[Nun seh' ich wohl, warum so dunkle Flammen]

[70] Nun seh' ich wohl, warum so dunkle Flammen

Ihr sprühtet mir in manchem Augenblicke,

O Augen, gleichsam um in einem Blicke

Zu drängen eure ganze Macht zusammen.


Dort ahnt' ich nicht, weil Nebel mich umschwammen,

Gewoben vom verblendenden Geschicke,

Daß sich der Strahl bereits zur Heimkehr schicke

Dorthin, von wannen alle Strahlen stammen.


Ihr wolltet mir mit eurem Leuchten sagen:

Wir möchten nah dir immer bleiben gerne,

Doch ist und das vom Schicksal abgeschlagen.


Sieh' recht uns an! denn bald sind wir dir ferne.

Was dir noch Augen sind in diesen Tagen,

In künft'gen Nächten sind es dir nur Sterne.

Quelle:
Friedrich Rückert: Kindertodtenlieder aus seinem Nachlasse, Frankfurt a.M. 1872, S. 70.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Kindertodtenlieder
Kindertodtenlieder
Kindertodtenlieder
Kindertodtenlieder und andere Texte des Jahres 1834