Die zwei Polis

[298] Ich drehe aus der Tik

Niemandem einen Strick.

Denn wir wollen frei

Sein in der Republik.


Und wie der Tik so auch der Zei

Geh ich am liebsten weit vorbei.

Ich habe sie beide dick.


So werfe auch kein andrer solchen Strick

Mit der Tik mir ums Genick.

Denn ich will von der Tik nichts verstehn.

Und die Zei und alle Zein

Können mich – o nein! o nein! –

Können mir auch aus dem Wege gehn.


Bei der Tik verlangt man Krummheit

Im gegebenen Moment.

Und die Zei wünscht füge Dummheit,

Weil sie keinen Shakespeare kennt.
[298]

Und die Zei will meinen Willen.

Meine Meinung will die Tik.

Beide wünschen sie im stillen

Hypothek auf jedermanns Geschick.


Es muß doch Leute geben,

Die ehrlich sein wolln,

Und weil sie nur ihr Ausmaß leben,

Darum auch freier sein solln.


Darum übe die Zei nicht an mir Kritik,

Und die Tik möge mir es verzeihn,

Wenn ich nochmals gestehe, daß ich jeden Augenblick

Möglichst fern von beiden möchte sein.

Quelle:
Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk in sieben Bänden. Band 1: Gedichte, Zürich 1994, S. 298-299.
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