Scena Prima.

[11] Resatha. Ichaboth.


RESATHA.

Ein guten tag euch Gott woll geben

ICHABOTH.

Und euch viel guter jar daneben /

RESATHA.

Wie sol ich das von euch verstehen

Das yhr so traurig ytzt thut sehen /

Und euren kopff last nieder hangen

Als het euch unglück über gangen?

Ist euch was böses widerfaren

So wolt mir auch das offenbaren /

Odr seind euch sonst so schwere Sachen

Ytzt kumen fur / die euch so machen

Bekümert / und so gar erschlagen

Wolt mir dieselben auch fürtragen

Villeicht ich etwo rhat möcht finden

Und euch des kümmernus entbinden /

ICHABOTH.

Die ding so mich jetzt traurig machen

Seind nicht der gleichen richter sachen /

Wie für uns kumen von der gmeyne

Dann diese sach mich trifft alleine /

Und mich der halb dest mehr thut plagen

Das ich sie niemands wol darff klagen /

Noch mich zu jemands des vorsehen

Das er des orts mir bey werd stehen /

Und helffen mein betrübnus wenden

Das mir ist ytzund under henden /

RESATHA.

Wer weys was euch möcht widerfaren

Wenn yhr mir das thet offenbaren

Ich trag auch selbs inn meinem hertzen

Einn heymlichen verborgnen schmertzen /[11]

Wenn yhr mir nu eur noht thet sagen

Wolt ich auch euch von meiner klagen /

Und eures rahts darüber pflegen

Dann stets ein ander mir kan geben /

Einn bessern raht / und mehr ersehen

Denn ich hett selber möcht verstehen /

Drumb last uns einr dem andern sagen

Was yeder thut im hertzen tragen /

Ists sach / dass dann ist solche note

Die keiner mit seim guten rhate /

Dem andern kan / und weis zu wenden /

So woll wir dann mit gleichen henden

Die bürde unsers leydes tragen

Und mit einander mitleydn haben /

ICHABOTH.

Weil das dann ja ist eur begehren

Euch mein anligen zu verkleren /

Wil ich eurn raht auch nicht aus schlagen

Und euch mein not on scheu auff sagen /

Doch wist zuvor inn solcher massen

Das yhrs bey euch wolt bleyben lassen /

RESATHA.

Yhr dorfft des fals kein sorg nicht tragen

Thut mir eur not nür künlich sagen /

Ja wenn yhr thet im ehebruch ligen

Sols doch bey mir wol bleibn verschwigen /

ICHABOTH.

Habt freundlich danck der lieb und trewe

Wil wider schawn / dass euch nicht rewe /

Wolan ich wils euch offenbaren

Yhr habt on zweyffel wol erfaren /

Nach dem in Jochems haus wir haben

Zu weylen klag und sach vertragen /

Die uns da selbst für bringt die gmeyne

Wie wir habn gsehen offt alleine /

Susann in yhrem schmuck / und zieren

Im garten hin und her spatzieren[12]

Die weil ich nu darauf geachtet

Und yhren zarten leib betrachtet

So hat sie mir mein hertz besessen

Das ich yhr schlechts nicht kan vergessen

Ich sitz / odr steh / ich schlaff / odr wache

Ich eß / odr trink / odr was ich mache

Ich sitz zu gricht / odr geh von dannen

So denck ich an die fraw Susannen

Vor yhrer lieb kein rhue nicht habe

Zu tisch / zu bett / bey nacht / noch tage

All meine synn seind mir verrucket

Und in yhrn zarten leib verzucket

Mein hertz das schmiltzt mir itzt zusammen

Als leg es mitten in der flammen

Von solcher flam / und grosser brunste

Mir steyget under augn die dunste

Das / wenn ich soll die warheit jenen

Ich schir kan weder hörn / noch sehen

Das ists / das mich ßo sehr thut nagen

Davon ich niemands hab dörfft klagen

Die weil yhr aber habt begehret

Das ich euch meine not verkleret

Hab ich sie euch nicht wolln verhalten

Als meinem lieben herrn und alten

So yhr nu durch eur kluge synnen

Mir hulf und rhat kundt gebn hierinnen

Wie ich mit fug nach meinem willen

Der liebe brunst bey yhr möcht stillen

So helffet mir zu diser farte

Die weil ich werd gequelt ßo harte

Dann mir mein brunst nicht wird gestillet

Ich habe dann meinn willn erfullet

Mein will abr der ist / und kein ander

Nur das ich mit Susann selbander

Der liebe spil mit lust soll pflegen

Wo das nicht gschicht / kan ich nicht leben

RESATHA.

