13. De beiden Baden

[237] As de Franzosen bi uns wiren,

Dunn müßt't in Tet'row mal passieren,

Dat de wohllöblich Magistrat

En Breif wull schicken nah Malchin

An Hofrat Lüdersen; un Bad'

Ded in gewöhnlichen Fällen[237]

Oll Schauster Jehann Haken sin.

De Kniper sall den Schauster nu bestellen.

»Je«, seggt de Fru, »hei is nich in,

Ward woll en beten nahwern sin,

Doch kümmt hei säker mitdewil.«

»Je«, seggt de Kniper, »dit hett Il,

Hei möt sick spauden un sall denn

Glik nah Malchin nah Hofrat Lüdersen«,

Un geiht un ward en annern halen.


Oll Haken kümmt tau Hus; sin Fru, de seggt:

»Nu mak di fix man up de Salen,

De Kniper, de was eben hir,

Sallst nah Malchin, nah Hofrat Lüdersen.«

»Na, hett hei keinen Breif nich bröcht?«

»Ne, keinen Breif un kein Poppier;

Hei säd man blot, du süllst dor hen.«

»Ha, ha!« seggt hei, »ick weit Bescheid;

Dit's wedder so'ne Heimlichkeit.

De Magistrat, de trut sick nich

Ut Furcht vör dat Franzosentüg,

Wat Schriftlichs von sick mi tau gewen.«

Un nimmt den Haut un Stock un geiht.


Oll Hofrat Lüders, de sitt eben

Mit drei französche Offezier

Un ett, dunn kümmt oll Haken rin.

»Gu'n Dag ok, Herr! – Ick bün nu hir.«

»Na«, seggt de Hofrat, »dat's mi leiw,

Denn gewen S' mi man Ehren Breif.«

»Je«, seggt de Oll un kikt verlegen,

»En Schriwen, Herr, heww ick nich kregen.«

Oll Hofrat Lüders was en pfiff'gen Racker.

Entweder, denkt hei, hett de olle Stacker

Den Breif verluren oder süs

Giwwt hei mi blot dat Schriwen nich,[238]

Wil des' Gesellschaft bi mi is.

Na, hei parliert denn nu, entschuldigt sich

Un geiht mit unsern Haken weg;

Un as sei nu alleine sünd,

Seggt hei: »Wo is de Breif, oll Fründ?

Un wat du seggen sallst, dat segg;

Hir sünd w' allein, hir hürt uns kein Franzos'.«

»En Breif, Herr Hofrat, heww ick nich.«

»Ih«, seggt de Hofrat, »dat is doch kurjos,

Na, denn segg mündlich, wat du sallst.«

»Ok Mündlichs weit ick nicks, de Sak hadd Hast;

De Kniper säd, ick süll hir räwer gahn,

Un dat, Herr Hofrat, heww ick dahn.«

De Hofrat schüddt den Kopp un wunnert sich.

»Doch holt mal«, seggt hei, »ick heww grad

En Breif an dinen Magistrat,

Den nimm em mit. – Verlir ok nich!«


Oll Haken geiht nah Tet'row t'rügg;

Doch knapp is hei herute ut de Stadt,

Dunn kümmt sin Vadder Kräuger an,

Sihr ilig, as hei seihen kann.

»Wo willst du hen?« – »Ick? Nah Malchin.

Uns' Kniper ded hüt bi mi sin,

Ick süll en Breif nah Lüdersen hendrägen.«

»Ih, dat lat nu man unnerwegen,

Dor brukst nich hen«, seggt Schauster Haken,

»Dat hest du nu nich nödig mihr,

Ick heww all eben mit em spraken«,

Un halt den Breif herut, »sin Antwurt is all hir!«

Quelle:
Fritz Reuter: Gesammelte Werke und Briefe, Band 2, Rostock 1967, S. 237-239.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Grabbe, Christian Dietrich

Napoleon oder Die hundert Tage. Ein Drama in fünf Aufzügen

Napoleon oder Die hundert Tage. Ein Drama in fünf Aufzügen

In die Zeit zwischen dem ersten März 1815, als Napoleon aus Elba zurückkehrt, und der Schlacht bei Waterloo am 18. Juni desselben Jahres konzentriert Grabbe das komplexe Wechselspiel zwischen Umbruch und Wiederherstellung, zwischen historischen Bedingungen und Konsequenzen. »Mit Napoleons Ende ward es mit der Welt, als wäre sie ein ausgelesenes Buch.« C.D.G.

138 Seiten, 7.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Spätromantik

Große Erzählungen der Spätromantik

Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.

430 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon