Eilftes Kapitel.

[229] Wie die Herren von Leckarß und Saugefist ohn Anwält vor Pantagruel plädirten.


Also begann denn Leckarß wie folget: Gnädigster Herr, es ist wohl wahr daß eine brave Frau meines Hofes Eyer zu Markt trug – bedeckt euch, Leckarß, sprach Pantagruel. – Grossen Dank, Herr, sagt' der Junker: doch weiter im Text: zwischen den beyden Wendezirkeln kam sie sechs Kreuzer weiter zenithwärts und einen Stüber, in Betracht die Rhiphäischen Berg dieß Jahr sehr unfruchtbar an Gimpel-Schneisen gewesen waren, mittelst eines Grammanzen-Aufruhrs der sich zwischen den Kauderwelschen und den Accursinern erhoben, wegen der Rebellion der Schweizer, die sich auf Pumpzig an der Zahl zum Heereszug gen Agnilaneuf versammelt hatten im ersten Loch des Jahrs da man die Supp den Ochsen, und den Jungfern den Kohlenschlüssel zum Haberschmaus für die Hund verabreicht'. Die ganze Nacht ward (Hand am Pot) nix weiter geschafft als daß man Bullen expedirt' auf Posten zu Fuß und Knecht zu Roß um alle Kähn in Beschlag zu nehmen, denn die Schneider wollten ein Blaserohr aus den gestohlenen Flecken machen,[229] den Ocean zu überdachen, der damals nach der Heubinder Meinung mit einem Krautgemüs schwanger ging. Aber die Physici meinten es wär an seinem Wasser kein Zeichen zu sehen so deutlich wie am Fuß des Trappen, Hellebarden mit Senf zu pappen, wofern nicht die Herrn Oberrichter der Syphylis aus Be Moll verböten hinter den Laubwürmern drein zu stolpern, und also während des Gottesdienst spazieren zu gehen; denn die Schliffel hätten schon einen guten Fürsprung im güldenen Strehntanz nach dem Dreyachtelschritt, ein Bein am Feuer, den Kopf in der Mitt, wie der edle Ragot zu sagen pflegt'. Ha, ihr Herren, Gott helf uns weiter nach seinem Rath, und, wider des Unglücks böse Tück zerbrach ein Kärrner nasenstüblings sein Peitsch: es war auf dem Rückweg von Biecocque, als man den Meister Eselsdumm von Gänsblum zum Licenziaten in aller Bengeley creirt', wie die Canonisten sagen: Beati Bengeles, quoniam ipsi stolperuerunt. Aber beym Sanct Fiacre von Brye! Wißt ihr warum die Fasten so spät fällt? daran ist weiter gar nix schuld, als weil wir nie kein Pfingsten han, da nicht mein Beutel derb müßt dran. Doch heisa frischzu! ein kleiner Regen kann einen grossen Sturmwind legen, wenn nicht der Scherg das Schwarz der Scheiben so hoch hing, daß der Schreiber die Gänsfederfinger nicht orbiculariter darnach lecken müßt. Auch sehen wir deutlich, es verschnupft einen Jeden, man schaut dann ocularisch nach der Perspectiv den Camin an, bey der Stell wo das Zeichen des Weins zu den vierzig Reifen hängt, die man braucht auf zwanzig Quinquennellen-Strümpf. Zum mindesten, wer wollt den[230] Vogel nicht fahren lassen vor Krapfen, eh er ihn aufdeckt: denn das Gedächtniß verrauchet oft, wenn man die Hosen verkehrt anzeucht. Sa sa, Gott schütz den Thibalt Muff. – Hier sprach Pantagruel: Sacht, mein Freund, nur sacht! sprecht langsam, ereifert euch nicht. Ich versteh den Casus, fahret fort. – Itzt, gnädiger Herr, sprach Leckarß weiter, konnt sich gedachte brave Frau, wärend sie ihre Stoßgebetlein und Audi nos hermurmelt', doch nicht vor einer faschen Fint verwahren, die ihr in Kraftsupp der Universitätsprivilegien gezogen ward, wenn sie sich nicht fein englisch verbettwärmt' in einem Carreausieben-Sack, und einen Springstock auf ihn abschloß just dahin, wo die alten Fähnlein zu Kauf stehn, deren die flandrischen Maler benöthigt sind, wenn sie die Wetzstein gründlich satt füttern wollen; und nimmt mich baß wunder warum die Welt nicht legen will, da doch so gut Brüth-Wetter ist. – Hier wollt der Herr von Saugefist einfallen und etwas dazwischen reden. Aber Pantagruel fuhr ihn an: Potz hundert Millius! ziemt es dir ungeheissen zu reden? Ich schwitz hie Angstschweis daß ich nur eures Streites Hergang vornehmen will, und du krölst mir noch die Ohren voll? Ruh, ins drey Teufels Namen, Ruh! Du sollst nach deinem Gefallen reden, wenn dieser fertig ist. Fahret fort, ihr, Leckarß, und übereilet euch nicht.

