Vierter Auftritt


[274] Voriger. Trautel kommt, sie ist und spricht immer kränklich.


TRAUTEL. Aber was schreist denn so?

GLUTHAHN. Wo bist denn, falsche Nummer, die auf den ersten Ruf nicht kommt?

TRAUTEL. Ich soll ja nicht in d' Luft.

GLUTHAHN. So geh in d' Gruft!

TRAUTEL. Was willst denn?[274]

GLUTHAHN. Die Mützen bring heraus und die Pfeifen, und den Rock nimm mit. Zieht ihn aus.

TRAUTEL. Nu gleich! Ab.

GLUTHAHN. Ein guts Weib ist s'. Ich hätte das Weib nochmal so gern, wenn s' nur um das jünger wär, was zu alt ist, und um das besser, was z' schlecht ist. Spricht leise, als wenn er jemand etwas anvertraute. Vor dreißig Jahren hat s' mich einmal um fünf Gulden betrogen, daß vergiß ich ihr noch nicht, ich bin gut, ich hab ein einzigs Herz, aber vergessen kann ich nichts. Ich hab so ein kleines Büchel, da schreib ichs hinein, Deutet hinters Ohr. da hint ists. Trautel bringt Mütze und Pfeife. Du lieber Himmel, wie gut könnten ein paar Ehleut miteinander leben, wenn eins den andern nachgäbe. Fährt sein Weib grob an. Kriechst immer untern Füßen herum? Was willst?

TRAUTEL. Nun, die Pfeifen bring ich und die Mütze.

GLUTHAHN. Nun, so meld dich!

TRAUTEL. So sei nur nicht so grob mit mir, mir ist heut so nicht gut.

GLUTHAHN. Wird was rheumatisch sein. Schlag dirs aus den Kopf.

TRAUTEL. Das kann ich nicht.

GLUTHAHN. Nu, so schlag ich dirs heraus, ich kanns.

TRAUTEL. Mir fehlts im Herzen, und so eine Schwäche hab ich in mir.

GLUTHAHN. Da ist man allmal schwach, wenns einem im Herzen fehlt.

TRAUTEL. Wann du mir kein Bader nimmst, so stirb ich noch.

GLUTHAHN. So lang noch 's Herz schlagt, stirbt man nicht. Rheumatisch bist, sonst nichts. Egel setz dir, da wird alles gut. Hab erst einen zusammgetreten unt beim Bach, so kommen s' weg.

TRAUTEL. Ich bin ja nicht rheumatisch.

GLUTHAHN. Im höchsten Grad, wann ich dich nur anschau, fangts mich an zum reißen.

TRAUTEL. Bringst gwiß kein Geld z' Haus, weilst so zwider bist.[275]

GLUTHAHN. Mahnst mich drauf?

TRAUTEL beiseite. Ich muß ihm nur schmeicheln, den Böswicht, sonst ist gar nichts z' haben von ihm. Schmeichelnd. Mann, meines Lebens Lust –

GLUTHAHN äffend. Weib, meines Lebens Last! Was willst denn außerbrateln von dein Mann, den du aus List nennst deine Lust?

TRAUTEL. Ich hol mir den Bader.

GLUTHAHN. Hol mir zwei Maß Wein.

TRAUTEL. Gelt, ich darf ihn holen?

GLUTHAHN. Aber ein gscheiten, das sag ich dir.

TRAUTEL. Ich dank dir, sie haben ja nur einen unten im Ort.

GLUTHAHN. Daß er nicht gschwefelt ist.

TRAUTEL. Wer denn?

GLUTHAHN. Der Wein.

TRAUTEL. Ich hab glaubt, der Bader.

GLUTHAHN. Wer redt denn vom Bader?

TRAUTEL. Ich.

GLUTHAHN. Und ich red vom Wein.

TRAUTEL. Was hab ich vom Wein?

GLUTHAHN. Was hab ich vom Bader?

TRAUTEL. Ich hol ja den Wein, aber zahl mir den Bader, sonst geh ich ja z' Grund.

GLUTHAHN. Nun, so hol dir ihn, aber wann du bis morgen nicht gsund bist, so darfst mir dein Leben nimmer krank werden.

TRAUTEL für sich. Nu endlich. Laut. Dank dir, lieber Mann. Will fort.

GLUTHAHN. Da gehst her. Trautel kehrt um. Jetzt wirst du doch einsehn, was du für ein Mann an mir hast.

TRAUTEL. Nu, ich glaubs.

GLUTHAHN. Unter andern, hast mich gern?

TRAUTEL. Nu, wer wird denn dich nicht gern haben?

GLUTHAHN. Küß mir d' Hand!

TRAUTEL tut es. O Seligkeit! Geht ins Haus ab.

GLUTHAHN. So muß man sich s' abrichten, nachdem weiß man, wer der Herr im Haus ist. Ich hätt nicht nachgeben[276] sollen, aber mein Herz, ich bin halt zu gut. Trautel kommt mit einer leeren Flasche. Bist da? Da hast Geld, jetzt zieh dich.

TRAUTEL beiseite. Du lieber Himmel, befrei mich von mein Leiden, ich will ja gern sterben, daß ich nur den Mann nimmer sehen darf. Geht gegens Dorf ab.

GLUTHAHN allein. Wenn man den Weib so erlaubte, auf ihr Faust krank zu sein, die machte einen Aufwand damit, der nicht zu erschwingen wär. Schlagt sich vor die Stirn. Wann ich nur das Geld nicht ausgliehen hätt! Ein Sturmwind erhebt sich. Öh! Blas, du dummer Wind! Blas auseinand die grau muntierten Wolken, der Himmel ist schon vierzehn Tag als wie ein Aschenweib. Windstoß. He, he, he, he, sei nur kein so Narr! Die Kälten von den Wind! Windstoß. Holla, der nimmt die Bäum beim Kopf und beutelt s' recht, als wie ein Meister seine Lehrbuben. Weil er kein Kopf hat, kann er auch kein andern leiden. Windstoß. Nicht rauchen laßt er mich, der Schlaprament! Da sollst mich nicht sekkieren, du lüftiger Patron! ich geh jetzt hinein, just! Kriegst mich nicht. Er geht unter die Tür und streckt den Kopf heraus. Blas mich an jetzt, wannst dich traust. Höhnisch. Ja, auf d' Wochen, dummer Wind! Schlagt die Tür zu.


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 274-277.
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