Scena VII

[25] Clarille zu den Vorigen.


CLARILLE. Ihr Leute, was habt ihr denn da Guts? Trinkt's einen doch auch zu?

SCHLAMPAMPE. Ich dächte, es wäre was Guts.

CLARILLE. Wo habt ihr denn den Wein bekommen?

CHARLOTTE. Es hat mir ihn ein galant Büfchen geschickt.

CLARILLE. Wer ist es denn?

SCHLAMPAMPE. Ich dächte, er würde Charlotten eine Visite geben.

CLARILLE. Ihr könnet mir's ja sagen, wer er ist.

CHARLOTTE. Soll ich dir's sagen und kenne ihn selber nicht?

CLARILLE. Je, wenn er Wein hergeschickt hat, so wirst du ja wissen, wer es ist.

CHARLOTTE. Ich weiß bei meiner Seelen nicht, wer es ist; es kam ein Weinschenkenjunge her, der brachte mir die Flasche Wein und sagte, es ließe sich ein unbekannter Freund mich schönstens befehlen, und wenn mir's gelegen wäre, so wollte er mir eine Visite geben.

CLARILLE. Ich werde das galante Büfchen auch noch zu sehen bekommen, wer weiß, was es vor ein Hungerleider ist, der auf der Gasse die Brotkrümelchen aus dem Schubesacke sucht und den Hunger damit stillt.

CHARLOTTE. Frau Mutter, Sie denke doch nur, was Clärchen vor ein lose Maul hat.[25]

SCHLAMPAMPE. Es verdrüßt sie, daß du Wein hast geschickt bekommen und sie keinen.

CLARILLE. Ob ich einmal Wein trinke oder nicht, ich achte ihn auch eben so groß nicht.

SCHLAMPAMPE. Ich dächte, du tätest mir doch einmal Bescheid, wenn ich dir's zubrächte.

CLARILLE. Warum sollte ich das nicht tun?

SCHLAMPAMPE. Da trink doch nur einmal.

CLARILLE trinkt. Prosit, Charlotte.

CHARLOTTE. Du, sauf ihn auch nicht alle aus. Ich muß auch noch einmal trinken.

SCHLAMPAMPE. Mädchen, reut dich der Henker! Reißet Clarillen die Flasche vom Maule.

CLARILLE. Frau Mutter, Sie gönnet einen auch keinen guten Trunk.

SCHLAMPAMPE. O du Hund söffst wohl einen Zober voll aus.


Quelle:
Christian Reuter: Werke in einem Band. Weimar 1962, S. 25-26.
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