Vierter Auftritt

[514] Voriger. Baumeister. Gründling.


GRÜNDLING. Guten Morgen, Herr Kammerdiener, kann ich die Ehre haben, Herrn von Flottwell meine Aufwartung zu machen?

WOLF. Herr Baumeister, ich muß um Verzeihung bitten, aber Seiner Gnaden haben mir soeben befohlen, Sie bei jedermann zu entschuldigen, denn Sie machen heute eine Jagdpartie.

GRÜNDLING. Wissen Sie nicht, Herr Kammerdiener, ob Herr von Flottwell meinen Plan zu dem Bau des neuen Schlosses für gut befunden hat?

WOLF. Er hat ihm sehr gefallen. Nur hat sich der Umstand ereignet, daß ihm auch ein anderer Baumeister einen ähnlichen Plan vorgelegt hat und sich erbietet, das Schloß in derselben Größe um zehntausend Gulden wohlfeiler zu bauen.

GRÜNDLING. Das tut mir leid, aber als ehrlicher Mann kann[514] ich es nach seinen Anforderungen nicht wohlfeiler bauen. Ich übernehme diesen Bau überhaupt mehr aus Ehrgeiz als aus Gewinnsucht, hat aber Herr von Flottwell einen Künstler gefunden, von dem er sich Schöneres oder Besseres verspricht, so werde ich mich zu bescheiden wissen.

WOLF. Das heißt, es ist Ihnen nichts daran gelegen.

GRÜNDLING. Im Gegenteil, es ist meiner Ehre sehr viel daran gelegen.

WOLF. Ja dann müssen Sie Ihrer Ehre auch ein kleines Opfer bringen.

GRÜNDLING. Es wäre sehr traurig für die Kunst, wenn es mit ihr so weit gekommen wäre, daß die Künstler Opfer bringen müßten, um Gelegenheit zu finden, ein Kunstwerk hervorzubringen. Die Kunst zu unterstützen, ist ja der Stolz der Großen, und eine ökonomische Äußerung wäre an dem geldberühmten Herrn von Flottwell etwas Unerhörtes.

WOLF. Sie verstehen mich nicht, Herr Baumeister.

GRÜNDLING. Genug! Morgen will ich mit Herrn von Flottwell selbst darüber sprechen. Glauben Sie aber nicht, Herr Kammerdiener, daß ich ein Mann bin, der nicht zu leben versteht. Sollten Sie sich für die Sache bei dem gnädgen Herrn glücklich verwenden, so werde ich mich sehr geehrt fühlen, wenn Sie ein Geschenk von hundert Dukaten nicht verschmähen wollen.

WOLF. Sie verkennen mich. Eigennutz ist nicht meine Sache, ich spreche nur zum Vorteil meines gnädgen Herrn!

GRÜNDLING. Den werden Sie durch mich besser bezwecken, als wenn das Schloß von einem andern wohlfeiler und schlechter gebaut wird.

WOLF. Nun gut. Ich will versuchen, was mein geringer Einfluß zugunsten eines so großen Künstlers vermag, und gelingt es mir, so werde ich Ihr Geschenk nur unter der Bedingung annehmen, daß Sie mir erlauben, es auf eine wohltätige Weise für andere zu verwenden.

GRÜNDLING. Ganz nach Ihrem Belieben. Beiseite. Die Kunst mag mir diese Herabwürdigung verzeihen. Laut. Morgen erwarte ich einen günstigen Bescheid.


Will ab.[515]


WOLF blickt zum Fenster hinaus. Teufel! der andere. Schnell. Wollen Sie nicht so gefällig sein, sich über die Nebentreppe zu bemühen, weil die Bedienten auf der großen Möbel transportieren. Ich empfehle mich ergebenst. Läßt ihn durch eine Seitentür hinausgehen. Wolf allein. Diese Zitrone gibt wenig Saft, jetzt wollen wir die andere pressen.


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 514-516.
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