Dritter Auftritt.

[193] Wohnung des Stadtdirectors.

Witte und ein Polizeidiner kommen aus dem Nebenzimmer.


WITTE. Also da? wirklich da? leibhaftig da?

DIENER. Ja, Herr Director, mit Haut und Haar.

WITTE. Es ist nicht möglich. Nein! Ich will nicht glauben, daß es einen Löwenklau in der Welt giebt; ich will zu Gott hoffen, daß es keinen Löwenklau in der Welt giebt. Ich kann mich unmöglich geirrt haben, ich bin Stadtdirector. Wie heißt der Fremde?

DIENER. Der Herr Director wissen es ja: er heißt Löwenklau.

WITTE. Ich weiß es nicht. Woher wißt Ihr es?

DIENER. Er hat es selbst gesagt.

WITTE. Nun, da sehe mir einer den einfältigen Menschen: gehört zur Polizei und glaubt, was ihm die Leute sagen. Es ist ein Jammer mit Euch Schuften;[194] verständet Ihr nur einiges Latein, so könnte ich Euch auf lateinisch sagen, daß jeder Mensch für einen Schelm gelten muß, bis er das Gegentheil beweist. Kann sich ein Mensch nicht einen falschen Namen geben? Wenn Ihr mich fragtet, wer ich sei, und ich antwortete um Euch zu foppen, Hans-Narr oder Hans-Wurst; würdet Ihr es glauben?

DIENER. Ja, Herr Director.

WITTE. Scheert Euch zum Teufel, und laßt den Fremden herein. Der Polizeidiener geht ab. Unmöglich, es kann und darf nicht sein.


Quelle:
Ernst Raupach: Dramatische Werke komischer Gattung. Hamburg 1829, S. 193-195.
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