Ballade

[276] Tief im Innersten von Sachsen

Überfielen eines Abends zwei

Halbwüchsige Knorpel von Schweinshaxen

Eine Bulldogge aus der Walachei.


Sie umzingelten den alten Hund.

Hinterlistig wollten sie das matte

Tier, das keine Zähne mehr im Mund

Und auch keine Haare darauf hatte,


An den Augen treffen, hinterher

Ihm die Zunge schlitzen und durch Zwicken

Seinen Gaumen reizen und noch mehr,

Um zuletzt ihn plötzlich zu ersticken.
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Wollten so. Jedoch es kam nicht so.

Denn die Dogge, ohne sich zu wehren,

Zog den Schwanz ein, heulte laut und floh

Und begann sofort sich zu vermehren.


Und die neuen jungen Hunde knurrten

Schon am selben Tag, als man sie warf,

Hatten spitze Zähne, und sie wurden

Ganz speziell auf Haxenknochen scharf.


Und die Enkelhunde bissen später

Jede Haxe ohne Unterschied.

Und so rächt die Sünde sich der Väter

Bis ins tausendste und letzte Glied.

Quelle:
Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk in sieben Bänden. Band 1: Gedichte, Zürich 1994, S. 276-277.
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