Zweiter Auftritt

[196] Heinrich alleine, der die Stühle um den Kaffeetisch zurechte setzt. Bald darauf kommen die Frau Kreuzin, Jungfer Fröhlichin, Herr Fröhlich, der alte Herr Gotthart und der junge Ernst Gotthart. Die Frau Kreuzin und Jungfer Fröhlichin nötigen einander in der Szene.


JUNGFER FRÖHLICHIN. Ei, ich bitte ganz ergebenst, gehen Sie doch voran!

FRAU KREUZIN. Es wird nicht geschehen! Tun Sie es doch.

JUNGFER FRÖHLICHIN. Ich bitte Sie gar zu sehr! Ich bin hier ja halb zu Hause.

FRAU KREUZIN. Nun, so nehme ich es als einen Befehl an. Sie tritt herein, die andern folgen.

HERR GOTTHART. Ei! ich dächte, Sie hätten sich unten schon zur Genüge gewiesen, daß Sie komplimentieren können. Haben Sie noch nicht genug? Nun, Frau Kreuzin, setzen Sie sich hier in den Lehnstuhl.

FRAU KREUZIN. Ach! das wird nicht geschehen! Jungfer Fröhlichin, Sie werden so gütig sein und sich hineinsetzen.

JUNGFER FRÖHLICHIN. Sie werden mich doch so sehr nicht versuchen! das wird nimmermehr geschehen.

HERR FRÖHLICH. So recht, meine Tochter! alt bei alt und jung bei jung. Kommen Sie, Frau Kreuzin! Ich will mich neben Sie setzen: und Herr Gotthart bleibt bei uns. Das junge Paar wird sich schon miteinander vertragen. Sie setzen sich alle.

HERR GOTTHART. Nun, Heinrich, geschwinde! Kaffee her!

HERR FRÖHLICH. Das ist wahr! der Kaffee bleibt doch noch immer Mode wie das liebe Brot! Ich habe ihn aber doch nun in sechs Jahren nicht getrunken.

HERR GOTTHART. So, Herr Vetter? Trinken Sie keinen Kaffee?

HERR FRÖHLICH. Nein; seitdem ich mit dem Herrn Vetter von der[196] Frankfurter Messe kam, so habe ich keinen in meinen Mund genommen. Ich bekomme immer ein böses Gewissen darnach.

HERR GOTTHART. Nun gut! Sie sollen gleich Tee bekommen. Wollen Sie indessen mein Haus und Gewölbe besehen, Herr Vetter? so will ich Sie herumführen. Ich trinke auch nicht gern Kaffee: ich kann nicht gut darauf schlafen.

HERR FRÖHLICH. Von Herzen gern, Herr Vetter. Er steht auf. Ich habe ohnedem etwas von Handelssachen mit Ihnen zu reden.

HERR GOTTHART steht auch auf. Nun, so kommen Sie, Herr Vetter. Mein Sohn! vertreibe indessen dem Frauenzimmer die Zeit mit allerhand lustigen Gesprächen. Wir alten Männer wissen nicht mehr mit ihnen umzugehen.

JUNGFER FRÖHLICHIN. Ei, Herr Vetter! sind Sie so spaßhaft?

HERR GOTTHART. Nun, nun! wir kommen bald wieder, Jungfer Muhme.


Herr Fröhlich und Herr Gotthart gehn ab.


Quelle:
Die bürgerliche Gemeinschaftskultur der vierziger Jahre. Herausgegeben von Prof. Dr. Brüggemann, Leipzig 1933, S. 196-197.
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