra eines Circuls eben gerecht ein Hexagonum; Also daß der Semidiameter von Punct / Zweck oder Centro der Erden biß an den achten Himmel sich just sechsmal im achten Himmel befindet: sind derhalben darzwischē sechsmal sechs und dreissig Million, hundert und sechs und vierzig tausent und achthundert Meilen / samt den Haben eines Circuls / welcher macht acht und vierzig gradus: Nimt man dann acht gradus zu einem jeden arcu deß Hexagoni circuli über jene sechs Semidiametra so gibt es noch mehr als 28916690. Meilen / dann ich lasse die acht und zwantzig Minuten / welche achthundert Meilen machen / ungemeldet.18 Also nun würde der gantze Begrieff und Umschweiff deß achten Himmels seyn / zweyhundert fünff und vierzig Millionen / neunhundert / einundneunzig tausend vierhundert und vierzig Meilen /welche in vier und zwantzig Stunden volbracht werden. Der neunde und zehende Himmel sind wol noch grösser. Sintemal vom Ptolomeo in seinem Almagesto gar wol demonstriret wird / daß die gantze Erde /welche im Umkreiß eilfftausend[420] hundert und sechzig Meilen19 begreifft / nichts sey / dann so ein kleines Pünctlein / daß man es kaum mercken und mit den Sinnen ergreiffen mag / wann man sie alleine helt gegen den Circul der Sonnen / welche weit kleiner ist / denn der achte ist. Wann dann in 24. Stunden der achte Himmel seinen Umlauff thut / so volbringet in einer Minut einer Stunden (sechzig Minuten aber machen eine Stund) der achte Himmel / eine Million, siebenhundert / sechstausend / hundert und fünff und fünffzig20 Meilen / durch die Bewegung deß Engels / dem GOtt diese besondere Macht darzu hat gegeben; welchen die Hebreer den Cherubim nennen / so ein Rad machet mit der feurigen Flamm-Klingen / oder das Rad deß flammenden Schwerds übet / das ist / die Himmlischen Liechter leitet.21 Wie solte dann un möglich seyn / daß der Satan / dem GOtt überauß so grosse Macht über den Erdboden gegeben / nicht solte einen Menschen in einer Stund über ein oder zwey hundert Meilen vertragen mögen? Derowegen so ist ja auß gehöreten scheinbar / daß eine solche Bewegung natürlicher Weiß nicht unmöglich sey. Solches bezeugen auch die vielfaltigen unn mancherleyen in diesem Werck vorgebrachte Historien / und sonderlich die Außsage der Johannē Harwilerin / die erzehlet ist in vorhergehendem V. Capittel im Anfang des 8. §. section. 1.

[421] Author der Hundst. Erquickstunden part. pag. 388. schreibet in einem Dialogo also: Eques. Aber was mag das vor Ursach haben / daß die Zauberer und Hexen sich gemeiniglich müssen zuvor mit Oel schmieren ehe sie der Geist wegführet / da er doch ohne denselbigen solches gar wol könne / auch solle verrichten? Theologus.22 Hierzu treiben den bösen Geist an unterschiedene Ursachen. Dann es komt zu weilen / daß die Hexen etwas furchtsam seyn / und der Wegfahrt nicht trauen / oder sie sind zu subtil und zart vom Leib / daß sie das harte grausame und unbarmherzige Angreiffen deß Teuffels nicht können ertragen / darum so erhartet er durch dieses Oel ihre Glieder / bildet ihnen auch ein / daß ein solches Oel eine hohe Krafft und bewehrte Macht bey sich habe. Sonst thut er es auch darum / damit er gleich / als ein Affen-Spiel die Göttlichen Sacramenta vorbilde / und durch vorhergehende Ceremonien seinen Bezauberungen eine Zierde angewinne oder anstreiche. Daß aber in der Warheit dieses Oelbestreichen zur Aufffahrt keine Krafft ertheile / erhellet unter andern darauß / daß wann ein glaubiger Liebhaber GOttes zu Bestätigung seines Glaubens / nach zu bezwingender überwältigung deß Satans / sich desselben wolte gebrauchen / und sich mit dem Oele beschmieren / gewiß es wurde eine solche fliehende Aufffahrt nicht darauff erfolgē.23 Dann[422] hier findet der Teuffelische getroffene Bund keinen Raum noch stat. GOtt würde auch solches in keine wege zugeben / ob gleich die Zulassung GOttes zuweilen verspüret wird / an denen / die auß lauter Fürwitz umb gewisse Zeit sich damit beschmieren / auch in Warheit durch die Lufft an gewisse Oerter geführet werden. Wann es aber ausserhalb bestimter Zeit ist / unn die Zauber-Hexen selber sich schmieren / fliehen sie nit davon / werden auch nit abgeholet / weil solches dem getroffenem Bund zu wider laufft. Und dieses wissen die Zauber-Hexen gar wol / darumb salben sie sich auch nit / es sey dann / daß ihnen ein Zeichen ihrer Zusammenkunfft gegeben werde / welches geschiehet entweder von ihrem Geist / oder von dem Gerausch der ihrer aller vorbeyfliegenden Königin / oder auff andere Art unn Gestalt. Gleichwol muß ich hinbey thun / daß zuweilē etliche gefundē / die Kraft ihres sonderlich getroffenē Vertrags / nach gegebenen gewissen Zeichen und Salbung oder hinsetzūg eines Mantels / Huts etc. wann es ihnē gelüstet unn beliebet aufgenommen / unn an andere Oerter verbracht werden / doch geschicht das nit offt. Bißhieher von der Eilung / da die Hexen so unsäglich geschwind fortkutschē sollē / dazu auch noch dieses zu thū ist / dz sie auch selber eilē müssen / da es nit heisset / festina lente / Eile mit weile. Sondern; Eile oder heule. Dann wofern sie langsam auff den Versamlungs-Platz ankommen; doch sonderlich die sich zum allerlängstē[423] verspätet hat / oder die Letzte / werden sie sehr vom Teuffel außgerichtet / indem er ihnen einen wackern Leviten lesen sollen / wie wir oben auß dem Olao Magno von dem Eylande oder Oelande gehabt haben.24 Doch saget man auch solches von unsern Brocksbergischen Hexen / daß die letzte sich müsse zu Schimpff unn Schande zum Hackeblocke gebrauchen lassen.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Blockes-Berges Verrichtung. Leipzig, Frankfurt 1669, S. 418-424.
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