Das Kartenspiel

[311] Vier Männer zogen sich zurück,

Schlossen sich ein, und drei

Von ihnen versuchten ihr Glück,

Spielten Karten.

Draußen im Garten

Blühte der Mai.[311]

Im schwülen Zimmer saßen die

Männer bei ihren Karten.

Ihre Weiber ließen sie

Draußen weinen und warten.


Und spielten Spiel um Spiel zu dritt,

Und jeder schwitzte.

Der vierte Mann sah zu, kibit –

Kibitzte.


Geld hin – Geld her – Geld her – Geld hin –

Verlust – Gewinn –

Nach Kartengemisch.

Es wurde gebucht,

Gereizt und geflucht.

Man schlug auf den Tisch.

Man witzelte seicht.

Hätte Pikdame statt Karozehn

Den Buben genommen,

Dann wäre vielleicht

Alles anders gekommen.


Und noch einmal und noch und noch,

Verbissen und besessen. –

Ein Lüftchen kam durchs Schlüsselloch,

Roch nach verbranntem Essen.


Der König fiel.

Das letzte Spiel,

Das allerletzte Spiel begann.

Und wieder stach die Karozehn.

Der vierte Mann,

Der nichts getan als zugesehn,

Gewann.


Vier gähnende Männer gingen

Hinaus ins Morgengraun.

Draußen hingen

Am Gartenzaun

Vier vertrocknete Fraun.

Quelle:
Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk in sieben Bänden. Band 1: Gedichte, Zürich 1994, S. 311-312.
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