Achter Auftritt.

[244] Vorige. Baron.


SOPHIE thut als erschräke sie. O Himmel!

BARON. Erschrecken Sie nicht, meine Herren! Ich bin ein verirrter Reisender, der hier einen Wegweiser oder ein Nachtlager sucht.

SOPHIE lachend. Ach, gnädige Frau! der Herr Baron von Riedberg.

BARONIN hinzu tretend. Wahrhaftig. Es freut mich, lieber Baron, daß wir uns wieder treffen.

BARON sehr verlegen. Gnädige – Frau –

BARONIN. Es spricht sich hier unbequem: wollen Sie sich[244] nicht gefälligst herein bemühen? der Eingang ist freilich nicht der schicklichste, doch muß ich bitten. Das Fenster ist groß genug, und wir helfen Ihnen. Sie reicht ihm die Hand, Sophie thut ein Gleiches und der Baron steigt höchst verwirrt zum Fenster herein. Nun, willkommen, lieber Baron! Sophie, einen Sessel! Sophie bringt einen zweiten Schemel. Darf ich bitten!

BARON wie oben. Entschuldigen Sie, gnädige Frau.

BARONIN. Die Möbeln sind hier freilich einfach; doch das ist ländlich und romantisch. Sie scheinen erstaunt; was befremdet Sie?

BARON. Wie? – Sie hier zu finden – im Walde – bei Nacht – in dieser entstellenden Kleidung.

SOPHIE. Da muß ich doch gar sehr bitten, die Mannskleider stehen der gnädigen Frau recht hübsch.

BARONIN. Und Sie sollten doch nicht darüber erstaunen, da Sie Mitarbeiter gewesen sind an dem Lustspiele, das wir aufführen.

BARON. An dem Lustspiele?[245]

BARONIN. Allerdings. Ihr Plan war auch im Ganzen nicht übel, nur im Einzelnen haben Sie manchen Fehlgriff gethan. So mußten weder Sie noch Herr von Horst unter Ihren wahren Namen hier erscheinen, am allerwenigsten sich bei mir zeigen. Freilich Ihren Zweck zu erreichen, durften Sie nie hoffen, denn Sie mußten sich wohl sagen, daß eine Dichterin gar bald so einen Lustspielplan durchschauen würde.

SOPHIE. Ja wohl, eine Dichterin sieht durch ein Brett.

BARON sich der Baronin zu Füßen werfend. O gnädige Frau, können Sie mir vergeben, daß ich an dem thörichten kränkenden Scherze gegen Sie Theil genommen? Lange habe ich mich dagegen gesträubt; aber der Vorschlag Ihres Oheims war dem heißesten Wunsche meines Herzens so günstig, das Ziel, das er mir in der Ferne zeigte, so herrlich – –

BARONIN. Ich bitte, keine sentimentale Scene im Lustspiel. Sie wissen, das Komische schließt das Gefühl aus. Stehen Sie auf.[246]

BARON. Wenn ich auf Ihre Verzeihung hoffen darf?

BARONIN ihm die Hand reichend. Vorläufig die Versicherung, daß ich keinen Groll gegen Sie hege.

BARON aufstehend. O was soll ich – –?

BARONIN. Mich anhören; die Zeit ist kurz. Sie können leicht denken, welche Lust es mir gewährte, die zu mystifiziren, die mich mystifiziren wollten. Sophie kann es bezeugen.

SOPHIE. Ja wohl! Wir haben was Ehrliches mit einander gelacht, und ich mußte mich in die Zunge beißen, wenn Till von dem entsetzlichen Löwenklau sprach.

BARONIN. Diese Lust aber, verbunden mit meiner nur allzu lebhaften Phantasie, hat mich das richtige Maaß der Verstellung überschreiten lassen, und ich sehe mich jetzt außer Stande, meinem Oheim zu beweisen, daß er in die Grube gefallen ist, die er mir bereitet. Sie sollen mir diesen Mißgriff verbessern helfen.[247]

BARON. O sagen Sie, gnädige Frau, wie? Ich bin zu allem bereit.

BARONIN. Trotz Ihrer Theilnahme an der Verschwörung haben Sie mir doch einen großen Beweis Ihrer Freundschaft gegeben, denn Sie wollten mein Vertrauen erzwingen, um mir das Aeußerste zu ersparen. Wollen Sie nun bestätigen, was ich meinem Oheim sagen werde, so reiche ich dem Besiegten freiwillig den Preis, den er, das fühlen Sie wohl, fruchtlos durch einen Sieg zu erringen strebte.

BARON. O Himmel! Verstehe ich das beglückende Wort? Er will abermals niederknien.

BARONIN. Nicht so! lieber Baron. Gewähren Sie meine Bitte?

BARON. Alles – alles – mit Freuden!

BARONIN. So geh, Sophie und bitte die übrige Gesellschaft herein.

SOPHIE geht ab.


Quelle:
Ernst Raupach: Dramatische Werke komischer Gattung. Hamburg 1829, S. 244-248.
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