Zwölfter Auftritt

[559] Kurzes Kabinett fällt vor.

Valentin und Rosa.


VALENTIN. So laß mich aus, ich muß ja sehen, was geschehen ist. Alles lauft davon, und die Fräulein Amalie, sagen s', ist umgefallen wie ein Stückel Holz. Sie hat Konfusionen kriegt.

ROSA. Da bleibst. Mein Schicksal ists, um das du dich zu kümmern hast. Weint bitterlich. Ich bin die gekränkteste Person in diesem Haus.[559]

VALENTIN. Was haben sie dir denn schon wieder getan?

ROSA. Aber nur Geduld! Morgen geh ich zu Gericht. Alles wird arretiert. Der gnädge Herr, der Kammerdiener. Alle Gäst, das ganze Schloß und du.

VALENTIN. Mich läßt s' nicht aus. Was hats denn gegeben?

ROSA. Ohrfeigen hätts bald gegeben.

VALENTIN. Ah, da bin ich froh, daß ich nicht dabei war.

ROSA. Der Kammerdiener hat mir Ohrfeigen angetragen. Hat mich eine Diebin geheißen, hat einen Schmuck von mir verlangt. Uns im Namen des gnädgen Herrn den Dienst aufgekündigt und hat mich wollen durch die Bedienten hinauswerfen lassen.

VALENTIN. Das ist ja eine ganze Weltgeschichte. Wann ist denn das alles geschehen?

ROSA. Vor einer Viertelstund, wie sie die Vasen im Saal oben geholt haben.

VALENTIN. Das ist schrecklich!

ROSA. Der Mensch glaubt ja, man hat seine Ehr und Reputation gestohlen.

VALENTIN. Und den Schmuck auch dazu. Nein! das kann man nicht so hingehn lassen.

ROSA. Du mußt dich annehmen. Ich bin ein Weib. Ich bin zu schwach.

VALENTIN. Auf alle Fälle. Du bist zu schwach.

ROSA. Du bist ein Mann, dir ist die Kraft gegeben.

VALENTIN. Freilich, mir ist die Kraft gegeben, drum werd ich mirs auch überlegen.

ROSA. Ich geh noch heut, und morgen klag ich.

VALENTIN. Und ich geh morgen, und klag heut noch! und wo? beim gnädgen Herrn, denn das ist eine Beschuldigung, die man nicht auf sich sitzen lassen darf!

ROSA weinend. Nicht wahr, du glaubst es nicht, daß ich die Diamanten genommen hab?

VALENTIN. Nein! Du bist zu tugendhaft. Du gehst nur auf die Augen los, nicht auf die Diamanten. Doch jetzt mach dich auf.[560]

ROSA. Wir packen zusamm und gehen.

VALENTIN. Die Livree bleibt da, die gehört dem Herrn. Mir ghört mein Tischlerrock, den ich mit hergebracht hab. Die andere Bagage brauch ich nicht, ich bin mit dir allein zufrieden.

ROSA. Wir bringen uns schon fort.

VALENTIN. Ich geh zu meiner Tischlerei zurück. Aber vorher will ich mein Meisterstück noch machen.

ROSA. Was wirst denn tun?

VALENTIN. Den Kammerdiener werd ich in die Arbeit nehmen. Ah, der ist zu ungehobelt. Über den muß ein Tischler kommen.

ROSA. Nimm dich zusamm.

VALENTIN. Oh, du kennst mich nicht, ich bin der beste Mensch, aber wenn es sich um Ehr und Reputation handelt, so kann ich in eine Wut kommen wie der rollende Rasand. Ich will dem Kammerdiener zeigen – Der Kellermeister eilt über die Bühne. He! Herr Kellermeister, wo gehn Sie hin?

KELLERMEISTER. Mir ist am großen Faß ein Reif abgesprungen, ich muß den Wein abziehen.

VALENTIN. Ha! Das ist ein Wink des Schicksals. Mann! Ich folge dir.


Geht tragisch mit dem Kellermeister ab.


ROSA allein. Ah Spektakel! Jetzt muß sich der ein Spitzel antrinken, wenn er eine Courage kriegen will. Nein, was das für miserable Mannsbilder sein bei der jetzigen Zeit, das ist nimmermehr zum Aushalten. Ab.


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 559-561.
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