Scena VI

[23] Schlampampe, Charlotte und Servillo.


SCHLAMPAMPE. Wer schickt Euch her, Junggeselle?

SERVILLO. Da soll ich was an Ihre Jungfer Tochter ausrichten.[23]

CHARLOTTE. Was wollt Ihr denn bei mir?

SERVILLO. Es ist ein fremder Herr in unsern Weinkeller, der läßt sich der Jungfer ganz schön befehlen und schickt ihr als ein Unbekannter diese Flasche Wein.

CHARLOTTE. Wer ist er denn?

SERVILLO. Ich kenne ihn nicht, er sagte auch, ich sollte darbei vernehmen, wenn's Ihr gelegen wäre, er wollte Ihr auf ein paar Wort aufwarten, denn er hätte, deucht mich, einen Gruß von einem Doktor aus Schlesine an sie.

SCHLAMPAMPE. Ich denke, Charlotte, dein Doktor kömmt wohl gar wieder.

CHARLOTTE. Hört, Junggeselle, sprecht zu den Herrn: Ich ließe mich vor die überschickte Flasche Wein schönstens bedanken, und wenn er mir die Ehre gönnen wollte und ein wenig bei mir einsprechen, sollte mir's von Herzen lieb sein.

SCHLAMPAMPE. Die Flasche will ich Euch durch meine Köchin schon wieder zustellen.

SERVILLO. Es hat nichts zu sagen. Sie leben unterdessen wohl.

CHARLOTTE. Richtet es auch fein aus, was ich Euch gesagt.

SERVILLO. Sie tragen deswegen keine Sorge, ich will es schon machen. Gehet ab.

CHARLOTTE. Frau Mutter, ich will den Wein kosten, wie er schmeckt.

SCHLAMPAMPE. Gib her die Flasche, ich will dir's zutrinken.

CHARLOTTE. Da trinke Sie, Frau Mutter, alleine Sie muß ihn auch nicht alle auf einmal austrinken.

SCHLAMPAMPE. Du bist doch ein Kind, wo wollte ich denn auf einmal den Wein hinsaufen. Ich bringe dir's, Charlottchen. Setzet an und trinkt.

CHARLOTTE. Wohl bekomme es Ihr, Frau Mutter.

SCHLAMPAMPE. Nun, das ist auch ein Weinichen, ich dächte, man könnte ihn nicht besser in der Stadt antreffen. Nun habe ich mich auch ganz daran gelabet.[24]

CHARLOTTE. Ich muß ihn doch nun auch versuchen, wie er schmeckt. Charlotte trinkt.

SCHLAMPAMPE. Trink nicht zu viel, Mädchen; höre auf, du Rabenaas.

CHARLOTTE. Frau Mutter, das ist ein delikater Wein.

SCHLAMPAMPE. Gib her, ich muß noch einmal trinken. Trinkt wieder.


Quelle:
Christian Reuter: Werke in einem Band. Weimar 1962, S. 23-25.
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