Scena XVI

[100] Lorentz zu den Vorigen, in einem langen Flor auf dem Hute.


LORENTZ. Nun wird es gar nicht an ein Trauren gehen.

CLEANDER. Das ist er ja!

CAMILLE. Ja, das ist der närrische Dieb.

LORENTZ. Aus dem Wege, daß die Leute sehen, daß ich einen Flor auf dem Hute habe und meine Frau betraure.

CAMILLE. Hört doch, Lorentz!

LORENTZ. Was gibt's?

CAMILLE. Der fremde Herr da wollte Euch gerne sprechen.

LORENTZ. Ich habe itzund nicht Zeit, ich muß trauren. Gehet immer auf und nieder.

CLEANDER. Hört, Freund, ich wollte nur dieses fragen, ob eine Abdankungsrede bei Eurer verstorbenen Frau Begräbnüs auf den Abend auch gehalten würde.

LORENTZ. Was ist das vor ein Ding?

CLEANDER. Das ist so eine Rede, die eine wohlberedte Person in einem langen Trauermantel verrichten muß.

LORENTZ. Wie muß er aber sprechen?

CLEANDER. Er redet die sämtliche Leichbegleiter an, bedankt sich im Namen der gegenwärtigen Leidtragenden und macht von ihrem Leben und Tode eine kleine Lobrede.

EDWARD. Haben sie noch niemand, der es verrichten soll?

LORENTZ. Ich weiß darzu noch keinen; allein, könnte ich's nicht wohl verrichten?

CLEANDER. Warum nicht? Ihr solltet Euch vortrefflich darzu schicken.

LORENTZ. Wißt Ihr was? Ich will mir unsern Präzeptor so ein Ding lassen aufsetzen und flugs auswendig lernen, so denken die Leute, ich schwatze solch Zeug alles aus dem Kopfe daher.

FIDELE. Es ist wahr, so gehet es gut an.

LORENTZ. Ich will flugs laufen und sehen, wo ich einen Trauermantel geborget kriege. Läuft ab.[101]

CLEANDER. Nun, ich lache mich doch närrisch, wenn sich der Kerl solch Ding unterstehet.

FIDELE. Ich bin gut dafür, er tut's.

CAMILLE. Wenn er's nur nicht der Jungemagd sagt, die ratet ihm von solchem Vornehmen ab.

EDWARD. Wir werden ja sehen, wie es ablaufen wird. Es wird etwas dunkel.

CAMILLE. Ja, ich muß wohl gehen, es wird schon alle finster, daß ich meine Sachen zu Hause zurechte mache, denn ich muß auch hinausgehen und ihr Begräbnüs sehen. Sie leben wohl, die Herrn. Geht ab.

FIDELE. Sie im gleichen, Frau Camille, ich danke indessen vor gute Nachricht.

CLEANDER. Ja, ihr Herren, wie wollen wir's halten? Speisen wir erstlich ein wenig oder wollen wir ein bißchen in der Stadt herumgehen, bis es wird Zeit sein, hinauszugehen?

FIDELE. Wir wollen in einen Weinkeller gehen und uns die Zeit unterdessen mit einem Glase Wein vertreiben, bis es vollends Nacht wird.

CLEANDER. Ich bin's auch zufrieden. Gehn ab.


Quelle:
Christian Reuter: Werke in einem Band. Weimar 1962, S. 100-102.
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