Rübezahl verborget Geld.

[215] Es soll gar ein gemeines seyn / daß freche Leute zu diesem Geist auffs Gebürge gehen / und ihm so viel Geld abborgen als sie begehren; welches er ihnen denn auch nicht versaget / sondern flugs baar darzahlet / und zwar ohne Forderung der Zinsen und interesse; doch begehret er von sie / daß ein ieder gewisse inne halte / und das Capital richtig in gewisser Zeit und Stunde lieffere. Geschiehet nun solches / und die Leute bringen es zu rechter Zeit wieder / so sollen sie viel Glücke zu erfahren haben; Verseumen sie es aber entweder aus Unbedachtsamkeit oder Muthwillen und Betriegerey / theils daß sie mit[215] dem Gelde verzögern /theils auch / daß sie es gar miteinander zubehalten gesonnen seyn / so sollen sie nach Unterschiedligkeit der verdienten Straffe Unglückselig seyn / oder trefflich geplaget werden. Ja etlichen soll er gar den Hals gebrochen han / etliche auff eine andere Art gestürtzet / sie mögen auch so weit in die Welt gezogen seyn /als sie gewolt / so hat nichts darwieder geholffen. Weil nun diese Praxis mit des Rübezahls Schatzkammer so gar offte soll ins Wercke gesetzet werden / so hat man an unterschiedlichen Orten in Schlesien gar ein Sprichwort davon gemacht / daß man saget: Hast du kein Geld zu bezahlen / so borge von Rübezahln was. Item / wo hastu so geschwinde das Geld her bekommen / du wirst es gewisse von Rübezahln geborget haben. Item / ho ich wil bald Geld bekommen: Ich wil nur nach Rübezahln hingehen / er wird mirs nicht versagen.[216] Lernet also hieraus / die ihr es nicht verstehet / wie der Rübezahl so barmhertzig und gutthätig sey: Und wie er die unrichtigen Schuldner treibe / ihr Gewissen rühre / und nicht eher abelasse / biß die sich einstellen. Das wär ein Mittel / wenn alle Leute so kräfftig weren / wie die Panckerotirer / die immer auff ein gut berath und ins Gelack von ihren Creditoren auffnehmen / was sie mit Hinterlist außbringen können: In dem sie immer das rips raps in meinen Sack spielen / biß sie endlich gar verspielen /und mit dem Schelm zum Thor hinaus gehen müssen. Ey / ey / würde Rübezahl darhinter her seyn / unn sie zu Chor treiben / oder das diebische Hertze kräncken und zwacken; Was gilts / sie würdē sich eines bessern bedencken / und als rechtmässige debitores zu reiffer Zeit Parol halten. Sie würden nicht so unverschämbt drauff schmausen / und in Ruchlosigkeit so offt[217] mit dem fetten Maule zum Fenster hinaus sehen / sie würden ihr schlampampen und pancketiren einstellen /damit sie hernach nicht panckrotiren dürfften. Aber sie spielens dahin / und greiffen immer aus eines andern Topff / frembden Seckel / so lange sie was draus ertappen können: Es mag hernach gelingen wie es will. Doch gnug.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 215-218.
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