[57] Susanna. Joachim. Giezi. Helchias. Elisabeth. Rebecca. Abed.
SUSANNA.
O Gott in ewigkeit der du alleine
All heymlich ding erkennst / beyd groß und kleine
Der du zuvor weist alls / ehe dans geschihet
Dein auge auch in das verborgen sihet
Du du erkennst / das dise haben geben
Ein falsch gezeügnus / das sie mich vom leben
Zum tode brengen unverdienter sache
Darumb o mein Gott dich zu mir bald mache
Und richt mein unschuld mit gerechtem grichte
Dann ich des lasters schuldig bin mit nichte
Das sie mit lügen habn auff mich ertichtet
Und drauff zum tod verurteilt / und gerichtet /
Die weil ich dann nu soll auffgebn mein sele
So wil ich dirs in deine hendt bevelen
Dann du o mein Gott wirst mich nicht verlassen
Und diser rach zur zeit dich recht anmassen
JOACHIM.
Ach Gott das unschult bleiben sol verschwigen
Und recht dem gwalt / sol undern füssen ligen
Wie lang wiltu zu disen dingen schweigen
Und deine augn zu uns herab nicht neygen?
Wie kum wir ytzt in sölche schwere schande?
Ach herr erlöß uns durch dein starcke hande
GIEZI.
Fraw / wollt uns das umb Gottes willn vergeben
Das wir ytzt unser hendt an euch werdn legen
Wir wolten uns viel lieber des endhalten
Wo wir nicht müsten ghorsam sein den alten
Drumb wolt euch nu gedültig drein ergeben
Und eure hendt für euch zusamen legen
SUSANNA.
Ach last mir noch ein klein weil frey mein hende[57]
Das ich die meinn müg gsegnen für meim ende
Gesegn euch Gott mein aller liebster herre
Wolt euch meinn todt nicht lassen kümmern sehre
Denn Gott der wirdt den grossen gwalt noch rechen
Mein unschult lassen auch herfür noch brechen
Mein liebe kindlein laß ich euch zur letze
An disen wollt euch eures leids ergetzen
Und sie in Gottes forchten stets erhalten
Auff das sie mügen sein ein freud euch alten
JOACHIM.
Fart hin nach Gottes will / mein liebste frawe
Eur angesicht ich werd nicht mehr anschawen
Eur seel die nehme Gott zu seinen henden
Und wöll das leyd in freude wider wenden.
SUSANNA.
Mein liebsten eldern euch ich auch gesegen
Mein lieber Gott der wöll euch lohn drumb geben
Das yhr auff tügnt / und frumbkeit mich gelehret
Dann yhr mich habt eins grossen trosts gewehret
Das ich in Unschuld sterb / und nicht mit schulde
Drumb wollt auch yhr das leiden mit gedulde
Mein Gott der wird es alls zum besten wenden
Und euch nach mir auch gebn ein seligs ende
HELCHIAS.
Mein liebste tochter weil wir das solln sehen
So kan es uns forthin nicht wol hie gehen
Dann dises leid wird machen / das wir werden
Nicht lang hie mügen bleibn auff diser erden
Drümb / weil es ja nicht anders kan geschehen
So fahr du hin / wir wolln dir bald nachgehen
ELISABETH.
O tochter mein / da ich dich underm hertzen
Getragen hab / fült ich nicht sölchen schmertzen
Als ich ytzunder deinenthalben habe
Drumb werd ich auch nu eilen zu dem grabe
Mein Gott der wöll in jehner welt uns geben
Beysam ein ewig unvergencklich leben[58]
SUSANNA.
Kumpt her yhr lieben kindlein zu meinn henden
Und last mich euch umbfahen fur meim ende
Der liebe Gott der wöll sich eur erbarmen
Und euch nu selber fürn in seinen armen
Die weil es yhm nicht gfelt / das ich fort mehre
Auff erden hie euch leyten sol / und nehren /
Auch dich mein liebe Schwester Gott wol gsegnen
Und dir kein ubel lassen hie begegnen
REBECCA.
Ach schwester mein / das dir sol widerfaren
Ein sölcher todt / dein Gott wol dich bewahren
ABED.
Fraw / zeit ist da / wir sollen euch nu binden
SUSANNA.
Kann ich dann ja nicht lenger gnade finden?
So wil ich mich in eure gwalt ergeben
Und meinem Gott auff opfern hie mein leben
Buchempfehlung
Im Kampf um die Macht in Rom ist jedes Mittel recht: Intrige, Betrug und Inzest. Schließlich läßt Nero seine Mutter Agrippina erschlagen und ihren zuckenden Körper mit Messern durchbohren. Neben Epicharis ist Agrippina das zweite Nero-Drama Daniel Casper von Lohensteins.
142 Seiten, 7.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.
390 Seiten, 19.80 Euro