Vierzehntes Kapitel.

[74] Fortsetzung der in dem Haus des Basché abgebläueten Schick-aner.


Vier Tag drauf ging ein andrer, junger, langer, hagrer Schick-an ab, den Herrn von Basché auf Ersuchen des feisten Priors zu citiren. Bey seiner Ankunft ward er gleich vom Pförtner erkannt, und die Schell gezogen. Auf deren Schall wußt jedermann im Schloß wieviels geschlagen hätt. Loire macht' eben seinen Teig ein, sein Weib siebt' Mehl. Herr[74] Oudart war auf seiner Schreibstub, die Cavalierer schlugen Ballen, der Herr von Basché spielt' Dreyhundertdrey mit seinem Ehgemahl, die Zofen Nädelns, die Offizier Imperial, die Pagen Nori-Mori mit schönen Nasenstübern. Flugs merkt alles daß ein Schick-an im Land war: Oudart fährt in sein Priester-Zeug, Loire und sein Weib in die Hochzeits-Kleider, Trudon bläst auf seiner Pfeif, rührt seine Pauk, und all gelacht, sich angethan, und Händschel 'raus.

Basché geht in den Hof hinunter, trifft da den Schick-an, der vor ihm das Knie beugt, um Verzeihung bittend wenn er von wegen des feisten Priors ihn citirt', und in wohlgesetzter Red ihm fürstellt' wie Er Persona publica, ein Pfaffendiener und Trabant der abbatialischen Miter sey, bereit für ihn, ja für den Kleinsten seines Hauses ein gleiches zu thun wo es ihm immer gefallen möcht ihn anzustellen und zu gebrauchen. – Wahrlich! sprach der Burgherr, nicht eher sollt ihr mich citiren bis ihr von meinem guten alten Wein von Quinquenais getrunken habt, und unsrer Hochzeit beygewohnt die ich itzt ausricht. Mein Herr Oudart, labt ihn, gebt ihm zu trinken genug, dann führt ihn in meinen Saal. Ihr seid willkommen. – Wohl gefuttert und getränkt begibt sich Schick-an mit Oudart in den Saal, woselbst schon die Personen des Schwankes all in guter Ordnung fertig standen. Bey seinem Eintritt fingen sie all zu lächeln an. Der Schick-an lacht' zur Gesellschaft mit, als Oudart über die Brautleut die mystischen Wort aussprach, sie sich die Händ einander gaben, die Braut geküßt und jedermann mit dem Weihbrunn eingesprenkelt ward. Während nun Wein und Confekt gebracht ward, jetzo marschirten die Faustpüff auf. Schick-an gab Oudart'n eine Zahl, Oudart hält seinen Handschuh unter dem Chorhemd versteckt, er zieht ihn an wie eine Pelzklau, und Schick-an schwipp, und Schick-an schwapp! von allen Enden hagelt's junge Händschelhieb auf den Schick-an. Brautsupp! schrie'n sie, Brautsupp! gedenkt daran. Und ward so weidlich eingepudert, daß ihm das Blut aus Mund, Nas, Ohren und Augen schoß: im übrigen kreuzlahm, breyweich, blitzblau gepaukt an Kopf, Hals, Rücken, Brust, Armen, Schultern,[75] überall. Glaubt nur: nie ist in Avignon das Rips-Raps von den jungen Burschen am Carneval melodischer gespielt worden, als auf dem Schick-an. Endlich fiel er der Läng lang hin. Man schüttet' ihm brav Wein ins Gesicht, band ihm die schöne Braut-Livrey an seinen Wams-Aermel, grün und gehl, und setzt' ihn auf sein rotzig Thier. Daheim auf seiner Bouchardsinsel, kann ich nicht sagen ob ihn sein Weib und die Baader des Landes wohl gepflegt und verbunden haben; es war nicht weiter die Red davon.

Am andern Tag gings wieder so, weil man im Sack und Ränzel des hagern Schick-an's sein Protokoll nicht funden hätt. Der feiste Prior sandt einen neuen Schick-an ab, den Herrn von Basché zu citiren, nebst zween Zeugen zu seiner Sicherheit. Der Pförtner zieht die Schell, das ganze Haus wird froh wie es den Schick-an merkt. Basché saß just bei seinem Weib und Cavalieren beym Mittagsbrod. Er läßt den Schick-an rufen, setzt ihn neben sich, die Zeugen neben die Zofen und aßen wohlgemuth nach Herzenslust. Beym Nachtisch stand der Schick-an von der Tafel auf, citiert den Basché in Gegenwart und Anhörung der Zeugen. Basché ersucht ihn höflich um Copiam seiner Instruktion: die war schon fertig. Er registrirt die Vorladung: der Schick-an und seine Zeugen erhielten vier Sonnenthaler. Jedermann stand schon auf seinem Händschelposten: Trudon hebt zu pauken an; Basché bittet den Schick-an bey der Trauung eines seiner Diener zu assistiren, und den Contrakt drüber aufzunehmen gegen gute Gebühr und Erstatten. Schick-an verneigt sich, zieht sein Schreibzeug vom Leder, nimmt hurtig Papier zur Hand, die Zeugen neben ihm. Loire kommt zu der einen Thür in den Saal, sein Weib und die Zofen zu der andern, in ihren Hochzeitskleidern. Oudart im Priesterornat, nimmt ihre Händ, erheischt das Jawort, giebt ihnen dann den Segen, und schont des Weihbrunns nicht. Der Ehecontrakt wird punktirt und vollzogen. Von einer Seit kommt Wein und Confekt, von der andern Brautlivrey die Füll, weiß und braun, und von der dritten langen sacht die Händschlein an.

Quelle:
Rabelais, Franz: Gargantua und Pantagruel. 2 Bände, München, Leipzig 1911, Band 2, S. 74-76.
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