Erster Auftritt

[186] Das Äußere eines herrlichen Palastes aus hellrotem Marmor und mit goldverzierten Säulen. Auf der linken Seite eine Treppe, die zum Portal führt, an jeder Seite ein Sphinx. Der Hof, welchen die Bühne vorstellt, ist mit Blumen geziert und scheint von einem Gitter eingeschlossen zu sein, wozu ein prächtiges Gittertor an der Kulisse den Eingang bildet. Die Geister des Hasses sind teils in roten Livreen gegenwärtig, teils sieht man sie als Furien gerade den Bau des Palastes beenden.

Die Musik drückt vor dem Aufziehen der Kortine das Hämmern und Schlagen der Arbeiter aus. Beim Aufziehen hört man nur den Schluß des Chors, welcher vor dem Aufziehen schon hörbar war.

Chor.


Jubelt hoch, des Hasses Geister!

Freue dich, erhabner Meister!


Nach dem Aufziehen der Kortine.


Fertig ist der Bau!


Der Haß, modern schwarz gekleidet. Federhut, rote

Haare und Backenbart. Er tritt rasch ein. Tophan.


HASS. Bravo! das heiß ich Temperament des Hasses! In einer Nacht haben meine Geister dieses Werk vollendet, und ehe noch um den Preis der höhern Röte der Abendstrahl mit den blutigen Streifen dieses Marmors ringt, kann er einziehen in dies glänzende Haus, der Dieb, der aus dem Reiche des Neptuns die floßbewachsenen Bewohner stiehlt. Was ist sonst vorgefallen? Habt ihr den Magier nicht gesehen?

TOPHAN. Nein, keinen der verhaßten Brut.

HASS. Merkt es euch, ich stelle seinen Haushofmeister vor. Was glaubst du wohl, Tophan, wird uns der Streich gelingen?

TOPHAN. Die Hölle gibs! Wie benimmt er sich?

HASS. Sonderbar. Als er gestern abends des Ringes Eigentümer wurde, befahl er den Furien, schnell diesen Palast zu erbauen, um seine Braut heute im Triumphe einzuführen. Wir andern Geister aber mußten am frühesten[186] Morgen mit ihm nach der Stadt, wo er mittags in einer glänzenden Karosse, mit sechs Rappen bespannt, nach dem Hause des stolzen Bauers fuhr und um das Mädchen werben wollte. Doch als man ihm berichtete, das Bauernvolk wäre samt dem Hause verschwunden, sah er lange starr auf einen Fleck, doch wie vom Blitz begeistert fuhr er plötzlich freudig auf und befahl uns, schnell zurückzureisen. Auf halbem Wege schickt er mich voraus, um hier doch alles zur Vermählung zu bereiten, und kraft dieses Ringes muß ich seine Befehle erfüllen. Er scheint verwirrt zu sein, gleichviel, daß er den Ring indessen nicht vom Finger zieht, verhüten die neun Geister als sein Gefolge, und hier will ichs verhüten, bis die Nacht erscheint und der Streich gelungen ist. Jetzt an die Arbeit. Gehorcht ihm, Antipoden der Liebe, denn auch der Haß gehorcht zum Schein, um desto sicherer zu verderben.


Alle gehen ab.


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 186-187.
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