Rübezahl verwandelt sich in einen Botenspieß.

[183] Es soll einsmahls ein Bote den Rübezahl geschabernacket haben / welcher sich auff solche Art gerächet /und seine Scharte ausgewetzet hat. Nemlich wie dieser Bote auff dem Gebürge in eine Herberge eingekehret gewesen / und sein[183] Spieß hinter die Thüre gesetzt gehabt / Siehe / da soll der schnackische Geist denselbigen Spieß weg partieret / und sich in ein gleiches verwandelt und dargestellet haben. Wie also der Bote nach geschehener Außruhung / abgereiset und sein Spieß hervor gesuchet / auch damit alleweile auff dem Wege gewesen; da gleitet er etliche mal aus / daß der Bote ohn unterlaß für sich mit der Nase in den ärgsten Dreck fält und sich wie eine Sau besudelt: Ja also offtt war es geschehen / daß der Kerl seinem Leibe kein Rath gewust / wie er mit seinem Spiesse dran wäre und warumb es so außgelippert / oder in der Erden nicht hafften wolte. Er besiehet es in die Qver und in die Länge / bald unten / bald oben / und findet keine gesuchte Veränderung. Gehet drüber mitler weile ein wenig weiter fort budutzt liegt er abermahl in Morast; und schreyet ach und weh über seinen Spieß / daß er ihn so verließ / und keine Hülffe verhieß.[184] Doch richtete er sich auffs neue empor und kehret den Spieß umb auff der andern Spitze; wie dieses geschehen / da fällt er allemahl rücklings in den tieffsten Dreck / und hatte er vorher sich forne beschmutzet; so bescheust er sich nunmehr hinterwerts noch ärger; und siehet wie ein leibhafftiger Misthammel aus / der dem Henger aus der Bleiche entlauffen. Drauff nimbt der albere Schöps sein Spieß auff den Nackē wie ein Pieckenier / weil es so auff der Erden kein guts thun wollen; und gehet also / wie ein rechter Finckenritter daher: doch lässet der spießbare Rübezahl dennoch seine Hudeleyn nicht; sondern rücket den Boten / als wenn er etliche doppelte Hacken trüge / und dannenhero von einer Schultern zur andern die verspürete Laß hebet; biß er endlich aus Unleidigkeit den ungearten Spieß in des bösen Feindes Nahmen wegwirfft und bloß davon gehet. Aber wie er etwan eine viertel Meile also unbespiesset[185] reiset / und sich ungefähr einmahl umbsiehet / siehe / da lieget sein Spieß bey ihm: Drüber er sehr erschricket / und nicht weis / wie er dran ist. Er fasset dennoch endlich getrost zu / hebet den Spieß auff / und weis nicht / wie er sich ferner damit geberden soll / daß er ihn an die Erde setzete / hat er keine Lust mehr: Daß er ihn auff den Puckel fassete / trug er einen Abscheu: Drumb nahm er ihn in die Hand / also daß er ihn mit der Erden parallel trug: Aber / siehe abermahl / da wird ihm desselben seiten Fuß so schwer / daß er ihn nicht aus der stelle bewegen vermochte; und wie wohl er umbwechselte aus einer Hand in die ander; so wolte es doch nicht anders werden / sondern blieb bey der alten Geige. Drauff nahm er es noch auff eine andere Weise mit seinem Spiesse vor: nemlich er ritte drauff / wie ein Kind auff den Stecken; und spielete nach den alten Verse das ludere par impar, eqvitare arundine longa.[186] Und auff diesen Schlag ging es von statten /wie es geschmieret were: Nemlich er kam eilends fort / fühlete keine Müdigkeit / und dauchte ihme nicht anders / als wenn er ein schnelles Roß oder Beyfuß unter sich hätte. Er ritte aber ohne Auffhören also immer fort / biß er vom Gebürge in ein Städtlein kam / und den Bürgern ein sonderliches Gelächter erregete. Hatte dieser Bote sich nun also vorhero wacker leiden müssen / so war er dennoch zu letzte wiederumb erqvicket worden: Und getröstet sich nunmehr eben derselben Erqvickung in den andern hervorstehenden Reissen; da er allemal auff seinen Spieß zu reiten gesonnen war: Aber vergeblich; denn der Rübezahl hatte seinen Lauff vollendet / und seine Lust mit dem Narren gebüsset; drumb er sich aus dem Staube machete / und das warhafftige Spieß unvermercket wieder zu Wege brachte: Welches keine Possen mehr machte / sondern auff die alte[187] Manier wie ein ander Spieß sich mit seinen Herrn verhielte.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 183-188.
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