60. De russ'schen Rubeln

[175] De Fuhrmann Matz, de was mal einen Juden

Fiw Daler sößteihn Gröschen schüllig

Un was ok tau betahlen willig;

Doch ob em dat tau lang würd duren

Un ob hei glöwt, dat hei nicks kreg,

De Jud, de lep nah't Rathus rup,

Wo hei denn sine Klag vördrög,

Un Matz, de süll betahlen nu de ganze Supp

Mit Hütt un Mütt un all de Kosten.

Dat was denn nu en schönen Posten,

Un argern ded't em ganz gefährlich;

Denn dat süll gliksten afmakt sin.

Geld tau verdeinen was beswerlich,

Un in sin Taschen was nicks in.

Dat was dunnmals de slimme Tid,

As Krig was üm uns sid un wid

Un as as Frün'n de Russen kemen

Un allens, wat wi hadden, nemen[175]

Un rottenkal un arm uns freten

Un stats Betahlung Lüs' uns leten.

As Matz nu von dat Rathus güng tau Hus,

Dunn knep un bet em ok 'ne Lus;

Em jäkt dat Fell, hei kratzt un seggt:

»Täuw, du oll Sliker, Moses Schmuhl,

Ick strak di doch noch äwer't Mul.«

Un as hei dor noch äwer grüweln deiht, dunn dröppt

Sick dat, dat buten einer fröggt:

»Kamrad, is dies die Fuhrmann Matzen Haus?«

»Ja«, seggt de anner, un de irst, de röppt:

»Du, Fuhrmann Matz, steck Fenster Kopp heraus!«

Un Matz, de kikt denn dörch de Ruten

Un süht en Russen stahn dor buten,

So'n rechten ollen Unteroffezierer

Mit Degen, Kantschu un so wider,

Un de steiht dor un röppt em tau:

»Du, Fuhrmann Matz, paß, was ich sag, genau:

Punkt morgen früh, Punkt Klock Schlag acht Uhr,

Führst Pferd mit zwei auf Markt du vur

Die Leuchtmont, Geldgebel un Kaptain

Un fährst in Nowo-Strelitz rein,

Sie blank dir fünfe Rubel biet.

Un wenn ich sag', was nich geschieht ...«

Hir langt hei nah den Kantschu mit de Hand,

»Rosomi? Sag', hast mein verstand?«

Wat sull hei dauhn? – Den annern Morgen früh

Is Matz all up den Mark, un de oll Rosomi,

De stiggt nu up den Wagen rupper

Un giwwt em af un an en Swupper,

Bald hir, bald dor, wo sick dat eben trefft;

Un Matz, de denkt: Na, dit's en schön Geschäft!


As Leutnant un Kaptain nu kamen

Un de Gesellschaft is tausamen,

Dunn geiht de Fohrt ok lustig af.[176]

Matz führt tauirst en slanken Draww,

Doch wil de Weg tau dreckig wir,

Dunn jammern em tauletzt de Pird,

Un hei fängt an, en eben Schritt tau führen.

Dorvon wull nu de Russ' nicks hüren

Un seggt tau em: »Du, Fuhrmann Matz, pascholl!«

»Ja«, seggt uns' Matz, »dat seggst du woll!

Is dat en Weg, entfahmte Ekel,

Dat ick vir so 'ne lange Rekel

Hir in en slanken Draww kann führen?«

Ok hirvon wull de Russ' nicks hüren,

Ret Pitsch un Lin em ut de Hand

Un bädelt los för't Vaterland,

Un blindlings slog hei mang de Mähren,

Un wenn uns' Matz em dat wull wehren,

Dat hei nich ümmer jog en Draww,

Denn kreg hei stets de Hälften af.


As Rosomi em düchtig strigelt

Un em binah halw dod hadd prügelt,

So mör, as einer warden künn,

Dunn kemen sei tau Strelitz an.

As Matz nu sine Rubeln hewwen wull,

Slog em de Russ' den Puckel vull.

»Da, Rubel«, säd oll Rosomi,

»Da, Rubel, du! Das gut vor di!«

Na, wo't so'n Rubel gewen deiht,

De, stats tau klingen, eklig knallen,

Dor künn dat Matzen nich gefallen;

De Rubeln smeckten doch tau säut.

Hei makt, dat hei ut Strelitz kamm,

Un führt ganz sacht nah Bramborg t'rügg.


Oll Schmuhl stunn vör dat Stargardsch Dur

An dat Gelänner von de Brügg

Un lurte up den Luggedur,[177]

Wil hei von den Verdeinst hadd hürt.

As Matz em dor süht up de Lur,

Seggt hei tau sick: »Täuw! Du wardst angeführt!«

De Jud, de kümmt un mahnt em wedder.

Matz stiggt von sinen Wagen nedder.

»Du hest mi«, seggt hei, »in en schönen Trubel

Dörch din verdammtig Klagen bröcht.

Wenn ick den Luggedur in russ'sche Rubel

Di nu betahl, is di dat recht?

Ick heww sei eben von de Russen kregen,

Un twors so vel, dat ick sei knapp kann drägen.«

»Ja woll«, seggt Schmuhl, »gib her das Geld.«

»Dat dacht ick mi. Süh! Dat geföllt

Di woll?« säd Matz un grep

Nah'n Wagen rupper nah sin Swep

Un tellte em, as müßt't so sin,

In sine Jack en Dutzend rin.

»Heww'ck ok kein Luggedur nich, Jud,

Tahl ick di russ'sche Rubel ut;

Du seggst jo, 't is di einerlei.

De sülw'gen Rubel gew ick di,

De mi betahlt oll Rosomi,

Un wenn s' nich klingen, klappen sei.«

Quelle:
Fritz Reuter: Gesammelte Werke und Briefe, Band 2, Rostock 1967, S. 175-178.
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