Vierter Auftritt.

[195] Witte. Löwenklau tritt in.


WITTE. Ihr Diener, mein Herr.

LÖWENKLAU.

Mein Diener Ihr? Was? Seid Ihr Lanzlot Gobbo?

Sonst Schmach und Hohn mir, nähm' ich Euch zum Diener.[195]

WITTE. Hier wird nicht per Ihr gesprochen. Verstanden junger Bursche? Wer sind Sie?

LÖWENKLAU.

Ein Löwenklau in dieser hohlen Welt;

Ständ' ich in einer markigern, so wär' ich

Vielleicht der Löwe selbst, ein Owen Glendower.

WITTE. Ihren Paß. Löwenklau reicht ihm den Paß. Ja, so wahr ich lebe! Löwenklau. Guter Gott, was giebt es doch für Menschen in deiner Welt! Löwenklau! Nun, ein Polizeidirector ist doch gewissermaßen auch nur ein Mensch, das muß mich trösten. – – Sie haben ein Trauerspiel geschrieben?

LÖWENKLAU.

Ha! Friedensrichter, Schaal und schaaler Richter,

Les't Ihr so schwarzen Greul auf meiner Stirn?

Wer wagt's zu dichten noch ein Trauerspiel,

Da William hat gedichtet? Schmach und Hohn

Und Untergang dem Wager solchen Frevels!

Aefft Salmoneus den Donner Jovis nach,

Büß ewig er dafür im Erebus!

WITTE für sich. Der Mensch ist offenbar verrückt, und weiß daher auch wohl seinen rechten Namen nicht. Ja[196] so, der Paß. Zu Löwenklau. Wenn Sie aber kein Trauerspiel geschrieben, warum haben Sie denn gedroht, die Frau Baronin des Trauerspiels wegen todt zu schlagen?

LÖWENKLAU.

Trotz der Baronin! Schmach der Cressida!

Wo kamen Jacobs bunte Lämmer her?

Den Shakspeare lesen, sollte Tag und Nacht

Der Weiber Arbeit sein: so würd' am End'

Erzielt ein shakspearsch-lebensvoll Geschlecht.

Die Regan aber lästert dies Geschlecht,

Und weil sie schmäht den Schöpfer im Geschlecht,

So schlag ich sie, und alle die so schmäh'n;

Ja, wie Prinz Heinz den Oberrichter schlug,

So, lästert Ihr den William, schlag' ich Euch!

WITTE. Alle tausend Donnerwetter! Mich, den Stadtdirector? Wart, Bursche, ich will Ihn Mores lehren. Wir haben Hand- und Fußschellen, wir haben Thürme, finstre Thürme voll Ratten. Wart! Er soll fühlen, daß Er in meine Klauen gefallen ist! Er Löwenklau!


Quelle:
Ernst Raupach: Dramatische Werke komischer Gattung. Hamburg 1829, S. 195-197.
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