In Betracht also, sprach Leckarß, daß die pragmatische Sanction auch eben nichts erwähnt' hievon, und der Papst einem Jeden Freyheit ließ nach Vergnügen zu farzen, wenn der Barchent unbestreift blieb, die Armuth möcht so groß sie wollt auf Erden seyn, dafern man das Kreuz nur nicht rips raps schlüg: erlaubt' der in Mailand zu Brüthung der Lerchen frisch aufgeschliffne Regenbogen der braven Frau das Hüftweh auf Protest der kleinen Kuttenfischlein, so damals zum Verständniß der alten Stiefel-Structur von nöthen waren, darniederzulatschen. Derhalb Hans Kalb, ihr löblicher Vetter vom Holzscheit ab, ihr rieth nicht so auf ihre Gefahr der[231] Bumbaum-Wäsch Vorschub zu thun ohn das Papier erst anzubrennen, auf Hunkus Trunkus Lerum Plebs: denn Non de ponte vadit qui cum sapientia cadit; sintemalen die Herren Rentanten über die Citation der deutschen Pickelflöten noch uneins waren, davon man erbauet die Fürsten-Brill, neu gedruckt zu Antwerpen. Und schauns, schauns meine Herren, dieß macht uns eben den bösen Bericht: ich glaubs dem Gegner in sacer verbo dotis. Denn, des Königs Willen nachzuleben, hätt ich mit einem Magenpflaster mich von Kopf zu Fuß geharnischt, weil ich hingehn und zusehn wollt wie meine Winzer ihre hohen Mützen zerschlitzert hätten, um besser Kniewackels aufzuspielen; denn das Wetter war etwas mißlich wegen des Durchlaufs, dessenthalben man bey der Heerschau etliche Freyschützen heimgeschickt, ohneracht die Kamin hoch genug waren nach Proportion der Mauk und Fesselgeschwür, Freund Baudichon. Und so geschah es daß in ganz Artoys ein schönes Casserollen-Jahr ward, zu nicht geringer Verbesserung der Herren Holzbauern, da man ohn blank zu ziehen, strotzenden Bauchs daß die Knöpf vom Koller sprangen, Katzraben fraß. Und wenn's mir nach ging, und jedermann so gut bey Stimm wär, würd man den Ballen viel besser schlagen, und würden die kleinen Häkeleyen derer Pantoffel-Etymologen viel leichter in die Sein' ablaufen zu ewigem Dienst der Müllerbruck, wie weiland der Canarier König decretiret; der Spruch ist noch in unsrer Canzeley vorhanden. Demnach, Gestrenger, bitt ich schön, Eur Hoheit woll in dieser Sach erkennen und sprechen was Rechtens ist, nebst Kosten, Zinsen und Schadenersatz. – Darauf frug ihn Pantagruel: Habt ihr noch sonst was zu sagen, mein Freund? – Nein, gnädigster Herr, antwortet' Leckarß, ich bin am Tu autem, und hab mein Treu nichts dran verändert noch verstellt. – Nun, sprach Pantagruel, so saget dann ihr, mein Herr von Saugefist, uns euer Begehr, und fassets kurz, aber lasset darum nichts aus was zur Sach dient.

Quelle:
Rabelais, Franz: Gargantua und Pantagruel. 2 Bände, München, Leipzig 1911, Band 1, S. 229-232.
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