Scena VII

[77] Cleander zu den Vorigen.


CLEANDER. Serviteur, Messieurs, Serviteur.

FIDELE. Je Vôtre tres humbl. Willkommen, Herr Sekretär.

EDWARD. Sie sein Willkomm, Monsieur, ich gratuliere mir, daß ich das Glück habe, dieselbe vor dieses Mal unbekannterweise auf der Gasse zu sprechen.

CLEANDER. Monsieur, das Glück wird auf meiner Seiten sein, Sie hier aufzuwarten.

EDWARD. Sie sagen von keiner Aufwartung nicht, sondern Ihr Befehl wird mein Wille sein.

FIDELE. Ihr Herrn, komplimentieret ein andermal und lasset uns itzund von neuen Zeitungen reden.

CLEANDER. Was zum Henker haben Sie denn mit Ihrem Haus-Frauenzimmer vorgehabt? Die Herrn sein wohl lose Gäste?

FIDELE. Der Herr Secretarius zupfe sich selbst bei seiner Nase.

CLEANDER. Ich habe mich bald närrisch gelacht, als ich den Brief gelesen habe. Was macht denn der Baron von Hüpelshausen? Ich will's ja nimmermehr hoffen, daß alles wahr ist, was er mir geschrieben hat.

EDWARD. Monsieur hier hat mir den Brief selbst vorgelesen, den er an Sie geschrieben gehabt. Ich muß selbst attestieren,[77] daß nicht ein Wort drinne gesetzt ist, welches mit der Wahrheit nicht übereinstimmte.

CLEANDER. Das von der Schminke auch?

EDWARD. Alles.

CLEANDER. Ei, ihr Herrn, so müssen Sie mir beistehen, wenn der närrische Kerl, wie spricht er: der Tebel hol mer? etwan mir in die Haare wollte.

FIDELE. Der Sorge kann der Herr Secretarius vor diesmal überhoben sein.

CLEANDER. Wieso?

FIDELE. Er ist wieder in die Fremde gewandert.

CLEANDER. Was ist es denn vor ein Kerl? Wenn ich ihn doch nur hätte sehen sollen.

EDWARD. Wer ihn ansahe, der mußte gleich vor ihm erschrecken, so tyrannisch sahe er aus. Allein er liebte doch lieber die Tobakspfeife und einen guten Trunk Klebebier, als daß er hätte sollen Händel anfangen.

CLEANDER. Wo ist er aber wieder zu?

FIDELE. Er will Frankreich besehen.

CLEANDER. So muß er doch brav Geld zu reisen haben.

EDWARD. Es wird, halte ich davor, nun meistenteils alle sein.

CLEANDER. Nun, ich habe mich bald töricht gelacht über die Possen; ich dächte aber, sie würden ja gesehen haben, was Hüpeljungen oder was Baronen und Edelleute wären.

EDWARD. Nein, sie haben's nicht eher gemerkt, bis wir den Hüpeljungen die Kleider wieder ausgezogen haben.

CLEANDER. Was sprechen sie aber nun?

EDWARD. Wir wohnen nicht mehr da; allein, wie Monsieur Fidelen von einem guten Freunde ist erzählet worden, so will die Alte auf Revanche bedacht sein.

FIDELE. Die Frau Schlampampe hat an einem Orte gesagt, sie wollte mir und meinem Edwarden einen Injurienprozeß an den Hals werfen, und wenn es auch erstlich in dreißig Jahren geschehen sollte.

CLEANDER. O denn! Ist sie doch bald wie bei uns eine[78] Jungfer. Mit derselben hatte sich ein Kerl halb und halb verlobet, wie er aber siehet, daß das Mensch eine Närrin ist, läßt er sie sitzen und heuratet eine andere. Die hatte nun auch gemeint, sie wollte ihm einen Einspruch tun und wann's auch gleich erstlich in zwölf Jahren geschehen sollte.

EDWARD. Ich will's nimmermehr hoffen.

CLEANDER. Der Herr glaube nur, es ist gewiß geschehen. Allein was passieret denn nun jetzo im Güldenen Maulaffen?

FIDELE. Jetzt gibt es bald noch närrischere Händel als mit den Hüpeljungen.

CLEANDER. Sein denn die Leute ganz albern in Köpfen? Was ist denn nun wieder Neues?

FIDELE. Der Herr Cleander denke nur, es ist schon vor einem halben Jahre die Rede gegangen, sie wollten sich adeln lassen, und die Mutter hätte ihnen einen Rittersitz in den Hof gebaut.

CLEANDER. Ei, ich dachte!

EDWARD. Monsieur gläube nur, daß es wahr ist.

FIDELE. Wir haben solches selbst immer vor Possen gehalten, allein vor kam der Schlampampe Gevatterin zu mir und fragte, ob ich nichts Neues wüßte. Das Frauenzimmer im Güldenen Maulaffen hätte heute früh an den Ort reisen wollen, wo man die Leute adelt; sie hätten aber unterwegens die Karosse zerbrochen und wären zu Fuße ganz lahm wieder zu Hause gekommen.

CLEANDER. Könnte man's auch wohl törichter und närrischer sich einbilden! Wer ist aber die Camille?

FIDELE. Es ist der Schlampampe ihre Gevatterin.

CLEANDER. Es muß auch denn die rechte sein.

EDWARD. Ja, wer nur eine Linke darzu hätte!

CLEANDER. Von wen hat sie es aber flugs erfahren?

FIDELE. Der Hausknecht hatte ihr solches alles erzählet.

CLEANDER. Was hat denn die Schlampampe vor einen Hausknecht?

EDWARD. Er heißt Lorentz, es ist ein grundloser Schelm.[79] Was im Hause passieret, das trägt er unter die Leute; da kriegt er denn manchmal ein Trinkgeld.

CLEANDER. Was meinen die Herrn, ob ich wohl hingehe und dem Frauenzimmer im Güldenen Maulaffen eine Visite gebe?

EDWARD. Das stelle ich meinesorts Monsieur frei, allein ob er allda willkommen sein wird, kann ich nicht wissen; ja wenn die Schminke nicht täte.

CLEANDER. Ja potztausend, jetzt denke ich allererst wieder an die Schminke. Nein, ich gehe nicht hin. Lassen Sie uns lieber sehen, wo ein Weinkeller ist und ein Glas Wein dafür trinken.

EDWARD. Beliebet Monsieur mit auf meine geringe Stube zu sprechen und sich eine schlechte Ehre erweisen zu lassen, werde ich mich glücklich schätzen.

CLEANDER. Ich sage Dank, Monsieur. Ich will Sie keine Ungelegenheit verursachen; belieben Sie aber sonst mit in einen Weinkeller zu gehen, da wollen wir einander noch allerhand Historien erzählen.

EDWARD. Ich werde mich davon nicht ausschließen.

FIDELE. Die Herrn folgen mir; ich weiß, wo guter Wein ist. Gehen ab.


Quelle:
Christian Reuter: Werke in einem Band. Weimar 1962, S. 77-80.
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