Rübezahl giebet einem Ehrsüchtigen Anlaß sein Gedächtnüß zu stifften.

[78] Vor Jahren sol ein Laß-Dünckel einsam und allein über das Gebürge gegangen seyn; bey sich meditirende / wie er doch möchte an einem Orthe seinen Namen stifften; also / daß er in Ewigkeit zu lesen /und nicht möchte außgelöschet werden. Worbey ihme die hohen Säulen / Triumph-Bogen / Epitaphia, Pyramides, Colossi, und andere monumenta zu geringe und nichtig gedauchtet. Ja er hat auch gemeynet / daß es gleiches falls ein vergänglich Thun sey mit den ewigen[78] Feuern / so vor diesem die Alten unter der Erden gemachet: wenn man es schon aufs neue wiederum ins Werck setzen könte: Sintemahl sie dermaleins außlöschen würden. Und also ist er gesonnen gewesen / ein anders monumentum, ære & lapide perennius zu statuiren: Doch hat er nicht gewust / wie und auf was Weise es ewig stehen könte / und von der gantzen Welt zur unvergeßlichen Verwunderung möchte gezogē werden. Hierüber hat ihn der Rübezahl ertappet / freundlich zugeredet / und um sein Anliegen zu entdecken zugesprochen: Deme er denn nach geschehene schwermütige Erklärung diesen Griff zur Hand gegeben; Nemlich / sprach er: Hastu nicht neulich in des Gonsali seinem fliegenden Wandersmanne gelesen / daß eine Revier zwischen der Erde und dem Monde sey; Da weder der Erden noch des Mondes Magnetische Krafft und Würckung ein schweres corpus afficiren, noch zu sich ziehen können; Sintemahl er /[79] der Gonsalus, hüpsch drinnen geruhet / und keinen Zwang befunden. Hierinnen schleppe hinauff / oder verschaffe durch andere / daß dahin gebracht werde ein grosses schweres Corpus, daran mache eine starcke eyserne Kette / welche du biß auff unsere Erde gantz runter hengen lassen / und an dieser Ketten Ende lasse eine grosse Taffel hengen / dran du deinen Namen mit Centner Buchstaben prägen sollest / so wird solches Werck hernach allda ewig bleiben / keine Vergängligkeit leyden / und zur immerwehrenden admiration, gezogen werden. Ey /wie war dieser Kerl auf empfangene Resolution und Vorschläge so froh geworden / daß er schier vor Lustigkeit möchte auß der Haut gefahren seyn: Derentwegen er sich dennauch höchlich bey dem Rübezahl bedanckete / nicht aber vor eylfertige Verblendung /oder verblendete Ubereylung / fragete: wie ers könte ins Werck setzen: Nemlich solche lange unverrostete Kette kriegen / solches centrum gravitatis finden /und[80] folgends die Namens-Tafel erhalten solte. Und komt mir dieser Schöps eben so schnackisch vor / als des Archimedis seine Vorgabe / da er sagete: Gib mir einen Ort ausserhalb der Erden / so wil ich solche bewegen! Ja / hie hette einer / der es damahlen angehöret hat / fragen können: Woher denn die Handhaben zu nehmen wären? woher die Hebebäume zu kriegen wären: und dergleichen Instrumenta mehr / welche viel stärcker seyn müsten / als die Erde selbst; wenn man sie damit solte fortbringen.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 78-81.
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