[Weil Schönres nicht im Garten blüht, als Ros' und Lilie]

[328] Weil Schönres nicht im Garten blüht, als Ros' und Lilie,

So blüht ihr stets mir im Gemüth als Ros' und Lilie.

Im Garten meines Herzens ist als Gärtner früh und spat

Mein Liebesleid um euch bemüht, als Ros' und Lilie.

An jedem Morgen seid ihr frisch, an jedem Abend neu,

Vom Naß der Augen angesprüht, als Ros' und Lilie.[328]

Ihr blüht als Ros' und Lilie, wenn kalt der Winter stürmt,

Und wenn der heiße Sommer glüht, als Ros' und Lilie.

Ihr blüht in der Erinnerung schön wie im Leben einst,

Als Bild der Anmuth und der Güt', als Ros' und Lilie.

Von Liebe sei die Seele klar, und ganz von Flecken rein,

Daß sie in sich euch ewig hüt' als Ros' und Lilie;

O ihr, so hell als Lilien und Rosen einst erblüht,

So schnell und schneller nun verblüht, als Ros' und Lilie!

Quelle:
Friedrich Rückert: Kindertodtenlieder aus seinem Nachlasse, Frankfurt a.M. 1872, S. 328-329.
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