Scena VIII

[80] Schlampampe, Charlotte, Clarille, Däfftle, Schnürtzchen, Lorentz.


SCHLAMPAMPE. Habe ich's euch nicht gesagt, ihr Rabenäser, daß es hernach so gehen würde?

CLARILLE. Frau Mutter, höre Sie doch nur immer einmal auf, davon zu reden, und die Leute mögen sagen, was sie wollen, ich schere mich nichts drüm.

CHARLOTTE. Wer hat's denn der klatschichten Camille flugs sagen müssen, daß sie es schon in der ganzen Stadt ausgetragen?[80]

SCHLAMPAMPE. Da kannst du nur deinen getreuen Kammerdiener fragen, wer ihr's gesaget hat.

LORENTZ. Wie? Wer? Was soll der Kammerdiener gesagt haben?

SCHLAMPAMPE. Hast du der Camille, meiner Gevatterin, nit gesagt, daß das Rad zerbrochen wäre, und es würde nun nichts draus aus dem Adeln?

LORENTZ. Ich will die Camille zwar nicht schimpfen, allein wenn sie dieses mir nachsaget, so redet sie solches wie eine Staubbesenhure.

CHARLOTTE. Vor den Hausknecht bin ich gut, daß er's nicht gesaget hat. Ich denke aber immer, Frau Mutter, Sie wird's selbsten nicht haben verschweigen können.

SCHLAMPAMPE. So will ich keine ehrliche Frau sein, wenn ich mit einem Worte euch gegen sie erwähnet habe.

CLARILLE. Frau Mutter, Sie schweige nur stille. Wenn man Ihr Maul nicht wüßte, Sie kann fürwahr nicht schweigen, und wenn's Halsabhacken anbetreffe.

SCHNÜRTZCHEN. Was ist's denn nunmehr? Laßt die Leute reden, was sie wollen. Deswegen bleiben sie doch wohl ehrlicher Leute Kinder, die ihr gut Auskommen haben.

LORENTZ. Es ist auch wahr, lasset sie reden, wenn sie nicht wollen die Mäuler halten.

DÄFFTLE. Ihr Mädchen solltet aber der Frau Mutter nicht flugs so unhöflich antworten, und wann sie solches auch gleich zehnmal gesaget hätte.

CLARILLE. Denkt doch! Hast du auch geredet?

DÄFFTLE. Allezeit. Ich gönne euch's gar gerne, ich wollte, daß ihr von den Leuten nur wacker vexieret würdet, damit doch euer verfluchter Hochmut ein bißchen gedämpfet würde.

CLARILLE. Frau Mutter, Sie verbiete Däfftlen sein lose Maul, oder ich werde sonsten was anders tun.

DÄFFTLE. Würde ich mich vor den adligen Fräulein, als wie du bist, nicht fürchten?[81]

SCHLAMPAMPE. Da hörst du es; der kleine Junge ist zehnmal klüger als du.

CLARILLE. Ei, so wollte ich, daß flugs was anders dreinschmisse, wenn ich mich von so einem Jungen noch darzu soll vexieren lassen.

SCHLAMPAMPE. Ei, so laß ihn zufrieden, du Rabenaas du.

CHARLOTTE. Frau Mutter, es sagt ihm aber niemand nichts, so kann er uns ja nur zufrieden lassen.

SCHLAMPAMPE. So wahr ich eine ehrliche Frau bin, ihr habt mich mit eurem Schreien ganz sterbenskrank gemacht.

DÄFFTLE. Frau Mutter, komme Sie nur herein und lege sich ins Bette, ehe Sie kränker wird, Sie sieht indem ganz blaß aus. Ich will mich zu Ihr legen.

CLARILLE. Wer macht denn eben das Wesen und solch Spiel? Hielte Sie Ihr Maul und ließe dem Jungen seines auch halten, so würden wir uns manchmal nicht so mit Ihr zanken müssen.

SCHLAMPAMPE. Nun, nun, gib dich nur zufrieden, du kannst mich bald loswerden.

SCHNÜRTZCHEN. Ist Ihr nicht wohl, Frau Schlampampe?

SCHLAMPAMPE. Ich weiß fast selbst nicht, wie mir wird; es ist nicht ein Haar anders, als wenn ich mit zwei Köpfen ginge.

SCHNÜRTZCHEN. Lege Sie sich nur ins Bette, vielleicht wird Ihr besser.

SCHLAMPAMPE. Komm herein, zieh mich aus, ich kann in Wahrheit nicht länger mehr offen dauren. Gehet mit Däfftle und Schnürtzchen ab.

CHARLOTTE. Ob's denn ihr rechter Ernst ist, daß ihr nicht wohl ist, oder ob sie sich nur so stellet?

CLARILLE. Wer weiß, was ihr ist, sie hat etwan, weil wir sind außen gewesen, mit dem Jungen ein bißchen zu viel getrunken, denn das Aas war ja blind voll.

LORENTZ. Sonst hat sie immer so hübsche rote Farbe gehabt, jetzund aber sähe sie wie ein getemperiertes Apfelmus aus, daß ich mich selbst drüber verwundert habe.[82]

CHARLOTTE. Wir wollen doch hinein gehn und sehen, was ihr fehlet, damit wir, wenn es Not hätte, den Hausknecht flugs zum Doktor schicken können.

CLARILLE. Verlaufe dich nicht weit, Lorentz, damit wir dich im Fall der Not flugs an der Hand haben. Gehen ab.

LORENTZ. Ich werde nicht weit gehen. Je, ist das nicht eine Plappertasche, die Camille! Bedenke es nur ein Mensche, dahin zu gehen und meiner Frau flugs brühsiedenheiß solches wieder zu sagen. Treffe ich sie nur an, ich will ihr den Text lesen! Zu ihr was im Vertrauen gesagt und nimmermehr nicht mehr. Ja, wenn sie auch gleich schwüre, daß sie kohlrabenschwarz würde, so soll sie zeitlebens von mir wohl nichts wieder erfahren, was in unserm Hause passieren wird. Ich dachte immer, das Bad würde auf mich hinauslaufen, da meine Frau den vertrauten Kammerdiener erwähnete. Alleine, weil es noch so bei einem blauen Auge wegging, mag's noch gut sein. Ich muß doch wohl hinein gehn und sehen, was die ehrliche Frau Schlampampe macht. Ich will ja nicht hoffen, daß sie sich mit Däfftle wird gar zu Bette geleget haben; denn wenn sie krank ist, wird der Junge unfehlbar auch krank sein, und wenn ihm was fehlet, ist's der Frau hinten und vorne auch nicht recht. Ich wollte gerne sehn, wie der Junge seiner beginnen würde, wenn ihm die Mutter sterben sollte. Gehet ab.

Quelle:
Christian Reuter: Werke in einem Band. Weimar 1962, S. 80-83.
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