Wie wol ich auch in meinem hertzen

Itzunder trag einn grossen schmertzen[13]

Doch ists mir nicht ein kleine freude

Das ich nicht trag allein sölch leide

Dazu meins leids hab sölchen gsellen

Wie ich yhn selbs hett wunschen söllen

Drumb das euch auch nu werde enddekhet

Was heimlichs in meim hertzen stekhet

So wisset das in dem spitale

Auch ich lig krankh / und leid groß quale

Davon yhr mir itz habt geklaget

Das yhr darinn seyt hart geplaget

Dann auch Susann das zarte weibe

Hat mir endzundt mein hertz im leibe

Mit yhrer lieb ßo gar umgeben

Das mich gantz dunkht ich kunn nicht leben

Wo ich sie teglich nicht solt sehen

Und ettwo nahend umb sie gehen

Als offt wir da ein sach solln richten

So thut mein hertz nichts anders tichten

Denn nur wie mir wurd raum gegeben

Mit yhr der liebe spil zu pflegen

ICHABOTH.

Ey lieber herr / was hör ich sagen?

Wo dem ßo wer / wolt ich nicht klagen

Dann ob man gmeinklich wol thut sagen

Wenn an eim beyn zwen hunde nagen

Das sie nicht frid beysamen halten

Besonder druber sich zweyspalten

So hoff ich da doch nicht der massen

Das wir uns werdn zerteylen lassen

Zu voraus / weil in diser sache

Ein yeder ist allein zu schwache

Die auß zu furn nach seim begehren

So hoff ich yhr werd euch nicht bschweren

Mit mir zu gleich zu hebn am wagen

Das wir yhn aus der pfutzen tragen

Und diese sach zum ende furen

RESATHA.

Nicht anders yhr an mir solt spuren[14]

So vil ich kan mit wort und thaten

Zu diser sach uns helffen rhaten

Solt yhr mich unverdrossen finden

Wenn wir nur etwas schaffen kunden

Denn yhr das selber wist und sehet

Wie es umb fraw Susannen stehet

Sie ist ein frum gotfurchtig weibe

Kein unzucht ist in yhrem leibe

Yhrn man sie helt in allen ehren

Thut sich von seiner lieb nicht keren

Auff ehr / und tugnt sie zeucht yhr kinde

Dazu yhr gantzes haus gesynde

Vol erbarkeit seind all yhr sitten

Drumb hab ich sorg / wenn wirs gleich bitten

Unnd yhr anmutten unsern willen

Sie werd uns disen nicht erfullen

ICHABOTH.

Die selbig sorg mich auch anfichtet

Es sey mit gut nichts aussgerichtet

Drumb mussen wir uns unterstehen

Einr andern hinderlist / und sehen

Ob wir durch unser gwalt sie biegen

Und unsern willen möchten kriegen

Wie rhatt yhr aber / wann das were

Zu thun / das unss nicht brecht gefere?

RESATHA.

Da dörfft wir zu wol cluger synnen

Das wir uns sehen fur hierinnen

Dann ßo wir da die schantz versehen

Wurd es mit uns sehr ubel stehen

Vor allem aber wer am besten

Das wir die zeit und stunde westen

Wenn gar alein sie ettwo were

So hett es nicht ßo gross gefere

ICHABOTH.

Da weis ich zwar einn rhat zu geben

Ich hab darauff gemerket eben[15]

Gemeinklich wenn warm scheint die sunne

So gehts inn garten zu dem brunne

Und badet sich alda alleine

Der meid bey yhr sie lesset keine

Drumb acht ich das nicht unbequeme.

Das wir der warmen tag geremen

Und uns zu weil verbergn inn garten

Und heimlich yhrer zukunfft warten

Vileicht uns yrgnt ein mal wirt bscheret

Was unsers hertzens lust begehret

RESATHA.

Eur rhat der gfelt mir aus der massen

Drumb ichs da bey auch bleibn wil lassen

Und soll also darauf beruhen

Wie yhr geredt / ßo wolln wir thuen

ICHABOTH.

Got geb das nur ein warmer tage

Bald kum / sonst ich kein rhue nicht habe

RESATHA.

Das wetter zwar sich fein thut schikhen

ICHABOTH.

Wolt Got das uns solt heut gelükhen

RESATHA.

Wir wolln zu yhr ins haus ytzt gehen

Das wirs doch nur die weil mugn sehen

Ey secht / ich halt yhr herr wöll wandern

O glukh / schikh dich auch mit dem andern /


Quelle:
Paul Rebhun: Ein Geistlich Spiel von der Gotfürchtigen und keuschen Frauen Susannen. Stuttgart 1967, S. 11-16.
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