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Es hat also der leidige Henger sein Hexen-Spiel[513] Spiel und Muster-Platz auff das heilige Johannis-Fest17 /wie zu ersehen bey dem Camerario,18 welcher auß dem Sabino folgende Geschicht anführet / und erzehlet mit folgenden Worten: Es ist in Preussen die gemeine Sage / daß solche Leute aldar sollen gefunden werden / welche sich in Wölff verwandeln; Wie dann neulich einer derselben gefangen / und von den Bauren dem Preussischen Herzoge zugeführet worden /welchen sie dafür gehalten / als habe er ihnen ihr Vieh zerrissen und auffgefressen. Es war aber solches ein sehr heßlicher garstiger Mensch / einem wilden Thier nicht gar unähnlich / und hatte gar viel Narben im Gesichte von den Wunden / so ihm die Hund sollen gebissen haben / wann er also in einen Wolf ist verwandelt gewesen. Als er aber von denen / welchen es der Fürst anbefohlen / um diese Sach ist gefraget worden / hat er zur Antwort geben / daß er jährlich zweymahl also verwandelt wurde / einmahl um Weynachten / das andermahl um Johannis-Tag / und zu denen Zeiten habe er gar eine wilde Natur bekommen / die ihn gezwungen und getrieben / zu den Wölffen in Wald sich zu gesellen. Er habe auch unsäglichen grossen Schmertzen außstehen müssen / darüber er gantz abgemattet unn von Kräfften kommen / ehe die Haar herfür gewachsen und die Menschliche Gestalt völlig verwandelt worden. Und diesen seinen Reden[514] hat man Glauben gegeben. Aber als man die Warheit zuerfahren / ihn auff dem Schloß gefänglich lange Zeit gehalten / und von den Wächtern wol verwahret und in acht genommen worden / hat er sich niemahls verwandelt / sondern immer seine Menschliche Gestalt behalten. Darauß dann erhellet / daß alles / was von solchen Mensch- oder Wär-Wölffen gesaget wird / falsch sey / und solcher wahnwitziger und verstandloser Leute blosse Einbildung. Mehr Sachen erwarte hiervon künfftig / geliebts GOtt / in meinem grossen Johannes-Buch.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Blockes-Berges Verrichtung. Leipzig, Frankfurt 1669, S. 513-515.
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